Politik

Assads diplomatischer Erfolg zeigt die Schwäche des Westens

Lesezeit: 3 min
13.05.2023 15:26  Aktualisiert: 13.05.2023 15:26
Die Rückkehr von Syrien in die Arabische Liga zeigt die Schwäche des Westens, für den es immer schwerer wird, seine Sanktionen noch gesichtswahrend aufzuheben.
Assads diplomatischer Erfolg zeigt die Schwäche des Westens
Bashar al-Assad, Präsident von Syrien, hat die Sanktionen des Westens durchgestanden. (Foto: dpa)
Foto: -

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Wiederaufnahme seines Landes in die Arabische Liga ist ein massiver diplomatischer Erfolg für den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Im Zuge des Bürgerkrieges in Syrien war die Mitgliedschaft des Landes im Jahr 2011 suspendiert worden. Erst am 7. Mai dieses Jahres einigten sich in Kairo 13 der 22 Außenminister der Liga darauf, die Suspendierung aufzuheben und Syrien umgehend wieder aufzunehmen. Am 19. Mai wird das Land bereits wieder auf dem jährlichen Gipfeltreffen der Liga der Arabischen Staaten in Saudi-Arabien vertreten sein.

Nachdem Assad den langen und blutigen Bürgerkrieg in seinem Land auch mit russischer und iranischer Hilfe gewonnen hat, stellen nun seine Nachbarn die Beziehungen zu ihm wieder her - nachdem sie im Bürgerkrieg sogar seine Feinde finanziert hatten. Ein Teil des Umschwungs liegt sicherlich in unmittelbarem Pragmatismus. So sind Syriens Nachbarn etwa sehr daran interessiert, dass die Millionen von syrischen Flüchtlingen nach Hause zurückkehren, deren Zahl nach dem Erdbeben im Februar weiter angestiegen ist.

Doch vor allem ist die Rehabilitierung Assads Teil der allgemeinen Entspannung zwischen den arabischen Staaten, die aktiv von China vorangetrieben wird. Der starke Einfluss der Chinesen ergibt sich vor allem daraus, dass Peking mit allen bislang verfeindeten Seiten gute Beziehungen aufgebaut hat und diese in den vergangenen Jahren deutlich verstärkte. Die allgemeine Annäherung in der Region bedeutet nun eben auch, dass Syrien nicht länger einen Brennpunkt im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran darstellt.

Die Bundesregierung sieht die Entscheidung der Arabischen Liga kritisch, Syrien wieder aufzunehmen. Deutschland plädiere dafür, dass die arabischen Staaten eine Aufnahme von "substanziellen Zugeständnisses" Assads abhängig machen, sagte am Montag ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die Realität in Syrien sei aber eine ganz andere, es gebe täglich schwere Menschenrechtsverletzungen. Deshalb gebe es auch keine Voraussetzungen dafür, Hilfe beim Wiederaufbau zu leisten oder die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben. Es gebe auch keine Voraussetzung dafür, geflüchtete Menschen nach Syrien zurückzuschicken.

Westen kann im besten Fall gesichtswahrend zurückrudern

Der politische Erfolg Assads ist in jedem Falle ein massiver politischer Misserfolg für den Westen, der den syrischen Machthaber isolieren wollte. Die abschreckende Wirkung westlicher Sanktionen wird dadurch weiter untergraben, nachdem bereits Russland unerwartet gut mit den Sanktionen des Westens zurechtkommt. Wenn nun Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wieder Handel mit Syrien treiben, werden die USA gezwungen sein, Sanktionen gegen ihre Verbündeten zu verhängen, um das Embargo gegen Syrien aufrechtzuerhalten.

Die USA und Europa haben in der Außenpolitik bisher massiv auf wirtschaftlichen Zwang gesetzt. Die USA haben Sanktionen gegen etwa 10.000 Einzelpersonen und Unternehmen in 50 Ländern verhängt, wie der Economist berichtet. Gegen einige Staaten wie Kuba oder Myanmar haben sie strenge Embargos verhängt. In einer wachsenden Zahl von Fällen ignorieren die Länder des globalen Südens den Westen. So hat Chinas Außenminister gerade Gespräche mit den Taliban geführt. Und auf einer Konferenz lateinamerikanischer Länder im April wurde erörtert, Venezuela wieder als legitimen Staat anzuerkennen.

Es wird immer schwerer für den Westen, seine Sanktionen ge­sichts­wah­rend wieder einzustellen. Der Economist empfiehlt, die westlichen Sanktionen sollten für humanitäre Fälle umgehend abgemildert werden und für darüber hinausgehende Fälle sollte die Aufhebung der Sanktionen von erfüllbaren Bedingungen abhängig gemacht werden - also eben nicht von einem Regimewechsel. Im Falle Syriens würde das bedeuten, dass das Land die Rückkehr der Flüchtlinge zulässt und seine Drogenexporte einstellt. Das Amphetamin Captagon war zuletzt das wichtigste syrische Exportgut.

Der Economist resümiert: "Vor einem Jahrzehnt sahen viele Politiker in Sanktionen eine billigere und sicherere Alternative zum Krieg, die es dem wirtschaftlich dominanten Westen ermöglichte, feindliche Regime lahmzulegen, ohne einen Schuss abzufeuern. Sie waren viel zu optimistisch, wie das Beispiel Syrien zeigt. Das heißt aber nicht, dass Sanktionen nutzlos sind. Man sollte sie als einen Regler betrachten, der im Laufe der Zeit auf- und zugedreht werden kann. Sie können Despoten wie Herrn Assad nicht absetzen, aber sie können ihnen vielleicht Anreize geben, sich etwas weniger schlecht zu verhalten."


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...