Die Schufa, eine Abkürzung für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“, spielt eine maßgebliche Rolle bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit und der Speicherung von Daten von Bankkunden. Als zentrale Instanz sammelt und analysiert sie umfangreiche Daten über nahezu alle Personen in Deutschland, um ein detailliertes Profil ihrer Kreditwürdigkeit zu erstellen.
Dafür greift sie auf verschiedene Informationen zurück, einschließlich Daten aus öffentlichen Verzeichnissen wie dem Insolvenzbekanntmachungsregister. Banken und Unternehmen nutzen diese Informationen, um das Risiko einer Vertragsbeziehung mit einer bestimmten Person einzuschätzen.
Das Schufa-System, welches hier in Deutschland nicht nur etabliert, sondern von den meisten Banken, Telekommunikations- und sonstigen Unternehmen angewandt wird, ist ziemlich einzigartig. Und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Zwar gibt es auch in anderen Ländern Einrichtungen, die die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern überprüfen, jedoch nicht mit vergleichbaren Bewertungssystemen.
Schufa gibt Einblicke zum Schufa-Score
In letzter Zeit sind vermehrt Kritiken an der Schufa aufgekommen und ihre Praktiken stehen verstärkt im Fokus. Eine Untersuchung hatte ergeben, dass die Wirtschaftsauskunftei nicht immer seriös arbeitet und seit 2018 Vertragsdaten von Kunden sammelt, darunter Informationen über neue Handyverträge. Die Datensammlung erfolgte ohne die Einwilligung der Kunden, mehrere Millionen Deutsche waren betroffen.
Verbraucherschützer sind empört und sehen darin einen eindeutigen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung. Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale des Bundesverbands (VZBV), äußerte sich besorgt: „Das ist eine Entwicklung, die wir Verbraucherschützer ablehnen und die unserer Meinung nach nicht durch die Datenschutzgrundverordnung gedeckt ist.“ Er betonte, dass die Datensammlung dazu führt, dass eine Person viel transparenter wird, als sie eigentlich beabsichtigt oder weiß.
Müller zufolge können die Schufa und andere Auskunfteien dadurch das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher sehr präzise vorhersagen. Der VZBV fordert daher die umgehende Löschung der gesammelten Daten. Auch die Datenschutzkonferenz (DSK) schließt sich den Bedenken der Verbraucherschützer an und bezeichnet das Vorgehen der Auskunfteien als unzulässig.
Angesichts dieser Kritiken versuchte die Schufa im vergangenen Jahr, ihre Transparenz zu verbessern. Das Unternehmen veröffentlichte nahezu alle Informationen zur Zusammensetzung ihres sogenannten Schufa-Scores. Dieser bewertet anhand der gespeicherten Daten wie Kreditaktivitäten oder Zahlungsausfälle die Zuverlässigkeit einer Person bei der Erfüllung finanzieller Verpflichtungen. Zudem wurde ein Score-Simulator eingeführt, der die Berechnungsmethoden der Schufa verständlich machen soll.
Datenschutz auf dem Prüfstand
Der Schufa-Bonitäts-Score könnte jedoch möglicherweise gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Ein Gutachten des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Priit Pikamäe, kommt zu dieser Schlussfolgerung. Laut seiner Stellungnahme ist das automatisierte Verfahren zur Bewertung der Kreditwürdigkeit durch die Schufa als „Profiling“ im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) anzusehen.
Solche vollautomatisierten Entscheidungen, die rechtliche Auswirkungen auf die betroffenen Personen haben, wie beispielsweise die Beurteilung der Kreditwürdigkeit, sind gemäß den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verboten. Dieser Schutzmechanismus soll sicherstellen, dass menschliche Entscheidungsträger nicht durch Maschinen ersetzt werden. Nach Einschätzung des EuGH-Generalanwalts trifft dies jedoch genau auf den Schufa-Score zu, auch wenn letztendlich eine menschliche Entscheidung über die Kreditvergabe getroffen wird, beispielsweise durch die finanzierende Bank.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte das aktuelle EuGH-Verfahren eingeleitet, um eine grundlegende Klärung des Verhältnisses zwischen der europäischen Datenschutzgrundverordnung und der Praxis der Schufa herbeizuführen. Hintergrund war ein spezifischer Fall, in dem ein Kläger von der Schufa die Löschung eines Eintrags und den Zugang zu seinen Daten forderte, nachdem ihm ein Kredit verweigert worden war. Die Schufa beschränkte sich jedoch darauf, lediglich den Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mitzuteilen, während sie ihm detaillierte Informationen über die Zusammensetzung des Scores verweigerte. Dies begründete sie mit einem Verweis auf Geschäftsgeheimnisse.
Schufa im Visier des EuGH
Ein weiterer Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt sich mit der Speicherung von Restschuldbefreiungen. Diese ermöglichen Privatpersonen im Rahmen einer Verbraucherinsolvenz, sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums von ihren Schulden zu befreien, selbst wenn sie nicht in der Lage sind, den gesamten Betrag zurückzuzahlen.
Während Insolvenzgerichte diese Informationen öffentlich machen und für sechs Monate speichern, behielt die Schufa Einträge über Restschuldbefreiungen bis zu drei Jahre lang in ihrem Register.
Der Generalanwalt des EuGHs hält auch diese Vorgehensweise für rechtswidrig. Das Ziel der Restschuldbefreiung besteht darin, den Betroffenen eine Wiedereingliederung in das Wirtschaftsleben zu ermöglichen. Dieses Ziel würde vereitelt, wenn private Wirtschaftsauskunfteien die Daten über die Insolvenz über einen längeren Zeitraum speichern dürften.
Die Schufa hat bereits darauf reagiert und die Speicherdauer für abgeschlossene Insolvenzverfahren von drei Jahren auf lediglich sechs Monate reduziert. Diese Änderung erfolgte unmittelbar, nachdem der Bundesgerichtshof ein Verfahren zur Zulässigkeit der Datenspeicherung durch die Schufa vorerst ausgesetzt hatte, um auf die Entscheidung des EuGHs zu warten.
Kommt das Ende der automatisierten Kreditbewertung?
Der Europäische Gerichtshof wird in diesen Angelegenheiten das letzte Wort haben. Die Entscheidung wird mit großer Spannung erwartet und könnte einen Präzedenzfall für den Umgang mit personenbezogenen Daten und automatisierten Entscheidungsprozessen darstellen.
Es ist anzunehmen, dass die Richter des EuGHs der vorliegenden Stellungnahme des Generalanwalts folgen werden. Obwohl das Gutachten von Pikamäe nicht rechtsverbindlich ist, werden die Empfehlungen des Generalanwalts in der Regel von den Richtern übernommen, wenn auch nicht zwingend.
Eine endgültige Entscheidung wird für Ende 2023 oder Anfang 2024 erwartet und könnte das Schicksal des Schufa-Scores besiegeln. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die Schufa und das Kreditwesen im Allgemeinen. Aber würde die Abschaffung des Scores zwangsläufig auch das Ende der Schufa bedeuten?
Es ist wichtig zu beachten, dass die Schufa neben dem Score auch andere Dienstleistungen anbietet, wie Bonitätsauskünfte für Unternehmen oder Identitätsprüfungen. Daher wäre es unwahrscheinlich, dass die Schufa als Ganzes abgeschafft würde, da sie weiterhin in anderen Bereichen tätig sein könnte. Anzunehmen ist, dass bei Wegfall des Schufa-Scores alternative Bewertungsmethoden entwickelt und implementiert würden.
Allerdings könnte die Abschaffung des Schufa-Scores eine umfassende Neuausrichtung der Schufa und ihrer Bewertungsmethoden erforderlich machen. Es würde die Notwendigkeit einer gründlichen Überprüfung und möglichen Reformierung der Bonitätsbewertungssysteme aufwerfen, um sicherzustellen, dass sie fair, transparent und im Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen stehen.