Immobilien

Mietnomaden: So prüfen Vermieter die Bonität

Die Qualität der Mieter hat großen Einfluss darauf, ob sich eine Mietimmobilie rechnet. Doch wie wählt man einen Mieter richtig aus? Wir haben mit Experten gesprochen.
Autor
04.06.2023 08:36
Aktualisiert: 04.06.2023 08:36
Lesezeit: 2 min
Mietnomaden: So prüfen Vermieter die Bonität
Angstszenario für Vermieter: Mietnomaden hinterlassen eine verwüstete Wohnung. (Foto: iStock.com/N-sky) Foto: N-sky

Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet aktuell von einem krassen Fall von mutmaßlichen Mietnomaden. Demnach lebt ein Paar bereits zwei Jahre in einer Wohnung, hat aber noch keinen Cent für Miete und Nebenkosten bezahlt. Das bringt die Eigentümerin in finanzielle Schwierigkeiten, die von den Mieteinnahmen ihren Lebensabend bestreiten wollte.

Im Oktober des vergangenen Jahres machte zudem der Fall des Schauspielers Hardy Krüger Junior Schlagzeilen, dessen Immobilie in Brandenburg von zwei mutmaßlichen Mietnomaden verwüstet wurde. Trotz Räumungsklage würde es demnach dauern, bis die Bewohner das Haus verlassen müssen. Krüger beziffert den Schaden auf mehrere zehntausend Euro.

Laut der Immobilienverwalterin Sylvia Pruß kommt es aber sehr selten vor, dass potentielle Mieter den Mietzins von vornherein nicht bezahlen wollen und dafür bewusst den Vermieter beim Bewerbungsprozess täuschen, etwa mit gefälschten Dokumenten. Gleichwohl rät die Vizepräsidentin des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland im DWN-Gespräch, die Bonität der Mieter genau zu prüfen.

Schwächen der Mieterselbstauskunft

Vermieter sollten sich eine sogenannte Mieterselbstauskunft geben lassen. Entsprechende Mustervordrucke fänden sich im Netz oder auf den Homepages von professionellen Immobilienverwaltern. Vermieter dürfen etwa erfragen, ob der potentielle Mieter ein Insolvenzverfahren durchläuft oder durchlaufen hat, ob eine Zwangsvollstreckung läuft, wie hoch der monatliche Nettoverdienst ist, Name des Arbeitgebers und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses sowie persönliche Angaben (Name, bisherige Anschrift etc.). Verboten sind Fragen nach persönlichen Daten wie Religionszugehörigkeit, Weltanschauung oder sexueller Orientierung.

Auf unzulässige Fragen darf ein potentieller Mieter auch falsch antworten, ohne das Mietverhältnis zu riskieren. „Sagt der Interessent die Unwahrheit bei einer zulässigen Frage, zählt das als arglistige Täuschung und der Vermieter kann den Mietvertrag anfechten, solange die Wohnung nicht übergeben wurde“, erklärt Pruß. Ist der Mieter bereits eingezogen, kann der Vermieter erst im Rahmen der üblichen Kündigungsfristen und Bedingungen den Vertrag auflösen. Das sei in der Regel sehr schwierig, wenn sich der Mieter vertragsgemäß verhalte, warnt Pruß.

Daneben lasse man sich auch Einkommensnachweise für die letzten drei Monate und meist eine Schufa-Auskunft geben, erklärt Pruß, deren Unternehmen über 4000 Wohnungen verwaltet.

Die Schufa-Auskunft enthält einen Score, der von 0 bis 99 reicht. Als sehr hohes Zahlungsausfallrisiko gilt laut Stiftung Warentest ein Score unter 50, als hohes Risiko ein Score unter 80. Ein Rating über 90 zählt hingegen als zufriedenstellend und bei einem Wert über 97,5 gilt das Risiko als sehr gering.

Pruß hält ein Rating unter 50 für ein Warnsignal, bei dem man das Gespräch mit dem Interessenten suchen sollte, falls für die Wohnung nur eine geringe Nachfrage bestehe. „Kann der potentielle Mieter nicht schlüssig den Score erklären, würde ich von einem Vertragsabschluss absehen“, sagt die Immobilienverwalterin. Manchmal rühre etwa ein schlechtes Rating nicht vom Zahlungsverhalten des Interessenten, sondern von anderen Umständen wie etwa einer Bürgschaft für Dritte.

Pruß rät außerdem dazu, sich eine Mietschuldfreiheitsbescheinigung geben zu lassen. Vorvermieter seien allerdings nicht zur Ausstellung verpflichtet. Daneben könne man auch den Vorvermieter selbst kontaktieren, falls dieser bekannt sei. Allerdings könnte ein Vorvermieter Kritisches verschweigen, um den Mieter loszuwerden.

Pruß zufolge erhalte bei ihrem eigenen Unternehmen derjenige die Wohnung, der zuerst alle Dokumente vollständig vorlege und über eine solide Bonität verfüge. Die genauen beruflichen Verhältnisse spielten keine Rolle. „Es ist egal, als was jemand beschäftigt ist, entscheidend ist, dass das Einkommen zur Finanzierung der ausgesuchten Wohnung ausreicht. Die Wohnkosten sollten circa 40 Prozent im Verhältnis zum Einkommen nicht übersteigen“, erklärt die Unternehmerin.

Schätzungen über die Zahl der Mietnomaden gehen auseinander. Der Deutsche Mieterbund spricht von 1000 Fällen pro Jahr, während der Eigentümerverband Haus & Grund 15.000 Fälle vermutet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Elias Huber

Elias Huber arbeitet als freier Journalist und Honorar-Finanzanlagenberater. Der studierte Volkswirt schreibt vor allem über die Themen Wirtschaft und Geldanlage. 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie in Europa: 10 Unternehmen mit stabilen Renditen
09.11.2025

Europäische Verteidigungsunternehmen profitieren von stabilen Aufträgen und steigenden Investitionen. Technologische Kompetenz und lokale...

DWN
Technologie
Technologie Dunkle Wolke aus den USA: Die digitale Gefahr des US CLOUD Acts
09.11.2025

Ein US-Gesetz erlaubt amerikanischen Behörden Zugriff auf Daten in europäischen Clouds – ohne Wissen oder Zustimmung der Betroffenen....

DWN
Finanzen
Finanzen Contrarian Thinking: Wie falsche Narrative unsere Wahrnehmung verzerren – und was das für Anleger bedeutet
09.11.2025

In einer Welt voller Empörung, Filterblasen und ideologischer Schlagzeilen lohnt sich ein zweiter Blick. Wer immer nur der öffentlichen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Verjährung von Urlaubsansprüchen: Wann Resturlaub verfällt – und wann nicht
09.11.2025

Urlaub verfallen? Von wegen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt: Ohne klare Belehrung bleibt der Urlaubsanspruch bestehen –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Zukunft der Chefetage: Warum mittleres Management an Bedeutung verliert
09.11.2025

Das mittlere Management verliert in vielen Unternehmen an Bedeutung. Wirtschaftliche Unsicherheit, neue Technologien und veränderte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wirtschaft unter Druck: Im Spannungsfeld zwischen China und USA
09.11.2025

Globale politische Spannungen und Handelskonflikte belasten derzeit Europas Wirtschaft. Militärische Krisen in der Ukraine und im Nahen...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren in Europa: Pony AI testet Robotaxis mit Stellantis
09.11.2025

Europa steht vor einem neuen Kapitel der urbanen Mobilität. Technologische Entwicklungen und internationale Kooperationen treiben die...

DWN
Technologie
Technologie Phishing schlägt Firewalls: Warum Technik allein nicht schützt
09.11.2025

Firewalls, Verschlüsselung, Millionenbudgets – und doch reicht ein schwaches Passwort oder ein unbedachter Klick, um ein ganzes...