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Die EU will ultimativ alle Häuser ruinieren

Lesezeit: 7 min
03.06.2023 09:09
Mit immer strengeren Vorschriften treibt die EU das Dämmen der Häuser voran. Selbst Strafen wie Wohn-Verbote werden diskutiert, damit die Bürger Styropor auf ihre Hauswände kleben.

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Die EU-Kommission forciert sei zwanzig Jahren das Dämmen der Häuser. Und jetzt soll ab 2028 mit noch strengeren Vorschriften und mit Strafen und letztlich sogar mit Benützungsverboten der Energieverschwendung der Garaus gemacht werden. Dämmen der Häuser heißt in der Praxis vor allem das Kleben von Styropor auf die Hauswände. Die Tatsache, dass diese Maßnahme nicht besonders klug ist, konnte schon bisher den Brüsseler Stellen nicht klargemacht werden. Seit man sich dem „Green Deal“ verschrieben hat, werden vor allem problematische Parolen in Vorschriften gegossen.

Styropor wird aus Erdöl erzeugt. Dabei fällt eine große Menge CO2 an

Die Styropor-Manie ist besonders erstaunlich, weil dieses Material aus Erdöl hergestellt wird und bei der Produktion gewaltige Mengen an CO2 anfallen. Aber nicht nur dieser Widerspruch zur Grünpolitik ist mit Styropor verbunden. Das gesamte Paket der Dämmungspolitik führt zu skurrilen Effekten.

Nach jahrelangen Diskussionen erfolgte der Start der Umweltpolitik im Zusammenhang mit den Gebäuden im Jahr 2002. Vor über zwanzig Jahren wurde der Energieausweis eingeführt. Seit damals gibt es in der EU kaum eine Bewilligung für die Errichtung eines Neubaus, wenn nicht die Erfüllung bestimmter Auflagen nachgewiesen wird. Und diese Auflagen werden nun verschärft. Bei den älteren Gebäuden hoffte man, dass ein schlechter Energiewert Käufer abschrecken würde, doch folgte der Markt dieser Überlegung nicht. Jetzt greift man zu drastischen Maßnahmen. Das EU-Parlament hat das Paket der EU-Kommission in einer ersten Lesung bestätigt, jetzt müssen sich allerdings die EU-Mitgliedsstaaten, das EU-Parlament und die EU-Kommission in einem Trialog einigen. Der Zug ist zwar abgefahren, kann aber noch gebremst werden.

Es geht um die Beseitigung der Frischluft in den Wohnungen

Um die Auflagen zu erfüllen, müssen bereits seit zwei Jahrzehnten die neuen Objekte gedämmt werden und dies geschieht überwiegend, indem man die Häuser mit Styropor beklebt. Anschließend werden auch noch verschiedene Verputze aufgebracht, bis eine totale Dichtung erreicht ist. Bei jeder Novelle wird die Dicke der Styroporplatten erhöht. Die neuen, ab 2028 zu erfüllenden Auflagen bedeuten nichts anderes als die Vorgabe einer noch dickeren Schicht.

Im Sommer kommt es bei hohen Temperaturen, die die Oberfläche des Styropors extrem erhitzen, in den Wohnungen zu einem unerträglichen Hitzestau, der nur mit einer Klimaanlage zu korrigieren ist, die viel Energie verbraucht. Im Winter ergibt sich ein anderes Problem: Styropor speichert Wärme nicht. Styropor verhindert nur, dass die Wärme aus den Räumen entweicht, sodass leicht ein stickiges Raumklima entsteht. Die Bewohner lüften also, womit die Dämmung sabotiert wird.

Diese Umstände haben zur Entwicklung des so genannten Passivhauses geführt, bei dem die Fenster nicht geöffnet werden können. Das ganze Jahr wird über eine Klimaanlage Luft in die Räume gepumpt, wie dies in Flugzeugen und U-Bahntunnels geschieht. Die Passivhaus-Klimaanlagen arbeiten selbstverständlich mit Strom. Es geht also um die Abschaffung der Frischluft. Die Vertreter des Passivhauses glauben tatsächlich, dass man mit dieser Technik ein angenehmes Raumklima herstellen kann.

Die Sonne wird nicht in die Wohnungen gelassen, soll aber auf dem Dach Strom erzeugen

Styropor dämmt, allerdings in beide Richtungen, es lässt nicht nur die Heizwärme nicht hinaus, sie lässt auch die Sonneneinstrahlung nicht in die Wohnungen hinein. Es geht also nicht nur um die Abschaffung der Frischluft, sondern auch um den Abschied von der Sonne. Paradox: Man lässt die Sonnenstrahlen nicht ins Haus, will aber, dass auf dem Dach Sonnenkollektoren installiert werden, die die notwendige Energie erzeugen sollen. Bei schlechtem Wetter funktionieren die Solaranlagen mangelhaft und man muss Energie zukaufen. Bei gutem Wetter fällt viel Solarenergie an, der Bedarf an Heizenergie ist aber grundsätzlich geringer, weil die Sonne wärmt. Dieser an sich banale Zusammenhang wird im dichten Passivhaus in Frage gestellt, weil auch im Sommer die Fenster nicht geöffnet werden können. Die vorgeschriebenen Solaranlagen haben also nur einen beschränkten Sinn, wenn es um die Heizung geht. Im Sommer können sie bei den im Gefolge des Klimawandels extrem hohen Temperaturen nützlich sein, um Klimaanlagen zu betreiben.

Häuser mit einem Anorak und einer Hose aus Kunststoff

Mit Styropor gedichtete Häuser sind vergleichbar mit einem Menschen, der beim Skifahren oder Bergsteigen einen dichten Anorak und vielleicht auch noch eine Hose aus Kunststoff trägt. Nach wenigen Stunden ist man schweißnass. Zu genau dem gleichen Effekt kommt es bei einem dichten Haus. Es entsteht Wasserdampf, der allerdings nicht entweichen kann, weil die Dämmung nicht abgelegt wird wie ein Anorak, sondern dauerhaft am Haus klebt. In diesem Umfeld gedeihen naturgemäß Algen und Pilze, vor allem Schimmelpilze, also genau die Hausbewohner, die man auf keinen Fall beherbergen möchte. Feuchte Dämmplatten haben zudem keine Dämmwirkung.

Die Anhänger von Styropor betonen, dass diese Effekte nicht eintreten, wenn sauber gearbeitet wird. Nun sind nicht alle Baufirmen perfekt und vor allem: Die Gebäude unterliegen den Wettereinflüssen, die Materialien altern, es kommt zu Verschiebungen und Reibungen, es ist also unmöglich, dass eine selbst perfekt aufgetragene Dämmung auf Dauer ohne Abnützungen hält. Zudem schrumpft Styropor nach einiger Zeit, wodurch Fugen auftreten. Zwischen der eigentlichen Hausmauer und der Dämmung entsteht somit unweigerlich ein Hohlraum, der nicht nur Schädlingen einen Lebensraum schafft. Diese Hohlräume haben auch im Falle eines Brandes eine fatale Wirkung, da sie wie ein Kamin wirken und ein in einer Wohnung ausgebrochenes Feuer rasch über das ganze Haus ausbreiten. Alle diese Erscheinungen werden in der Regel erst wirksam, wenn die Garantien abgelaufen sind und die Baufirmen keiner Schadenersatzpflicht mehr unterliegen

Mit giftigen Chemikalien gegen die Schäden, die Styropor auslöst

Um den geschilderten Problemen vorzubeugen, werden in den Verputzschichten über dem Styropor Chemikalien eingefügt, die die Pilze vernichten und Brände verhindern sollen. Der grüne Eifer der EU führt also nicht nur zum Einsatz eines aus Erdöl produzierten Materials, es werden auch giftige Chemikalien eingesetzt, die die negativen Begleiterscheinungen einer Styropor-Dämmung bekämpfen. Man würde erwarten, dass eine derartige Technologie von Grünpolitikern vehement bekämpft wird. Nein, sie wird als Teil des „Green deal“ forciert. Regen und Tauwasser schwemmen zudem große Teile dieser Chemikalien aus, die in der Folge im Boden landen.

Die Widersprüche in der Grünpolitik sind Legion, an dieser Stelle sei an die Bekämpfung der Kunststofffenster durch die Grünen in der Vergangenheit erinnern. Diese Fenster haben in der Einsatzphase keine negativen Folgen für die Umwelt, da die Chemikalien gebunden sind. Die Gefahr einer Umweltbelastung besteht nur, wenn am Ende der Verwendung bei der Entsorgung und Verwertung nicht professionell gearbeitet wird und Giftstoffe entweichen können. Jetzt, einige Jahre später, werden giftige Chemikalien, so genannte Biozide, auf den Hauswänden angebracht, die ständig gegen Pilze wirken und wohl auch nicht zur Gesundheit der dahinter lebenden Hausbewohner beitragen.

Ähnliche Widersprüche sind auch in anderen Bereichen der Grünpolitik zu beobachten. Als Deutschland zum Ausgleich für den Wegfall der Atomenergie den Ausbau der Kohlekraftwerke forcierte und zum Umweltsünder Nummer 1 in Europa wurde, war die Reaktion eigenartig: Man müsse diese negative Entwicklung in Kauf nehmen, das höhere Ziel sei die Bekämpfung der Atomkraftwerke, erklärten die Grünen und nahmen den Hinweis, dass Atomstrom umweltneutral hergestellt wird, nicht zur Kenntnis. Jahrelang wetterten die Grünen gegen die Maste der Hochspannungsleitungen und verlangten, dass die Wunden in der Natur im Boden vergraben werden. Heute werden tausende Windmühlen, die riesige Gebiete verunstalten und die Vögel gefährden, als Energieproduzenten gefeiert. Dass nebenher für den Abtransport des Stroms noch mehr Hochleistungsmaste benötigt werden, wird gerne in Kauf genommen.

Ein Doppelschlag: Mit einer falschen Politik gegen den Umweltschutz und gegen die Ökonomie

Die Grünpolitik der EU hat nicht nur skurrile Folgen für die Ökologie, sie löst auch dramatische wirtschaftliche Probleme aus. So ist die Dämmung nicht billig. Nachdem die Etappen der Umsetzung 2028 beim Neubau beginnen sollen, kündigt sich also eine massive Verteuerung in diesem Bereich an. Nun sind die Baukosten schon jetzt enorm hoch, die neuen Vorschriften ergeben einen weiteren Preisschub. Die EU-Kommission fordert die Mitgliedsländer auf, durch großzügige Subventionen diesen Effekt auszugleichen. Dass auf diese Weise alle Interessenten zu Bittstellern bei Behörden gemacht werden, stört in der ständig in Förderungen und Regulierungen verfangenen EU-Kommission niemanden.

Bei den älteren Bauten bricht unweigerlich ein Chaos aus. Viele Häuser aus dem 19. Jahrhundert und früheren Perioden haben Dekorationen, die die Aufbringung einer Styropor-Platte unmöglich machen. Im Papier der EU ist vorgesehen, dass bei historisch wertvollen Gebäuden die Dämmvorschrift nicht gelten soll. Es müssen nun alle Eigentümer und Bewohner von Gründerzeithäusern und älteren Objekten zu den Denkmalschutzbehörden eilen, um eine Bestätigung des historischen Werts zu erhalten. Mit dem Nebeneffekt, dass zwar keine Dämmung angebracht werden muss, aber dafür jede Investition im Haus nur mehr mit Genehmigung der Denkmalschützer möglich sein wird.

Häuser, die keinen historischen Wert nachweisen können, würden also der Dämmpflicht unterliegen. Die Eigentümer müssten gigantische Kosten finanzieren und es ist zu bezweifeln, dass die Staaten alle Kosten durch Förderungen ausgleichen werden. Wer nicht bereit ist zu sanieren, muss mit hohen Strafen rechnen.

Damit nicht genug: Für alle gilt, dass die Styropor-Platten nur eine beschränkte Lebenszeit haben und nach einigen Jahren ersetzt werden müssen. Somit ist schon am Tag einer Dämmung absehbar, dass man in nicht allzu ferner Zeit wieder mit beachtlichen Kosten konfrontiert wird. Und gar nicht nebenher ist anzumerken: Styropor ist nicht wieder verwertbar, sodass die bereits seit Jahren geklebten Styropor-Platten und die künftig in noch größerem Ausmaß zum Einsatz kommenden Dämmungen in wenigen Jahren sich zu gigantischen Müllhalden auftürmen werden.

Sollte das verschiedentlich angedachte Benützungsverbot für Wohnungen, die eine schlechte Energiebilanz aufweisen, eingeführt werden, dann kommt es zu einer bislang unvorstellbaren Krise auf dem Wohnungsmarkt. Abertausende Wohnungen werden schlagartig wertlos, womit schlichtweg Vermögen vernichtet wird. Die Versorgung mit Wohnraum wird eingeschränkt, die verbleibenden Wohnungen können den Bedarf nicht decken, durch den Mangel schnellen die Kaufpreise und die Mieten in die Höhe. Für viele Menschen wird Wohnen nicht mehr bezahlbar und der Weg in enge Wohngemeinschaften oder in die Obdachlosigkeit ist dann vorgezeichnet.

Es ist dringend notwendig, die tatsächlichen Eigenschaften der Baustoffe festzustellen

All das für eine problematische Dämmung der Häuser. Wollte die EU-Kommission tatsächlich sinnvoll einen Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz der Häuser leisten, so drängt sich eine Alternative auf: Es dürften nur Materialien zum Einsatz kommen, die effektiv die im Haus erzeugte oder durch die Anwesenheit von Menschen entstehende Energie bewahren und gleichzeitig so viel Sonne wie möglich und sinnvoll in die Häuser lassen. Welche Baustoffe diesen Anforderungen tatsächlich entsprechen, ist bisher nur mangelhaft wissenschaftlich erforscht. Jede Anbietergruppe preist naturgemäß das eigene Produkt an. Eines sollte aber außer Streit stehen: Styropor, ein Kunststoff, der aus Öl produziert wird, nicht lange hält und mit giftigen Chemikalien daran gehindert werden muss, Schimmel in den Häusern zu verbreiten, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

                                                                            ***

Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.


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