In Nottingham hat sich ein Mehrfachmord ereignet, bei dem es sich auch um einen Terror-Akt gehandelt haben könnte. Von einem «schrecklichen und tragischen Vorfall», spricht Chief Constable Kate Meynell in einer ersten Reaktion. Die Tatorte erstrecken sich über die ganze Stadt. In der Ilkeston Road im Westen werden am frühen Morgen um kurz nach 4.00 Uhr (5.00 Uhr MESZ) zwei Tote gefunden. Er sei davon aufgewacht, dass eine Polizistin gegen seine Tür geklopft habe und nach Aufnahmen von Überwachungskameras gefragt habe, erzählte ein Anwohner. Er habe aber nichts mitbekommen.
Ein anderer Augenzeuge sagte der BBC, er habe Schreie gehört und daraufhin aus dem Fenster geblickt - und gesehen, wie ein schwarz gekleideter Täter mehrfach auf einen jungen Mann und dann auf eine junge Frau eingestochen habe.
Bald darauf wird die Polizei zu einem weiteren Vorfall im Stadtzentrum gerufen: Dort hat offenbar ein weißer Lieferwagen versucht, drei Menschen zu überfahren. Sie wurden verletzt in Kliniken gebracht. Schließlich wird in der Magdala Road ein weiterer Toter gefunden. Die Taten hängen vermutlich zusammen, wie Chefermittlerin Meynell sagt. Zwischen den Tatorten liegt jeweils rund eine Meile (1,6 Kilometer).
Nachdem sie zunächst von einem «schwerwiegenden Vorfall» berichtet hatte, präsentiert die Polizei am Vormittag den mutmaßlichen Täter, einen 31-Jährigen. Medien zufolge hatten Beamte einen weißen Lieferwagen, bei dem es sich um dasselbe Fahrzeug wie bei dem Vorfall in der Innenstadt handeln könnte, im Nordwesten von Nottingham gestellt. Der Bereich sei abgesperrt. Ein wackliges Video eines Anwohners soll zeigen, wie drei Polizisten einen Mann festnehmen, das soll gegen 5.30 Uhr gewesen sein.
Die Augenzeugin Lynn Haggitt sagte der BBC, sie habe gesehen, wie ein Lieferwagen zwei Menschen überfahren habe - offensichtlich mit Absicht, verfolgt von Polizeiautos. «Ich bin ganz zittrig, ich habe so etwas noch sie gesehen», sagte sie.
Zu den Hintergründen gab es zunächst keine Angaben. Nach Informationen des Senders Sky News ermittelt die Polizei derzeit wegen Mordes und nicht wegen einer Terrortat. Die Behörden riefen Zeugen auf, sich zu melden und Aufnahmen von Überwachungskameras sowie «Dashcams» zur Verfügung zu stellen. Vielerorts waren Ermittler in Ganzkörperanzügen zu sehen.
Nach den Bluttaten gibt es nach Angaben der britischen Polizei derzeit keine weiteren Verdächtigen. «Derzeit sucht die Polizei nach niemandem, der im Zusammenhang mit den Angriffen steht», teilte die Behörde am Dienstagnachmittag mit.
Zu einem möglichen Motiv machte die Polizei weiterhin keine Angaben. Man ermittele «unvoreingenommen», hieß es lediglich. Chief Constable Kate Meynell sagte, die Ermittler würden gemeinsam mit Beamten der Anti-Terror-Polizei an dem Fall arbeiten. Das sei «unter solchen Umständen» der normale Vorgang, betonte Meynell.
Premierminister Rishi Sunak dankte den Einsatzkräften für ihre Arbeit und rasche Reaktion. Innenministerin Suella Braverman zeigte sich «schockiert und traurig». «Unsere Stadt ist wegen des Tods von drei Menschen heute Morgen am Boden zerstört», teilen die drei Parlamentsabgeordneten der Oppositionspartei Labour für die mittelenglische Stadt in einer gemeinsamen Erklärung mit.
In Nottingham wurden mehrere Straßen gesperrt, Straßenbahnen wurden gestoppt und Buslinien umgeleitet. Die Behörden rufen die Menschen auf, das Zentrum zu meiden. Ein großes Einkaufszentrum ist aber geöffnet.
Das Rasen-Tennisturnier Nottingham Open, das als wichtige Vorbereitung für Wimbledon gilt, läuft wie geplant weiter. Für die Anreise sollten sich Besucher aber mehr Zeit nehmen, betonten die Organisatoren. Der populäre Fußball-Erstligist Nottingham Forest zeigte sich in einer Mitteilung erschüttert.
Nottingham liegt im geografischen Zentrum Englands rund 175 Kilometer Luftlinie nördlich der Hauptstadt London. Etwa 324 000 Menschen leben in der Stadt am Ufer des Flusses Trent in dem Gebiet der East Midlands. Vor allem im 19. Jahrhundert wuchs die Einwohnerzahl im Zuge der Industrialisierung stark an. Nottingham ist mittlerweile auch als Studentenstadt bekannt.