Politik

Ukraine: Nato will Beitritt beschleunigen

Die Nato verzichtet offenbar bei der Ukraine auf üblichen Beitrittsplan MAP. Der Weg in die Nato werde so „abgekürzt“ heißt es aus Kiew.
10.07.2023 12:41
Aktualisiert: 10.07.2023 12:41
Lesezeit: 3 min
Ukraine: Nato will Beitritt beschleunigen
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine. (Foto: dpa) Foto: Efrem Lukatsky

Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba einigten sich die Nato-Staaten im Fall seines Landes darauf, von dem für einen Beitritt üblichen Membership Action Plan (MAP) zur Heranführung an die Standards der Allianz abzusehen. Darauf hätten sich die 31 Nato-Staaten nach „intensiven Gesprächen“ verständigt, erklärte Kuleba auf Twitter. „Ich begrüße diese lang erwartete Entscheidung, die unseren Weg in die Nato abkürzt.“ Etwas später am Tag bestätigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg diese Angaben bei einer Pressekonferenz am Mittag nicht. „Es gibt keine finale Entscheidung“, sagte Stoltenberg.

Die Bundesregierung hat eine solche „fast-track“-Lösung für die Ukraine bislang immer ausgeschlossen. Bild berichtete unter Berufung auf ein vertrauliches deutsches Regierungsdokument, Bundeskanzler Olaf Scholz werde in Vilnius „keiner Sprache zustimmen, die den Eindruck eines 'fast tracks' zu einem ukrainischen Beitritt vermitteln würde“. Dagegen hätten die USA demnach „ihre Zustimmung zum Verzicht auf einen 'Membership Action Plan' für die Ukraine unter der Bedingung weiterer Reformen“ erklärt. Die Bundesregierung sei „bereit zur Prüfung von Kompromisssprache“ für einen zukünftigen Nato-Beitritt der Ukraine, „obgleich die Bedingungen hierfür noch nicht erfüllt“ seien, zitiert Bild weiter aus dem Dokument.

Sonderrecht für Ukraine

Verständigt hatten sich die Mitgliedstaaten der Allianz indes auf die Bildung eines Nato-Ukraine-Rats, in dem das Land als gleichberechtigtes Mitglied am Tisch sitzt. Erstmals tagen soll das Gremium im Rahmen des Gipfels am Mittwoch, an dem Treffen soll dann auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilnehmen.

Die Bundesregierung schnürt ein neues umfangreiches militärisches Hilfspaket für di Ukraine. Es werde im Verlauf des anstehenden Nato-Gipfels am Dienstag und Mittwoch in Vilnius eine Ankündigung geben zu einer „sehr substanziellen“ Lieferung von Hardware, sagte ein ranghoher Regierungsvertreter am Montag in Berlin. Konkreter werden wollte er nicht. Allerdings gebe es zum Thema Marschflugkörper Taurus nichts Neues zu berichten. Die Ukraine hatte Deutschland zuletzt gebeten, zur Abwehr russischer Angriffe Taurus-Systeme zur Verfügung zu stellen.

Zu einer weiteren Annäherung der Ukraine an die Nato auf dem Gipfel in der litauischen Hauptstadt schloss der Regierungsvertreter erneut aus, dass ein Land im Krieg Mitglied der Allianz werden könne. Es gehe jetzt im Bündnis mit Blick auf Russland vor allem darum, Gemeinsamkeiten zu betonen und die Ukraine mit dem zu unterstützen, was das Land zurzeit am dringendsten brauche. An der genauen Formulierung der Abschlusserklärung für den Gipfel zu diesem Punkt werde zur Stunde noch gearbeitet.

Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der 31 Nato-Mitglieder steht ganz im Zeichen des Kriegs gegen die Ukraine. Dabei geht es auch um die Frage, welche Sicherheitsgarantien das Land nach einem Ende des Kriegs vom Westen bis zu einer Aufnahme in die transatlantische Allianz erhalten könnte. Der Regierungsvertreter betonte, solche Garantien würden nicht im Rahmen der Nato gegeben, sondern vielmehr auf Basis bilateraler Absprachen. Grundlage dafür sei eine entsprechende Vereinbarung der G7-Staaten. Jedes Partnerland werde das einbringen, was es am besten könne. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Nachmittag in Berlin zu dem Thema: „Da ist die Diskussion noch lange nicht zu Ende.“

Optimistisch äußerte sich der Regierungsvertreter zu den Aussichten Schwedens, schon bald der Nato beitreten zu können. Er rechne damit, dass es hierbei im Lauf der kommenden Tage zu einer „positiven Entwicklung“ kommen werde, sagte er. Vor Beginn des Nato-Gipfels soll es noch einmal ein Spitzengespräch zwischen Schweden und der Türkei geben, die die Aufnahme des Nordlands in die transatlantische Allianz nach wie vor blockiert.

Türkei will Tauschgeschäft

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan knüpft einen Nato-Beitritt Schwedens jetzt an die weitere Annäherung seines Landes an die Europäische Union bis hin zu einer vollen Mitgliedschaft. Dies werde er beim Gipfel der 31 Nato-Staats- und Regierungschefs am Dienstag und Mittwoch in Vilnius deutlich machen, sagt Erdogan in Istanbul. Er erwarte, dass die EU den Weg für die Türkei zur Mitgliedschaft ebne, damit die Türkei den Weg Schwedens in die Nato ebnen könne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft-Aktie: Wie der KI-Boom den Gewinn über 100 Milliarden treibt
31.07.2025

Microsoft verdient erstmals mehr als 100 Milliarden Dollar – ein Meilenstein, der zeigt, wie tiefgreifend sich das Unternehmen unter...

DWN
Finanzen
Finanzen Investoren warnen: Ist die Erfolgsgeschichte der Novo Nordisk-Aktie vorbei?
31.07.2025

Die Novo Nordisk-Aktie galt als Fels in der Brandung – doch nach einer drastischen Gewinnwarnung gerät das Erfolgsmodell ins Wanken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 2 Prozent Inflation: Kerninflation zieht Verbrauchern das Geld aus den Taschen
31.07.2025

Die Inflation liegt genau im Zielkorridor der EZB – ein scheinbar gutes Zeichen. Doch die Kerninflation bleibt hoch, vor allem...

DWN
Finanzen
Finanzen Renminbi im Welthandel: Warum Dollar und Euro dominant bleiben
31.07.2025

Chinas Regierung will den Renminbi zur globalen Handelswährung machen – und nutzt gezielt geopolitische Spannungen, um Druck auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF Stellenabbau: 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland bedroht
31.07.2025

Der Autozulieferer ZF rutscht immer tiefer in die Krise. Die "Zahnradfabrik" verzeichnet erneut einen hohen Verlust, steckt tief im...

DWN
Politik
Politik Trump tobt, doch Powell bleibt hart: Keine Zinsgeschenke für den Präsidenten
31.07.2025

Donald Trump fordert eine drastische Zinssenkung – doch Fed-Chef Jerome Powell verweigert den Gefolgschaftseid. Die US-Notenbank bleibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Reserve kommt: Was Anleger jetzt wissen müssen
31.07.2025

Die USA lagern still und heimlich Bitcoin – als nationale Reserve. Was bedeutet das für Anleger? Was steckt hinter dieser strategischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen MediaMarkt Saturn: Chinas JD.com übernimmt die Kontrolle beim Elektronikhändler – Ceconomy-Aktie im Fokus
31.07.2025

Der Einstieg eines Handelsgiganten verändert das Kräfteverhältnis bei MediaMarkt Saturn: Chinas JD.com will Europas Elektronikmarkt...