Unternehmen

Inflation in Deutschland geht leicht zurück

Die Inflationsrate ist im Juli leicht auf 6,2 Prozent gesunken. Doch der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln bleibt zweistellig, und Ökonomen erwarten vorerst keine Entspannung.
28.07.2023 16:33
Aktualisiert: 28.07.2023 16:33
Lesezeit: 2 min

Die Inflation in Deutschland hat im Juli wegen nicht mehr so stark steigender Lebensmittelpreise nachgelassen. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 6,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, hieß es am Freitag in der ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten einen Rückgang in dieser Höhe erwartet. Im Juni hatte die Teuerungsrate noch bei 6,4 Prozent gelegen, im Mai bei 6,1 Prozent. Von Juni auf Juli erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 0,3 Prozent.

"Der Rückgang der Inflation bleibt eine äußerst zähe Angelegenheit", sagte der Chefvolkswirt von HQ Trust, Michael Heise. Immerhin: Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) stark beachtete Inflationsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, oftmals auch als Kerninflation bezeichnet, nahm etwas deutlicher ab von 5,8 auf 5,5 Prozent.

"Vorerst sinkt die viel zu hohe Teuerung nur in quälend gemächlichem Tempo", sagte die Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib. Es bleibe das Risiko, dass sich die Inflation auf einem zu hohem Niveau verfestigen könnte. "Dazu zählt ein möglicher neuer Preisschub bei Lebensmitteln", warnte die Ökonomin. "Dürren und das Ende des Getreideabkommens zwischen Russland und der Ukraine haben die Wahrscheinlichkeit dafür steigen lassen."

TEURER URLAUB

Energie kostete zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 5,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (Juni: +3,0 Prozent). Nahrungsmittel verteuerten sich zwar mit 11,0 Prozent erneut besonders deutlich, allerdings nicht mehr so stark wie im Juni mit 13,7 Prozent. Dienstleistungen kosteten im Schnitt 5,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (Juni: +5,3 Prozent). Besonders für Pauschalreisen mussten die Kunden tiefer in ihre Taschen greifen. "Hier zeigt sich, dass die Deutschen nach der Pandemie trotz knapper Kassen das Leben wieder genießen und richtig Urlaub machen möchten", sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. "Das erleichtert es den Anbietern, in diesen Bereichen höhere Kosten auf die Verbraucher zu überwälzen."

In den kommenden Monaten rechnen die meisten Analysten mit einer zunehmenden Entspannung bei den Preisen. "Wir gehen davon aus, dass die deutsche Inflationsrate gegen Ende des Jahres auf etwa drei Prozent fallen wird", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Dazu beitragen dürfte die Europäische Zentralbank, die ihren Leitzins am Donnerstag bereits das neunte Mal in Folge erhöhte - auf das höchste Niveau seit dem Jahr 2000. Sie will damit die Teuerungsrate wieder auf das von ihr angestrebte Ziel von zwei Prozent drücken.

Dass der Weg dahin holprig werden könnte, signalisiert eine Umfrage des Ifo-Instituts: Erstmals seit acht Monaten sind die Preiserwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate wieder gestiegen - wenn auch nur minimal. Vor allem bei den Einzelhändlern und den konsumnahen Dienstleistern plant demnach eine wachsende Mehrheit der Unternehmen weitere Erhöhungen. "Damit dürfte sich der Rückgang insbesondere der heimischen Inflation weiter hinziehen", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Finanzen
Finanzen Airbus-Aktie fällt nach A320-Software-Update
01.12.2025

Ein Pflicht-Update für die A320-Reihe schickt die Airbus-Aktie auf ein Zweimonatstief. Airlines reagieren hektisch, doch der Hersteller...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Politik
Politik Bürgergeldreform „Bullshit“: Arbeitsministerin Bas muss bei Jusos einstecken - wackelt die neue Grundsicherung?
01.12.2025

Die Bürgergeldreform steht bevor, der erste Teil der neuen Grundsicherung soll noch im Dezember durch das Bundeskabinett von Kanzler Merz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Materialmangel trifft Autoindustrie am härtesten – Ursache wohl in China
01.12.2025

Materialmangel trifft die deutsche Industrie unerwartet hart und legt Schwachstellen in globalen Lieferketten offen. Besonders Halbleiter...

DWN
Politik
Politik NATO-Krise: Ex-Spitzenoffizier fordert im DWN-Interview totale Umstellung von Gesellschaft und Wirtschaft
01.12.2025

Ein früherer NATO-Spitzenoffizier warnt in einem exklusiven Interview, dass Europa nur wenige Jahre hat, um sich auf einen möglichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Hugo Boss-Aktie: Machtkampf mit Großaktionär Frasers?
01.12.2025

Beim Modekonzern Hugo Boss knirscht es im Machtgefüge: Der wichtigste Investor zieht dem Aufsichtsratschef die Unterstützung weg,...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wird 2026 alles steigen? Prognose für Aktien, Bitcoin-Kurs und Goldpreis
01.12.2025

Der November brachte an den US-Börsen einen synchronen Aufschwung über sämtliche Anlageklassen hinweg. Jetzt legen die größten Häuser...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden-Aktien: Wie Anleger jetzt potenzielle Dividendenrenditen erkennen
01.12.2025

Dividenden-Aktien gewinnen für Anleger in unsicheren Zeiten an Bedeutung, da sie regelmäßige Ausschüttungen mit potenziellem...