Hermann Gröhe will die Krankenkassen mit der angestrebten Reform zu mehr Wettbewerb bewegen. Die Lohnnebenkosten sollen aber stabil bleiben, hat der Gesundheitsminister angekündigt. Unternehmen werden also weder be- noch entlastet. Die Regierung will zwar den von den Kassenmitgliedern zu zahlenden Sonderbeitrag von 0,9 Prozent des Einkommens abschaffen, an dessen Stelle sollen die Krankenkassen jedoch 2015 wieder Zusatzbeiträge erheben dürfen, um die entstehende Lücke von 11 Milliarden Euro zu schließen. Diese neuen Zusatzbeiträge müssen von den Arbeitnehmern allein bezahlt werden.
Der monatliche Kassenbeitrag soll ab 2015 von 15,5 auf 14,6 Prozent sinken, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen davon jeweils die Hälfte. Sollten die Kassen den Beitrag anheben, so haben die Versicherten „das Recht, sich nach einem günstigeren Angebot umzusehen“, sagte Gröhe. Die Kassen, die aufgrund ihrer Finanzsituation einen Zusatzbeitrag erheben müssen, laufen der Gefahr entgegen, Mitglieder zu verlieren. Das ist seitens der Politik ausdrücklich erwünscht und soll mehr Wettbewerb bringen.
Einige Kassen gehen in die Offensive und schütten Bonuszahlungen an die Versicherten aus. Die Krankenkasse hkk verschickt in den nächsten Tagen Dividenden-Schecks für das Jahr 2013 von bis zu 100 Euro an rund 260.000 Mitglieder – insgesamt rund 24,5 Millionen Euro. Für 2014 erhalten hkk-Mitglieder weitere 100 Euro, die im Frühjahr 2015 ausgezahlt werden. Auch Neumitglieder, die bis zum 1. Dezember 2014 zur hkk wechseln, erhalten die volle Summe.
Geringverdiener könnten von der Reform profitieren, da sich der komplette Beitrag wieder am Einkommen bemisst und die für alle gleich hohe Pauschale wegfällt. Dass der Staat damit rechnet, dass es insgesamt teurer wird, zeigt sich darin, dass er mehr Geld für die Kassenbeiträge von Arbeitslosen eingeplant hat – für die übernimmt er nämlich die Zusatzbeiträge, berichtet die Abendzeitung München.
Die Opposition hält die Pläne der Regierung bei der Gesundheitsreform für unausgereift. „Es handelt sich wie bei der Rente um einen Griff in die Taschen der Beitrags- statt der Steuerzahler“, erklärte die Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink. 2014 und 2015 solle die Krankenversicherung sechs Milliarden Euro weniger aus dem Bundeshaushalt bekommen, als zunächst geplant. „Das Geld wird fehlen, wenn es darauf ankommt, absehbare Kostensteigerungen zu finanzieren.“
Die Kosten für die Reformen werden langfristig auf die Versicherten umgelegt. „Vor allem der mittlere Arbeitnehmerbereich wird besonders betroffen sein“, sagte der Linke-Gesundheitsexperte Harald Weinberg in Berlin. Nachdem der Wettbewerb um die Wechselkunden zugunsten der finanziell starken Kassen entschieden ist, werden auch diese ihre Beiträge wieder anheben, befürchten Kritiker der Reform.