Unternehmen

Starker Auftragseingang verdeckt strukturelle Schwäche

Der Auftragseingang fiel im Juni ungewöhnlich stark aus – weil er aber praktisch nur in einer Branche stattfand, verdeckt er die anhaltende strukturelle Schwächephase in der deutschen Wirtschaft.
04.08.2023 10:36
Aktualisiert: 04.08.2023 10:36
Lesezeit: 1 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die deutsche Industrie hat im Juni dank umfangreicher Großbestellungen erneut deutlich mehr Aufträge erhalten. Im Monatsvergleich seien die Bestellungen um 7,0 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mit. Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten mit einem Dämpfer gerechnet und waren im Schnitt von einem Rückgang um 2,0 Prozent ausgegangen. Nach Einschätzung von Ökonomen verdeckten Großaufträge die ansonsten eher schwache Nachfrage nach Produkten aus deutschen Industriebetrieben.

Beim Auftragseingang sorgten wie bereits im Vormonat Mai vor allem großvolumige Bestellungen für Auftrieb, die im Zeitverlauf deutlich schwanken können. Wie das Bundesamt weiter mitteilte, ist der Auftragseingang ohne Großaufträge im Juni um 2,6 Prozent gesunken.

Das Bundesamt verwies insbesondere auf einen starken Anstieg der Bestellungen in dem Bereich „sonstiger Fahrzeugbau.“ Hier habe es einen Zuwachs um 89,2 Prozent im Monatsvergleich gegeben. Der starke Anstieg in diesem Bereich sei auf einen Großauftrag im Luft- und Raumfahrzeugbau zurückzuführen, hieß es in der Mitteilung.

Großaufträge verdecken negative Tendenz

Nach Einschätzung des Analysten Marc Schattenberg von der Deutschen Bank dürfte der überraschende Anstieg der Bestellungen „unter anderem auf eine große Order von Passagierflugzeugen zurückgehen.“ Er wies zudem darauf hin, dass die Bestellungen im Bereich „Kraftwagen und -teile“ deutlich geschrumpft sei.

Wie das Bundesamt weiter mitteilte, wurde der Anstieg beim Auftragseingang im Vormonat Mai leicht nach unten revidiert, von zuvor 6,4 Prozent auf nur noch 6,2 Prozent. In der Zeit von April bis Juni war der Auftragseingang im Vergleich zu den drei Monaten zuvor laut Bundesamt nahezu unverändert. Der Auftragseinbruch in der deutschen Industrie von knapp elf Prozent im März konnte somit ausgeglichen werden.

Analyst Ralph Solveen von der Commerzbank geht davon aus, dass sich der „vollkommen unerwartete“ Produktionsanstieg nicht als nachhaltig erweisen werde. Seiner Einschätzung nach ändern die aktuellen Auftragsdaten nichts an dem ungünstigen Ausblick für das zweite Halbjahr, zumal immer mehr Unternehmen ihren Auftragsbestand als zu niedrig beurteilen würden.

In einer Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums hieß es, dass der Auftragseingang „von starken Schwankungen und Sondereffekten durch Großbestellungen“ geprägt sei. Die Aussichten für die Industriekonjunktur seien angesichts des eingetrübten Geschäftsklimas und der schwachen Weltkonjunktur vorerst weiterhin verhalten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus für die Chefetage: DAX-Vorstände kassieren das 41-Fache ihrer Mitarbeiter
14.08.2025

Während die Wirtschaft stagniert, steigen die Managergehälter: DAX-Vorstände verdienen im Schnitt das 41-Fache ihrer Mitarbeiter – und...

DWN
Politik
Politik Trump öffnet Chip-Schleusen für China: Sicherheit nur noch zweitrangig
13.08.2025

Trotz jahrelanger Warnungen vor Pekings Militärambitionen gibt Trump den Verkauf modernster US-Chips an China frei – und stellt Profit...

DWN
Politik
Politik Bedrohung durch Russland? Estland weist russischen Diplomaten aus
13.08.2025

Die Beziehungen zwischen Russland und Estland sind seit Jahren konfliktgeladen und angespannt. Nun weist das EU- und Nato-Land einen...

DWN
Finanzen
Finanzen Wegen EU-Sanktionen: China verhängt Sanktionen gegen zwei EU-Banken
13.08.2025

Im Konflikt um Russland-Sanktionen setzt Peking zwei europäische Geldhäuser auf seine Sanktionsliste. Es handelt sich um eine...

DWN
Politik
Politik 100 Tage schwarz-rote Koalition: SPD kritisiert Union
13.08.2025

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch fordert 100 Tage nach dem Start der schwarz-roten Koalition, Probleme in der Zusammenarbeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Perplexity AI will Chrome übernehmen: KI-Suchmaschine bietet Milliarden
13.08.2025

Ein KI-Start-up wagt den Angriff auf Google: Perplexity AI will mit seiner KI-Suchmaschine den Chrome-Browser für Milliarden übernehmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse: Attraktive Benefits als Alternative zur Gehaltserhöhung
13.08.2025

Smartphone, Kita-Gebühr, Rad oder Deutschlandticket: Mit diesen zehn Gehaltsextras können Beschäftigte Steuern und Abgaben sparen. Wie...