Der stärkste Rückgang der deutschen Importpreise seit mehr als 36 Jahren signalisiert eine weitere Entspannung bei der Inflation. Die Einfuhren verbilligten sich im Juli um durchschnittlich 13,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das sei der stärkste Preisrückgang seit Januar 1987. "Ausschlaggebend für den aktuellen Rückgang ist wie schon in den Vormonaten vor allem ein Basiseffekt durch die hohen Preissteigerungen im Vorjahr aufgrund des Kriegs in der Ukraine." Bereits im Juni (-11,4 Prozent) und im Mai (-9,1 Prozent) hatten sich dadurch die Einfuhren merklich verbilligt. Von Juni auf Juli sanken die Preise um 0,6 Prozent. Hier hatten Ökonomen eine Stagnation erwartet.
"Der Inflationsschub von außen nimmt also deutlich ab, was auch für einen weiteren Rückgang der Inflationsrate spricht", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. "Allerdings hat gleichzeitig der interne Preisdruck unter anderem durch den starken Anstieg der Löhne zugenommen, so dass das Inflationsproblem noch lange nicht gelöst ist." Da die deutsche Wirtschaft viele Vorprodukte und Rohstoffe aus dem Ausland bezieht, kommen sinkende Einfuhrpreise verzögert auch bei der allgemeinen Inflation an. Die Lebenshaltungskosten dürften im August um 6,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen sein und damit langsamer als im Juli mit 6,2 Prozent, sagten Ökonomen voraus. Das Statistikamt will am Nachmittag eine erste Schätzung veröffentlichen.
NAHRUNGSMITTEL KOSTEN MEHR
Im Juli fielen die Energieeinfuhren um 47,4 Prozent günstiger aus als ein Jahr zuvor. Ein Grund dafür sind sinkende Preise für importiertes Erdgas: minus 58,7 Prozent. Erheblich günstiger waren zudem Strom (-75,4 Prozent), Steinkohle (-63,7), Mineralölerzeugnisse (-31,4) sowie Erdöl (-33,0). "Der deutliche Rückgang der Importpreise ist zu einem großen Teil darauf zurückzuführen, dass viele Güter vor einem Jahr – also relativ kurz nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs – knapp waren und sich deshalb vorübergehend merklich verteuert hatten", sagte Solveen. "Inzwischen haben sich die Preise zumindest teilweise normalisiert."
Die Preise für importierte Konsumgüter zogen dagegen um 1,2 Prozent an. Mehr bezahlt werden musste auch für Nahrungsmittel aus dem Ausland: Hier lag der Aufschlag bei 3,9 Prozent. Besonders stark zogen die Preise für Obst- und Gemüseerzeugnisse (+8,8 Prozent), Getränke (+6,1 Prozent) sowie für Fleisch und Fleischerzeugnisse (+5,6 Prozent) an. Dagegen waren Milch und Milcherzeugnisse 11,5 Prozent preiswerter als vor einem Jahr. Teurer waren Kraftwagen und Kraftwagenteile (+4,9 Prozent) sowie Maschinen (+3,6 Prozent), während sich Vorleistungsgüter um 9,5 Prozent verbilligten - darunter Düngemittel sowie Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen. (Reuters)