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Der Riss in der Mitte Europas

Nach der Eurokrise, die die zum Teil erheblichen ökonomischen Unterschiede zwischen Nord und Süd in Europa zutage brachte, ist ein weiterer Riss offenbar geworden. Ein Riss, der weit tiefer geht und viel weitreichendere Unterschiede offenlegt. Es ist der Riss zwischen Ost und West.
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18.09.2023 15:07
Aktualisiert: 18.09.2023 15:07
Lesezeit: 2 min
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Der Riss in der Mitte Europas
In der Rolle des politischen Führers scheinen sich sowohl Frankreich als auch Deutschland zu gefallen. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Der ursprünglich aus einer polnischen Adelsfamilie stammende Sicherheitsberater des US-Präsidenten Carter, Zbigniew Brzezinski, hatte einmal halb spöttisch, halb ernsthaft gemeint, dass die europäischen Führungsmächte Frankreich und Deutschland die Länder sind, die bis zuletzt an der Idee eines sich immer weiter integrierenden Europas festhalten werden: Frankreich deshalb, weil es dann als politischer Sprecher Europas agieren und so die Illusion aufrechterhalten könne, immer noch Großmacht zu sein und Deutschland deshalb, „weil es in Europa Erlösung sucht“. So hatten beide Länder – aus unterschiedlichen Motiven – gute Gründe, den Weg einer immer weiter voranschreitenden Integration zu gehen.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt kommen den meisten Osteuropäern erhebliche Zweifel. Die im Kommunismus aufgewachsenen Menschen Osteuropas haben ein feines Gehör. Missklänge, falschen Pathos, allzu vollmundige Ankündigungen hören sie sofort heraus. Das Gerede vom historischen Materialismus, dessen Vollendung den Sozialismus zur zwangsläufigen Folge habe, ist ihnen noch geläufig. An die Zwangsläufigkeit von historischen Entwicklungen haben sie schon zu Zeiten des Kommunismus nicht geglaubt – und sie tun es auch heute nicht.

Selbstbewusstsein im Osten

Diese Länder brachten auch zum Teil ein nicht unerhebliches Selbstbewusstsein ein. Polen, das mit dem Aufkommen der Bewegung Solidarnoscz, der ersten freien Gewerkschaft im realsozialistischen Block, einen ganz wesentlichen Beitrag zur Überwindung des Kommunismus in Europa geleistet hatte, hatte sich früh zum Ziel gesetzt, selbst Politik in der EU mitgestalten zu wollen, wie Roderick Parkes im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten darlegt. Der Brite Parkes war von 2012 bis 2015 beim Think-Tank PISM (Polish Institute für International Affairs) beschäftigt und hatte in dieser Zeit den polnischen Premier Donald Tusk in europapolitischen Fragen beraten.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das westlich-liberale Modell in Europa an Anziehungskraft verliert. Als in den migrantisch geprägten Banlieues von Paris die Barrikaden brannten, wusste der Ministerpräsident von Polen – einem Land, dessen Bevölkerung zu 98 Prozent ethnisch homogen ist – seine Landsleute hinter sich, als er sagte, dass er solche Bilder in Polen nicht sehen wolle - und vermutlich auch nicht wird. Der entstandene Riss zwischen diesen Vorstellungen dürfte schwer zu kitten sein. Wenn überhaupt. Und was dann?


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