Wirtschaft

Deutsche Erzeugerpreise fallen in Rekordtempo

Die deutschen Erzeugerpreise lagen im August 12,6 Prozent niedriger als noch ein Jahr zuvor, als die Energiepreise durch die Decke gingen. Ist die Inflation gezähmt?
20.09.2023 10:01
Aktualisiert: 20.09.2023 10:01
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die deutschen Erzeugerpreise sind im August in Rekordgeschwindigkeit gefallen. Die Produzenten gewerblicher Produkte - von Benzin bis Zucker - verlangten durchschnittlich 12,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. "Das war der stärkste Rückgang der Erzeugerpreise gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949", hieß es dazu.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang in dieser Höhe gerechnet, nachdem es im Juli bereits ein Minus von 6,0 Prozent gegeben hatte. Von Juli auf August zogen die Produzentenpreise dagegen an, und zwar um 0,3 Prozent.

"Die Entwicklung ist insbesondere auf einen Basiseffekt aufgrund des sehr hohen Preisniveaus im Vorjahr zurückzuführen", erklärten die Statistiker. Im August 2022 waren die Erzeugerpreise infolge des Kriegs in der Ukraine mit 45,8 Prozent so stark gestiegen wie noch nie. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt - also bevor die Erzeugnisse weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie lassen damit frühzeitig Rückschlüsse auf die Entwicklung der Verbraucherpreise zu. Diese ebben zwar seit einiger Zeit tendenziell ab. Dennoch liegt die Inflationsrate in Deutschland derzeit mit 6,1 Prozent immer noch sehr hoch.

"Der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen lässt deutlich nach", kommentierte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger, die Entwicklung. "Die Preisüberwälzungswelle dürfte weiter an Kraft verlieren." Für die Entwicklung der Inflation seien das gute Nachrichten, doch könnte sich der jüngste Anstieg der Rohölpreise kurzzeitig als Spielverderber erweisen.

Gedämpft wurden die Erzeugerpreise vor allem durch günstigere Energie, die im August 31,9 Prozent weniger kostete als im Vorjahresmonat. Sie hatte sich nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 massiv verteuert. Die Preise für Strom sanken diesmal binnen Jahresfrist um 43,2 Prozent. Mineralölerzeugnisse waren um 8,7 Prozent billiger zu haben. Leichtes Heizöl kostete 24,0 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, Kraftstoffe wie Benzin verbilligten sich um 3,0 Prozent.

Nahrungsmittel kosteten dagegen 7,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders stark stiegen die Preise für Zucker (+87,2 Prozent). Verarbeitete Kartoffeln kostete knapp ein Drittel mehr. Obst- und Gemüseerzeugnisse waren 17,8 Prozent teurer als ein Jahr zuvor.

Ökonomen zum Rekordrückgang der deutschen Erzeugerpreise

ELMAR VÖLKER, LBBW:

"Die Zahlen bieten ein sehr stark gespaltenes Bild - je nachdem, ob man auf die Vorjahres- oder auf die Vormonatsveränderungsrate schaut. Der rekordstarke Einbruch gegenüber dem Vorjahr resultiert aus gigantischen Basiseffekten aufgrund eines massiven Preisaufwärtsschubs im August 2022. Im Monatsvergleich sind die Produzentenpreise erstmals nach zuvor drei Rückgängen in Folge angestiegen, wenn auch moderat.

Der abnehmende Preisdruck im Vorjahresvergleich nährt einerseits die Hoffnung, dass sich die Inflation auch auf Konsumentenebene in den kommenden Monaten weiter abschwächt. Andererseits mahnt der Aufwärtshaken im Vormonatsvergleich, den Kampf gegen die hohe Inflation nicht voreilig für gewonnen zu erklären. Dies gilt zumal mit Blick auf den jüngsten neuerlichen Anstieg der Ölpreise, welcher Aufwärtsrisiken für die kommenden Monate andeutet."

ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

"Der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen lässt deutlich nach. Die Preisüberwälzungswelle dürfte weiter an Kraft verlieren. Für Gesamt- und Kerninflation sind das gute Nachrichten, und damit auch für die EZB. Der jüngste Rohölpreisanstieg könnte sich kurzzeitig aber als Spielverderber erweisen." (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...

DWN
Panorama
Panorama Frost, Dürre, steigende Kosten: Weihnachtsbäume werden teurer
13.09.2025

Weihnachtsbäume stehen schon jetzt im Fokus: Frost, Trockenheit und steigende Kosten setzen Tannenbaumproduzenten unter Druck. Zwar gibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tariftreuegesetz: Schutz vor Lohndumping – oder Gefahr für den Mittelstand?
13.09.2025

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll faire Bedingungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass vor...