Politik

Europäische Wirtschaft von EU-USA-Gipfel enttäuscht

Unternehmen in der EU hatten sich vom jüngsten EU-USA-Gipfel ein Ende langer Handelsstreitigkeiten erhofft. Das Ergebnis ist allerdings für viele ernüchternd. Droht im kommenden Jahr eine Eskalation?
21.10.2023 17:18
Aktualisiert: 21.10.2023 17:18
Lesezeit: 2 min

Spitzenvertreter der europäischen Wirtschaft haben sich mit den Ergebnissen des EU-USA-Gipfels in Washington unzufrieden gezeigt. Es sei enttäuschend, dass für Probleme mit dem Handel von wichtigen Mineralien, Stahl und Aluminium keine dauerhaften Lösungen gefunden worden seien, erklärte der Präsident des Wirtschaftsverbands BusinessEurope, Fredrik Persson, am Samstag. Ähnlich äußerte sich der Präsident der deutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl, Bernhard Osburg. „Wir bedauern, dass hier eine große Chance verpasst wurde.“

Der deutsche Autoindustrieverband VDA sprach von einem falschen Signal in unsicheren Zeiten. „Es gilt mehr denn je – auch in der Wirtschaftspolitik – auf gemeinsame Stärke zu bauen, um die globalen Herausforderungen zu meistern. Wir erwarten die schnellstmögliche Rückkehr an den Verhandlungstisch“, kritisierte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Auf dem Gipfeltreffen am Freitagabend war nicht wie erhofft eine Beilegung schwerer Handelskonflikte verkündet worden. US-Präsident Joe Biden, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel einigten sich lediglich darauf, die Verhandlungen fortzuführen.

Mit Blick auf ein geplantes Abkommen über Handelserleichterungen für Mineralien zur Herstellung von Fahrzeugbatterien heißt es in der Abschlusserklärung vage, man habe Fortschritte gemacht und freue sich darauf, in den kommenden Wochen voranzukommen. Ebenso schwammig ist eine Formulierung zum Streit über US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Bei dem diesem Thema soll es demnach in den kommenden zwei Monaten „weitere Fortschritte“ geben.

Vor allem für Unternehmen in der EU ist eine Einigung in den beiden Bereichen wichtig. So soll das geplante Abkommen über Handelserleichterungen für Mineralien sicherstellen, dass EU-Unternehmen nicht wegen eines neuen US-Subventionsprogramms aus Autozulieferketten ausgeschlossen werden.

Diese Gefahr besteht, weil neue Steuervergünstigungen für saubere Fahrzeuge in den USA vorsehen, dass die Subventionen nur unter bestimmten Bedingungen in vollem Umfang in Anspruch genommen werden können. Eine lautet, dass die Batterien der Fahrzeuge mit Mineralien aus Nordamerika produziert wurden oder diese aus einem Land kommen, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen oder ein Abkommen über wichtige Mineralien abgeschlossen haben.

Zölle auf Whiskey und Jeans?

In dem anderen Streit geht es um 2018 vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump eingeführte Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Ihre Wirkung wurde 2021 durch einen vorläufigen Deal zwischen Brüssel und Washington stark eingeschränkt. Dieser sieht allerdings auch vor, dass bis 2024 eine langfristige Lösung gefunden werden soll.

Sollte dies nicht gelingen, könnten 2024 wieder auf alle europäischen Stahl- und Aluminiumexporte in die USA Sonderzölle fällig werden. Die EU dürfte dann wieder ihre Sonderzölle auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Jeans einführen. Diese waren als Vergeltungsmaßnahme für die von Trump eingeführten Zölle erlassen worden.

Als Grund für das Scheitern der Verhandlungen auf dem Gipfel am Freitag wurde in Brüssel ein unzureichendes Entgegenkommen der USA genannt. Für den Streit über die Sonderzölle wollten die USA demnach nur Lösungen akzeptieren, die nicht im Einklang mit Regeln der Welthandelsorganisation WTO stehen. In den Verhandlungen über das Abkommen über wichtige Mineralien soll Washington zudem unter anderem darauf bestanden haben, dass zunächst nur eine vergleichsweise geringe Anzahl von Rohstoffen einbezogen wird. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

 

DWN
Politik
Politik Wahlsieger Merz: Trotz Wermutstropfen Rambo-Zambo
23.02.2025

Der CDU-Chef bringt den Vorsprung aus den Umfragen ins Ziel: Die Union gewinnt die Bundestagswahl. Doch ein wichtiges selbstgestecktes Ziel...

DWN
Politik
Politik Historisches Debakel für die SPD: Scholz' Tage sind gezählt
23.02.2025

Trotz Widerstands innerhalb seiner Partei wollte er es noch einmal versuchen – und ist kläglich gescheitert. Die kürzeste Amtszeit...

DWN
Politik
Politik Erwartungen verfehlt: FDP erleidet mit Lindner herbe Wahlniederlage
23.02.2025

Die FDP bleibt unter den eigenen Erwartungen und hat sich von der Krise in der Ampel-Koalition nicht erholt. Parteichef Lindner und seine...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: Union gewinnt vor AfD, Fiasko für die SPD - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...