Politik

Argentinien: Libertärer Kandidat Milei erreicht Stichwahl

Wirtschaftsminister Sergio Massa hat die erste Runde der Parlamentswahlen in Argentinien gewonnen. Nun kommt es zur Stichwahl zwischen ihm und dem Libertären Javier Milei.
23.10.2023 12:16
Aktualisiert: 23.10.2023 12:16
Lesezeit: 2 min

In Argentinien entscheidet eine Stichwahl im November über das künftige Staatsoberhaupt. Der Peronist und Wirtschaftsminister Sergio Massa gewann überraschend die erste Runde der Präsidentenwahl am Sonntag vor dem ultrarechten und populistischen Ökonom Javier Milei. Massa lag nach Auszählung von fast 98 Prozent der Stimmen mit 36,6 Prozent vor Milei mit knapp über 30 Prozent. Die Konservative Patricia Bullrich kam auf 23,8 Prozent und ist damit aus dem Rennen.

Bei der Stichwahl am 19. November treten Massa und Milei mit zwei gegensätzlichen Wirtschaftsmodellen für das Land an, das unter der stärksten ökonomischen Krise seit zwei Jahrzehnten leidet. Der neue Präsident übernimmt im Dezember das Amt - vor dem Hintergrund einer dreistelligen Inflation, steigender Armut und einer Währung im freien Fall.

„Ich weiß, dass viele derjenigen, die für uns gestimmt haben, diejenigen sind, die am meisten leiden“, sagte der 51-jährige Massa. „Unser Land befindet sich in einer komplexen, schwierigen Situation voller Herausforderungen.“ Er werde dies angehen und die Menschen nicht im Stich lassen.

Mit Massa und Milei treffen vor allem grundverschiedene Konzepte auf einander, wie die schwächelnde Wirtschaft auf Kurs gebracht und umstrukturiert werden sollte. Massa will das wachsende Haushaltsloch der Regierung in den Griff bekommen und die Reserven der Notenbank stärken. Der Minister steht für eine finanzmarktfreundlichere Variante des sogenannten Peronismus. Dies ist eine politische Strömung in Anlehnung an den früheren Präsidenten Juan Peron, die seit Jahrzehnten - abgewandelt - Argentiniens politische Landschaft dominiert. Massa pflegt auch Kontakte zu ausländischen Geschäftsleuten und zur US-Regierung.

Der ehemalige Rock-Musiker Milei hat im Wahlkampf dafür geworben, die Zentralbank zu schließen und die Wirtschaft auf den Dollar umzustellen, um die massive Inflation zu senken. Der 53-jährige Ökonom will bei einigen Strukturen des Staates die Kettensäge anlegen und hat das entsprechende Werkzeug dazu bei Kundgebungen mitgebracht.

„Er hat es geschafft, etwas wiederherzustellen, was in der argentinischen Politik verloren gegangen ist, nämlich dass er Hoffnung verbreitet“, sagte vor kurzem Juan Luis Gonzalez, ein argentinischer Journalist, der ein Buch über Milei geschrieben hat - mit dem Titel „El Loco“ („Der Verrückte“). Milei selbst betonte nach der ersten Runde, er wolle weiterkämpfen, um in der Stichwahl zu siegen. „Wir stehen vor der wichtigsten Wahl der letzten 100 Jahre“, sagte er. „Wenn wir zusammenarbeiten, können wir gewinnen, wenn wir zusammenarbeiten, können wir unser Land wieder aufbauen.“

Für einen klaren Sieg am Sonntag hätte ein Kandidat mehr als 45 Prozent der Stimmen benötigt oder 40 Prozent und einen Vorsprung von zehn Prozentpunkten. Die Wahlbeteiligung lag den Behörden zufolge bei rund 74 Prozent und damit unter den 81 Prozent beim vorigen Urnengang. Die Argentinierinnen und Argentinier wählten auch 130 der 257 Sitze im Abgeordnetenhaus und 24 Senatoren des Oberhauses mit 72 Mitgliedern.

Die nach Brasilien zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas ist ein wichtiger Exporteur von Soja, Mais sowie Rindfleisch und verfügt über große Lithium- und Schiefergasvorkommen. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...