Unternehmen

Habeck gegen Deutsche Post: Briefmarkt wird reformiert – und gleichzeitig verlangsamt

Das Wirtschaftsministerium knöpft sich die Deutsche Post vor und fordert mehr Wettbewerb und mehr Kompetenzen für die Netzagentur. Dafür soll es auch neue Möglichkeiten zur Sanktionierung – etwa mit Bußgeldern – geben. Die Deutsche Post reagiert verschnupft.
25.11.2023 18:07
Aktualisiert: 25.11.2023 18:07
Lesezeit: 3 min

Die Deutsche Post soll mehr Zeit für die Zustellung von Briefen erhalten, zugleich sollen diese die Verbraucher aber zuverlässiger erreichen. Dies geht aus einem am Freitag vorgelegten Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für ein neues Postgesetz hervor, der auch auf mehr Wettbewerb und auf neue Kompetenzen für die Bundesnetzagentur setzt. Die Pläne dürften damit auch deutliche Auswirkungen auf den Marktführer Deutsche Post haben. Denn der Regulierer soll künftig etwa auch effektiver gegen „wettbewerbswidrige Preissetzungen“ vorgehen können.

Wettbewerber der Post hatten dem Konzern im Großkundengeschäft immer wieder Preisdumping vorgeworfen. Auch bei der Festlegung des Briefportos durch die Netzagentur soll es neue Regeln geben - so soll es eine Art Preisdeckel geben. Über die Grenze von maximal einem Euro solle das Porto für den Standardbrief bei der nächsten Runde 2025 nicht steigen können, hieß es in Kreisen des Wirtschaftsministeriums. Aktuell kostet das Massenprodukt 85 Cent. Die Novelle soll nach den Plänen des Ministeriums noch in diesem Jahr im Kabinett verabschiedet werden.

„Wettbewerb mit Brechstange“

„Wettbewerb in einem schrumpfenden Briefmarkt mit der Brechstange durchsetzen zu wollen, hat sich in keinem anderen EU-Staat bewährt, sondern im Gegenteil zu höheren Preisen, schlechterer Qualität und schlechteren Arbeitsbedingungen geführt, warnte die Post, die in Deutschland die Verbraucher mit dem sogenannten Universaldienst flächendeckend mit Briefen versorgt. Der Entwurf des Ministeriums sei komplex und weite die Regulierung im Postsektor deutlich aus. „Wir können daher noch nicht bewerten, ob der Entwurf die Voraussetzung für einen wirtschaftlich tragfähigen postalischen Universaldienst bietet“, warnte der Bonner Konzern.

Die Brieflaufzeiten sollten „angemessen verlängert“ werden, schlägt das Ministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck weiter vor – und gleichzeitig solle die Zuverlässigkeit der Zustellung erhöht werden. Aktuell müssen mindestens 80 Prozent der Briefsendungen in Deutschland am folgenden Werktag ausgeliefert werden, 95 Prozent müssen nach zwei Werktagen beim Empfänger ankommen. Das soll sich nach den Plänen ändern. Künftig sollen Standardbriefsendungen zu 95 Prozent am dritten Werktag nach Einwurf und zu 99 Prozent am vierten Werktag den Empfänger erreichen. Damit könnte die Post in Zukunft auch auf Nachtflüge in der Briefzustellung verzichten - denn nur so ließen sich die bisherigen Ziele erreichen. Bei längeren Brief-Fristen wären die Flüge nicht mehr nötig. Denkbar sind anhand der neuen Vorschläge Modelle, nach denen Verbraucher für eine garantiert schnelle Zustellung am nächsten Tag mehr zahlen. Überlegungen für teurere Express-Briefe hatte die Post bereits ins Spiel gebracht.

Sanktionen werden angedroht

Um den Wettbewerb im deutschen Briefmarkt zu sichern, will das Ministerium der Bundesnetzagentur neue Möglichkeiten zur Sanktionierung – etwa mit Bußgeldern – geben. Beim Briefporto will das Ministerium das bisherige Verfahren beibehalten, bei dem die Bundesnetzagentur der Post bei Privatkunden die Preise genehmigen muss. Details sollen sich aber ändern. Der Universaldienst soll der Post so angemessene Gewinne bringen, damit sie investieren kann. Der Entwurf des Ministeriums enthält Insidern zufolge aber auch Klauseln, die faktisch für einen Preisdeckel sorgen und übermäßige Erhöhungen verhindern sollen. Die Post kann ab 2025 wieder ein höheres Porto beantragen. Im Wettbewerb mit Konkurrenten muss sich die Post zudem darauf einstellen, dass Rabatte für Geschäftskunden schwieriger werden. Denn die Kosten für Konzerne sollen nicht deutlich sinken, wenn die Kosten für die Verbraucher beim Porto gleichzeitig steigen.

Die Post ist Platzhirsch im deutschen Briefmarkt und beschäftigt in ihrem Brief- und Paketgeschäft in Deutschland rund 192.000 Menschen. Doch die Briefmengen sinken. Der Bonner Konzern hatte in den ersten neun Monaten im Brief- und Paketgeschäft in Deutschland bei einem stagnierenden Umsatz und schrumpfenden Briefmengen einen Gewinneinbruch verbucht. Den Löwenanteil seiner Gewinne fährt er aber längst abseits des deutschen Briefgeschäfts ein.

Post-Chef Tobias Meyer kämpft mit den Folgen sinkender Briefmengen, steigenden Kosten etwa für Personal oder Energie sowie anstehender Investitionen für den grünen Umbau des Geschäfts. Die Post hatte bereits erfolglos versucht, das Briefporto vorzeitig zu erhöhen – dem hatte die Bundesnetzagentur zum Ärger Meyers aber einen Riegel vorgeschoben. 2025 kann Meyer nun einen neuen Anlauf nehmen. Die Post hatte gewarnt, dass sie den Universaldienst auf den Prüfstand stellen könnte, wenn sie im Briefgeschäft nicht ausreichend verdient, um die Investitionskosten decken zu können.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Panorama
Panorama Iranische Atomanlagen: Wie stark die US-Angriffe wirklich trafen
26.06.2025

Nach dem massiven Luftangriff der USA auf Irans Atomanlagen überschlagen sich die Einschätzungen. Präsident Trump spricht von völliger...

DWN
Politik
Politik Bundestag beschließt Anreize für Firmeninvestitionen
26.06.2025

Investitionen gelten als Schlüssel zur wirtschaftlichen Erholung. Mit neuen Abschreibungsregeln und geplanten Steuersenkungen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Angriffe auf Iran: Droht ein neues Gasloch wie bei Russland?
26.06.2025

US-Luftangriffe auf den Iran setzen neue Dynamik im globalen Energiemarkt frei. Droht Europa nach dem russischen Gas-Schock der nächste...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Der Vertrauensbruch
26.06.2025

Die Ampel hatte versprochen, alle Bürger bei der Stromsteuer zu entlasten. Jetzt will Kanzler Merz nur die Industrie begünstigen – und...

DWN
Technologie
Technologie Digitalgesetz DMA: Start-ups warnen vor EU-Zugeständnissen an USA
26.06.2025

Hohe Zölle, harsche Kritik aus Washington, wachsende Nervosität bei jungen Tech-Firmen: Im transatlantischen Zollkonflikt droht Brüssel,...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Bundestag plant Verlängerung bis Ende 2029
26.06.2025

Die Mietpreisbremse soll weitere vier Jahre gelten – doch sie ist umstritten wie eh und je. Während der Eigentümerverband sie für...

DWN
Politik
Politik Autoverbot: Berlin bald autofrei? Erfolg für Volksbegehren
26.06.2025

Die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ kann ihr Gesetzesvorhaben für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt weiter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strompreise: Deutschland hat die fünfthöchsten der Welt
26.06.2025

Strom in Deutschland ist immer noch sehr teuer. Mit durchschnittlich 38 Cent pro Kilowattstunde rangieren die deutschen Strompreise...