Immobilien

Immobilienkauf im Durchschnitt immer noch teurer als explodierender Mietmarkt

Mieten in ganz Deutschland sind auf ein Rekordhoch gestiegen und gleichzeitig sind Kaufpreise für Wohnimmobilien weiter gesunken. Laut einer Untersuchung lohnt sich der Immobilienkauf für Normalverdiener trotzdem immer noch nicht. Was sind die Gründe?
01.12.2023 12:47
Lesezeit: 3 min
Immobilienkauf im Durchschnitt immer noch teurer als explodierender Mietmarkt
Immobilienkäufer halten sich fern vom Markt trotz eines Rekordrückgangs in Kaufpreisen im zweiten Quartal des Jahres. (Foto: dpa) Foto: Makhbubakhon Ismatova

Obwohl Immobilienpreise in Deutschland im zweiten Quartal des Jahres drastisch gesunken sind, ist der Immobilienkauf im Durchschnitt immer noch deutlich teurer als das Mieten.

Laut einer jüngsten Studie zum Bausektor des Kreditversicherers Allianz Trade befinden sich Immobilienpreise derzeit auf einem Rekordtief, nach einem Rekordrückgang von -9,9 Prozent im zweiten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahr. Preise scheinen sich seitdem jedoch stabilisiert zu haben, so die Kreditversicherungsgruppe.

Trotz gesunkener Immobilienpreise Preise können sich viele Menschen aktuell den Wohnungs- oder Hauskauf nicht leisten, haupsächlich wegen den hohen Zinsen, so Jasmin Gröschl, Senior Volkswirtin bei Allianz Trade. „Das ist ein echtes Dilemma. Die Mieten sind explodiert, der Kauf scheint durch die hohen Kreditzinsen keine realistische Alternative zu sein, und eine Normalisierung ist kaum abzusehen - auch nicht durch vereinfachte Baugenehmigungen.“

Hintergrund: Explodierende Mieten

Laut Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, hat insbesondere die Inflation den Druck auf den Wohnungsbestand erhöht, mit dem Resultat das Mieten in ganz Deutschland dieses Jahr in Rekordhöhe gestiegen sind.

Aktuelle Statista-Daten zeigen, dass zum Beispiel in Berlin Mieten für Wohnungen im zweiten Quartal diesen Jahres um rund 20 Prozent angestiegen sind verglichen zum Vorjahr. Angebotsmieten in der Bundeshauptstadt lagen in dieser Zeit bei durchschnittlich etwa 13,23 Euro pro Quadratmeter verglichen mit 11,02 Euro pro Quadratmeter im zweiten Quartal vor einem Jahr.

Präsident des Deutscher Mieterbundes Lukas Siebenkotten sagte vor Kurzem in einem Interview mit den DWN, die Politik müsse mit „voller Wucht“ in den Wohnungsbau investieren um der Krise auf dem Mietmarkt entgegenzuwirken und somit auch der Bauindustrie aus der Krise zu helfen. Zweitens muss unbedingt sichergestellt werden, dass neuen Mietwohnungen bezahlbar sind und auch bezahlbar bleiben werden.

Kauf immer noch deutlich teurer, auch bei noch höheren Mieten

Die Allianz Trade-Studie hat die durchschnittliche monatliche Kreditbelastung eines privaten Haushalts für den Immobilienerwerb im Vergleich zu den durchschnittlichen Monatsmieten privater Haushalte in Deutschland zwischen 2011 und 2023 berechnet. Laut Ergebnissen ist der Immobilienerwerb im Durchschnitt immer noch deutlich teurer als das Mieten.

„Selbst wenn die Mieten auf der Grundlage des Niveaus von 2023 auf die gesetzliche Höchstgrenze von 20 Prozent steigen würden, würde die Differenz zwischen einer durchschnittlichen monatlichen Kreditbelastung und einer durchschnittlichen monatlichen Miete immer noch 381 Euro betragen“, so Gröschl. Erst wenn zusätzlich zu den Mietpreissteigerungen die Immobilienpreise um 20 Prozent gegenüber dem Jahr 2022 sinken würden - und damit um weitere 10 Prozent gegenüber dem derzeitigen Niveau - oder wenn stattdessen die Hypothekenzinsen zusätzlich zur Mieterhöhung auf 1,78 Prozent sinken würden, würde sich der Hauskauf im Vergleich zur Miete lohnen.

Bauzinsen liegen derzeit bei rund vier plus Prozent, ungefähr auf demselben Niveau wie vor einem Jahr, mit leichten Schwankungen zwischendurch.

Baubranche im Tief: Keine schnellen Lösungen in Blick

Insolvenzen im deutschen Bau- und Immobiliengewerbe sind deutlich gestiegen, so die Studien-Autoren weiter. Im Jahr 2022 um acht Prozent und bis August 2023 um 20 Prozent im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen. In Deutschland war die Baubranche einer der Haupttreiber des nationalen Insolvenzgeschehens: Die Bau- und Immobiliengewerbebranchen machten im vergangenen Jahr über ein Fünftel (21 Prozent) aller Insolvenzen in Deutschland aus.

Bogaerts wies darauf hin, dass viele Bauprojekte mit höheren Zinsen und Materialkosten auf Eis lagen, mit sichtbaren Folgen für Projektentwickler, Bauunternehmen und vor allem für den Wohnungsmarkt.

„Im Jahr 2023 fehlen schätzungsweise 700.000 Wohnungen. Bezahlbarer Wohnraum ist schon seit Jahren knapp, die aktuelle Situation dürfte dies noch weiter verschärfen“, sagte er. Gleichzeitig haben Inflation und steigende Zinsen die Neubauvorhaben jäh ausgebremst, weil der Wohnungsbau dadurch noch teurer geworden ist. So hat es fast ein Drittel weniger Baugenehmigungen für Wohnungen (-32 Prozent) im August gegeben im Vergleich zum Vorjahr (August 2022) und sogar 38 Prozent weniger bei allen Gebäudearten.

Ein kleines positives Zeichen für die Baubranche und damit für die Immobilienbranche waren die zuletzt leicht gesunkenen Materialkosten, doch Lohnkosten und Fachkräftemangel bereiteten der Branche weitere Sorgen, so Bogaerts.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...