Politik

Warum die Deutsche Wirtschaft ein Comeback Donald Trumps als Präsident fürchtet

Lesezeit: 2 min
28.12.2023 11:23  Aktualisiert: 28.12.2023 11:23
Es ist der sprichwörtliche Blick des Kaninchens auf die Schlange. Deutschland diskutiert das neue Jahr, hofft auf ein Ende des Ukraine-Krieges, befürchtet allerdings, dass es noch viel schlimmer kommen könnte - falls Donald Trump als US-Präsident ins Weiße Haus zurückkehren sollte. Auch die sonst so nüchterne deutsche Wirtschaft hält das Szenario für nicht unmöglich und sorgt sich.
Warum die Deutsche Wirtschaft ein Comeback Donald Trumps als Präsident fürchtet
So wie man ihn kennt: Donald Trump und sein verschmitzter Ausblick auf das Jahr 2024. Gut möglich, dass er noch einmal Präsident der USA wird. (Foto: dpa)

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In der deutschen Wirtschaft wächst die Sorge vor einer erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im kommenden Jahr. „Eine zweite Trump-Amtszeit wäre eine schlechte Nachricht", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, in einem Interview. „Ein Präsident, der den Klimawandel negiert und die Ukraine-Unterstützung infrage stellt, würde nicht nur Europa vor große Probleme stellen." Für Spekulationen zum Wahlausgang sei es zwar viel zu früh. Aber auf mögliche Szenarien sollte sich die deutsche Industrie dennoch einstellen.

BDI-Präsident sieht auch Bidens Amtszeit kritisch

Trump werden in Umfragen gute Chancen eingeräumt, seinen Nachfolger und Amtsinhaber Joe Biden bei der Wahl im Herbst 2024 zu schlagen. Sollte der Republikaner tatsächlich gewinnen, sieht Außenhandelspräsident Dirk Jandura „schwere Zeiten" auf Deutschland und Europa in der Handelspolitik zukommen. „Trump würde mit großer Wahrscheinlichkeit an seine America-first-Politik aus der ersten Amtszeit anknüpfen", sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). „In dessen Folge würde er die EU wieder als vermeintlich größten Widersacher nach China ins Visier nehmen." Zudem sei zu befürchten, dass sich die USA dann weiter aus internationalen Gremien zurückziehen könnten. Im schlimmsten Fall könnten die Vereinigten Staaten aus der Welthandelsorganisation WTO austreten und damit das Ende des weltweit regelbasierten Handels einläuten. „Ich hoffe, dass es anders kommt", sagte Jandura.

Die USA sind mit Abstand der größte Abnehmer von Waren „Made in Germany": Von Januar bis Oktober 2023 gingen deutsche Produkte im Wert von 132 Milliarden Euro in die USA, zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Als „beunruhigend" bezeichnete BDI-Präsident Russwurm vor diesem Hintergrund jüngste Vorschläge aus dem Trump-Lager. „Die Idee eines Zehn-Prozent-Zolls auf alle US-Importe würde eine Kaskade von negativen Effekten auslösen", warnte er. Es käme sofort zu Gegenmaßnahmen der Handelspartner, was eine Spirale von protektionistischen Maßnahmen in Gang setzen würde, die auch Preise für US-Konsumenten deutlich erhöhen und die Inflation in den USA anheizen würden.

Die Familienunternehmer und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) fordern daher, jetzt Handelsabkommen voranzutreiben. „Diversifizierung der Risiken ist immer ein gutes Mittel, um mit erkennbaren Risiken umzugehen", sagte die Präsidentin der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann. Sowohl die amtierende Regierung als auch ihre Vorgängerin hätten sich zu wenig in der EU für eine erfolgreiche Handelspolitik mit entsprechenden Abkommen eingesetzt. Eine kluge Handelspolitik bringe immense Wachstumsimpulse durch gegenseitige Anerkennung von Standards und durch den Abbau von Bürokratie und Zöllen.

Drohende Diskriminierung bei Lieferketten

„Die EU und USA sollten sich rasch auf ein Rohstoffabkommen einigen", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. Damit könnte die Diskriminierung europäischer Unternehmen bei Förderprogrammen des Inflation Reduction Acts (IRA) in den USA reduziert und eine Wiedereinführung der gegenseitigen Stahlzölle verhindern werden. Zugleich sollte die Europäische Union mit Hochdruck die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Binnenmarkts verbessern sowie die Diversifizierung der Lieferketten vorantreiben. Dafür seien rasch Handelsabkommen wie mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten sowie Indonesien und Indien nötig, „um dort Handelshemmnisse abzubauen und Handel wie Investitionen abzusichern", sagte Adrian.

DIHK will Handelsabkommen vorantreiben

Trumps erste Amtszeit war geprägt von großer Unsicherheit für Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks: Mit Zöllen auf Stahl und Aluminium und lange aufrecht erhaltenen Drohungen, auch auf Autoimporte Zölle zu erheben - was jedoch nicht umgesetzt wurde. „Auch bei einer zweiten Amtszeit von Joe Biden würden nicht alle Probleme verschwinden, welche die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen derzeit belasten", sagte BDI-Präsident Russwurm. Viele Maßnahmen aus der Trump-Zeit seien unter dem aktuellen US-Präsidenten weitergeführt oder mit Zwischenlösungen nur entschärft, aber nicht endgültig beigelegt worden. Eine aktive Handelspolitik, die auch klassischen Marktzugang für alle Unternehmen umfasst, war bislang keine Priorität von Biden", sagte der BDI-Präsident. „Es ist fraglich, ob sich dies in einer zweiten Amtszeit ändern würde."


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