Wirtschaft

Einbruch der Exporte: Made in Germany weniger gefragt

Die Auslandsnachfrage nach Waren "Made in Germany" nimmt angesichts der mauen Weltwirtschaft überraschend kräftig ab. Die deutschen Exporte sanken im September um 2,4 Prozent zum Vormonat auf 126,5 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten zuvor lediglich mit einem Rückgang von 1,1 Prozent gerechnet.
03.11.2023 13:47
Aktualisiert: 03.11.2023 13:47
Lesezeit: 2 min

Mit einem stärkeren Anstieg der Exporte wird seitens der Branche jedoch erst 2024 gerechnet. „Die Nachfrageschwäche aus dem Ausland angesichts der abgekühlten Weltkonjunktur gepaart mit einer enormen Kosten- und Bürokratiebelastung hierzulande liegt wie Blei auf dem Auslandsgeschäft", sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. Damit setze sich die Talfahrt der vergangenen Monate fort.

Ob eine Erholung zum Jahresende ansteht, könnte sich aus den Zahlen zu den Industrie-Aufträgen ergeben. Für den Monat September stehen diese in der kommenden Woche an. Doch auch auf diesem Feld sind die Erwartungen trübe: Experten rechnen mit einem Minus von 1,3 Prozent, nach einem Anstieg um knapp vier Prozent im August. "Erst wenn die Auftragsbücher wachsen, kann dies mit einiger zeitlicher Verzögerung zu einer höheren Industrieproduktion führen und schließlich in wachsende Exporte münden", sagte Thomas Gitzel, Chefökonom bei der Liechtensteiner VP Bank. Erst die Auftragsentwicklung könne Gewissheit bringen, wie es in den kommenden Monaten weitergeht.

Prognose der Wirtschaftsweisen

Eine Konjunktur-Einschätzung wird am kommenden Mittwoch von den Wirtschaftsweisen erwartet. Die Sachverständigen dürften dabei ihre Prognose nach unten korrigieren, nachdem sie im Frühjahr noch ein Plus beim deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) für dieses Jahr von 0,2 Prozent veranschlagt hatten. Die Bundesregierung selbst geht von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2023 um 0,4 Prozent aus.

"Wir kommen langsamer aus der Krise heraus als gedacht. Erst für das kommende Jahr rechne ich mit einem stärkeren Anstieg unserer Exporte", sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. Vielen Firmen mache die maue Weltwirtschaft zu schaffen. Die in den meisten Industrieländern stark gestiegenen Zinsen verteuern die Finanzierung für den Kauf deutscher Waren deutlich. Auch die anhaltende Immobilienkrise in China und der Krieg in der Ukraine trüben die Aussichten. Mit dem wieder aufgeflammten Nahost-Konflikt kommt ein weiterer Belastungsfaktor hinzu. "Das sorgt für Zurückhaltung bei Kauf- und Investitionsentscheidungen", so Jandura.

Minuszeichen dominieren

Der Abwärtstrend für den Außenhandel habe sich seit Jahresbeginn nahezu ungebrochen fortgesetzt, sagte Jens-Oliver Niklasch, Ökonom bei der LBWW. "Das ist eine etwas beunruhigende Tendenz, zumal wir für den wichtigen Handelspartner USA im kommenden Jahr eine deutliche Wachstumsverlangsamung erwarten."

Die meisten deutschen Exporte gingen auch im September in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden allerdings 4,0 Prozent weniger Waren ausgeführt als im August. Damit sanken die Exporte in die USA auf einen Wert von 12,8 Milliarden Euro. Die Exporte nach China nahmen um 7,3 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro ab. "Dies zeigt schon, dass es in der Volksrepublik wirtschaftlich nicht mehr rund läuft", sagte VP-Experte Gitzel. Und auch in die Euro-Zone wurden 2,4 Prozent weniger Waren geliefert. Die Exporte nach Großbritannien stiegen hingegen um 2,3 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro.

Außerdem brachen die Importe überraschend ein, was auf eine schwächelnde Inlandsnachfrage hindeutet: Sie sanken im September um 1,7 Prozent auf 110,0 Milliarden Euro. Hier hatten Volkswirte mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. Zu dem Rückgang passt auch, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend geschrumpft war. Auch in der Euro-Zone ging es im Sommerquartal abwärts.

Insgesamt schloss die deutsche Außenhandelsbilanz mit einem Überschuss von 16,5 Milliarden Euro ab, nach 17,7 Milliarden Euro im Vormonat. Der Rückgang des Überschusses in der Handelsbilanz bewege sich bislang in überschaubaren Dimensionen, meint LBBW-Experte Niklasch: "Nach wie vor erzielt die deutsche Wirtschaft Monat für Monat hohe Überschüsse, das sollte für die nahe Zukunft Vertrauen schaffen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimagipfel im Stillstand: Welche Beschlüsse Belém wirklich brachte
24.11.2025

Bei der Klimaanpassung und dem Schutz des Regenwaldes wurden zwar frische Finanzzusagen gemacht – doch bei den eigentlichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Frankreichs Schulden bedrohen Europa: Kommt jetzt die Eurokrise zurück?
23.11.2025

Steigende Zinsen, explodierende Schulden, nervöse Märkte: Europa erlebt ein gefährliches Déjà-vu. Immer mehr Experten warnen vor einer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...