Immobilien

So könnte das Bauen neuer Wohnungen spürbar günstiger werden

Lesezeit: 3 min
09.01.2024 13:45  Aktualisiert: 09.01.2024 13:45
Wohnen kostet. Wie teuer es wird, hängt im Einzelfall davon ab, ob man kauft oder mietet, und wie die Ansprüche ausfallen. Besonders beim Neubau sind die Preise extrem hoch. Wer allerdings Abstriche in Kauf nimmt, kann mit Einsparungen rechnen. Diese Erkenntnis wird durch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) untermauert. Schnäppchen sind auch am Neubau gefragt.

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Ob für Mieter oder Käufer: Eine Wohnung zu finden wird immer kostspieliger, besonders dort wo viele Menschen auf wenig Fläche leben wollen – wie in Großstädten. Die Suche nach einer bezahlbaren Bleibe gleicht vielen einem Glücksspiel. Ein größeres Angebot könnte den Wohnungsmarkt merklich entlasten.

Allerdings haben gerade in den letzten Jahren Engpässe bei Baustoffen und Materialien, höhere Handwerker-Rechnungen und Stundenlöhne von Fachkräften, vor allem aber die plötzlich erhöhten Zinsen potenzielle Käufer verschreckt und Mieter, die eigentlich umzugsbereit gewesen wären, paralysiert. Eine von den beiden Wirtschaftswissenschaftlern Christian Oberst und Prof. Michael Voigtländer Anfang des neuen Jahres vorgelegte IW-Studie legt offen, wie sowohl die zuständigen Verwaltungen, verantwortlichen Politiker, freilich aber auch Bauherren selbst die Preise deutlich absenken könnten, um den Markt anzukurbeln. Nach dem bewährtem Motto: Gute Preise, höhere Nachfrage, bessere Stimmung.

Breiter Datensatz erlaubt valide Rückschlüsse

In Prof. Voigtländers Studie wurden die Merkmale von 210,000 Kaufangeboten sowie 365,000 neu gebauten Mietwohnungen am Markt analysiert, die zwischen Januar 2018 und Juli 2023 bundesweit in Immobilienportalen und Zeitungsannoncen inseriert worden sind.

Die erhöhte Aussagekraft dieses umfangreichen Datensatzes der Value AG (früher Empirica Systeme) liegt aus Sicht des Volkswirtes in den umfangreichen Merkmalen und Bestandseigenschaften, die von den Vermietern oder Maklern in puncto Ausstattung und Lage der Objekte bekanntgegeben bzw. veröffentlicht wurden. Angebote, die über ein Jahr unvermeidbar oder unverkäuflich blieben, wurden bei der Auswertung ausgeschlossen.

Nach Einschätzung Voigtländers lassen sich aus den umfänglichen Informationen recht präzise Rückschlüsse ziehen, wie die Qualität der Wohnungen mit Aufschlägen, aber auch mit Preiseinschränkungen verbunden sind.

Drei Prozent sparen bei Verzicht auf Gäste-Toilette

Demnach kosten Wohnungen mit einfacher Ausstattung – zum Beispiel mit günstigerem Bodenbelag – rund 7,5 Prozent weniger Miete und 15 Prozent weniger beim Kauf. Der Verzicht auf einen Keller oder ein Gäste-WC spart nochmal bis zu drei Prozent. Auch Wohnungen in höheren Gebäuden sind in der Regel günstiger – und das nicht nur wegen der höheren Auslastung des Grundstücks, sondern vor allem aus bauwirtschaftlichen Gründen.

Ausgebaute Dachgeschosswohnungen halten die IW-Experten zwar für „eine sinnvolle Erweiterung“, wobei neu gebaute Wohnungen nicht sonderlich kosteneffizient seien. Schon allein die nötige Baustelleneinrichtung, samt Gerüst bis ins Obergeschoss, kostet extra.

Parkplätze vielerorts bereits verzichtbar

Einsparmöglichkeiten gibt es insbesondere beim Parken: Wohnungen ohne Stellplatz sind beim Kauf mehr als acht Prozent günstiger, zur Miete macht der Stellplatz knapp sechs Prozent Preisunterschied aus, zeigen die Daten.

Einen weiteren Hebel bietet der Preis für das Bauland: Würden Kreise und Kommunen hier auf zehn Prozent verzichten, wären Wohnungen immerhin zwei Prozent günstiger, in Städten würde hingegen der Preis um ein Prozent schrumpfen. Der Effekt erscheint zunächst klein, ist aber nicht zu unterschätzen, gerade in teuren städtischen Lagen bei Mehrfamilienhäusern.

Verzicht auf Wohnfläche in Erwägung ziehen

Generell bietet der Verzicht auf Wohnfläche den größten Hebel für geringere Kauf- und Mietpreise. Zwar sind kleine Wohnungen in der Regel mit höheren Quadratmeterpreisen verbunden, führen jedoch absolut zu deutlich geringeren Preisen je Wohneinheit. Dies sind denn auch die Vorzüge von gut durchdachten Neubauten bzw. Eigentumswohnungen. Sie sind zumeist flächenoptimiert, der berühmt berüchtigte Flur ohne richtigen Nutzen fällt weg.

„Wohnen muss wieder günstiger werden, und dafür führt am bezahlbaren Neubau kein Weg vorbei“, sagt IW-Immobilienexperte Prof. Voigtländer. Dass der Neubau sich in einer schwierigen Lage befindet, dazu trügen aber auch die Kommunen selbst bei. Insbesondere die Grunderwerbssteuer belastet beim Bau einer Immobilie alle Beteiligten, Projektentwickler wie Käufer – beim Weiterverkauf sogar gleich mehrfach. Das treibt die Nebenkosten und damit Kauf- und Mietpreise in die Höhe. „Neubauten könnten wie in den Niederlanden oder in Belgien von der Steuer ausgenommen sein“, rät Voigtländer. Die Kommunen müssten endlich „umdenken, um den Markt zu entlasten, wo es nur geht“.

Länder sollen steuerliche Spielräume nutzen

In der Realität variiert die Grunderwerbssteuer je nach Bundesland ganz erheblich. Während in Bayern etwa nur 3,5 Prozent draufgeschlagen werden, verursacht die Steuer in NRW, Brandenburg und dem Saarland um 6,5 Prozent höhere Kosten. Vereinzelt wird derzeit wie in Schleswig-Holstein erwogen, Öffnungsklauseln für junge Familien oder auch Erstkäufer einzuführen.

Dass hier politische Spielräume besteht, zeigt das Beispiel Thüringen wo AFD und CDU im Landtag eine Herabsetzung von 6,5 Prozent auf fünf Prozent erzwungen haben und nun als Kompromiss ein Ausnahme-Katalog mit der Landesregierung ausgehandelt werden soll im Parlament. Dass der Hebesatz ein Standortfaktor ist, hat sich hier herumgesprochen.

Was auch helfen könnte: Innovative Architekten und Planer haben in der Betreuung von Bauherren-Gemeinschaften und Baugruppen in den vergangenen Jahren praktische Erfahrungen gesammelt, wie man den Ausbau-Standard je nach Anspruch variieren kann. Kaufinteressenten hätten so durchaus erhebliche Einflussmöglichkeiten, könnten Abstriche machen oder ggf. sogar durch Eigenleistung ausgleichen. Maßgeschneideretes Bauen kann teurer werden, aber auch günstiger ausfallen, als projektiert.

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Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.


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