Die Märkte begannen die Woche spürbar vorsichtig. Die US-Aktienindizes hielten sich stabil, nachdem der S&P 500 die dritte Woche im Plus abgeschlossen und den Freitag in der Nähe seines Rekordhochs beendet hatte. Der europäische Stoxx-600-Index hielt sich in der Nähe des höchsten Stands seit Januar 2022, unterstützt von einer Rallye der großen Ölkonzerne, da die zunehmenden Spannungen im Nahen Osten die Rohölpreise nach oben schoben.
Spannungen im Nahen Osten wachsen deutlich
Die Rohölsorten Brent und WTI erreichten im Intraday-Handel den höchsten Stand seit November, bevor sie wieder zurückfielen. Nach Angaben der USA töteten von Iran unterstützte Kämpfer bei einem Drohnenangriff in Jordanien drei US-Soldaten, woraufhin Präsident Joe Biden Vergeltung ankündigte. Der Iran versuchte, sich von dem Vorfall zu distanzieren, und ein Beamter bezeichnete die Vorwürfe einer iranischen Beteiligung als "unbegründet". Diese jüngste Eskalation folgte auf einen sprunghaften Anstieg des Ölpreises am Freitag, nachdem Houthi-Rebellen ein Schiff mit russischem Treibstoff angegriffen hatten. Citigroup warnte bereits in der vergangenen Woche davor, dass der Ölpreis auf 90 USD steigen könnte, wenn die Spannungen im Nahen Osten zu "genügend Störungen und Unsicherheit" führen würden. Dies scheint mehr und mehr gegeben, allein im Ölmarkt zeigt sich noch keinerlei Panik. Auch nicht dadurch, dass die Verzögerungen bei Lieferungen von so ziemlich allem, was über das Rote Meer transportiert wird, noch Monate andauern dürften. Während dies einigen Herstellern und Einzelhändlern, die auf Just-in-Time-Lieferketten angewiesen sind, bereits große Probleme bereitet, sind die Auswirkungen auf den Ölmarkt jedoch weit weniger dramatisch. Die internationalen Vorschriften verlangen von den Importeuren, dass sie Vorräte für 90 Tage halten, die im Falle einer schwerwiegenden Unterbrechung der Versorgung verwendet werden können. Die längeren Fahrten um das Kap der Guten Hoffnung führen zwar zu einer Verzögerung bei der Verschiffung von Rohöl und Raffinerieprodukten nach Europa, aber sobald die umgeleiteten Ladungen ankommen, werden sich die Versorgungsprobleme weitestgehend auflösen. Auch der unerwartet starke Abbau der US-Lagerbestände, der in der vergangenen Woche gemeldet wurde, ist kein Argument für nachhaltig steigende Preise, da die dortige Produktion lediglich auf Grund der aktuellen Wetterlage heruntergefahren wurde. Diese wird wieder anziehen, sobald die Kälte nachlässt. Darüber hinaus enttäuscht das zugrunde liegende Nachfragewachstum weiterhin, während die Angebotssteigerungen - insbesondere bei den Nicht-OPEC-Produzenten - überraschend positiv ausfallen.
Zinsentscheid und Arbeitsmarktdaten
Nachdem schon die Europäische Zentralbank bei ihrer Sitzung in der letzten Woche die Zinsen unverändert beließ und gleichzeitig ihre Bemühungen verstärkte, die Anleger davon zu überzeugen, dass eine Zinssenkung auch noch nicht unmittelbar bevorsteht, wird ihr amerikanisches Pendant am Mittwoch wohl ebenso vorgehen. Es scheint so gut wie sicher, dass es auch in den USA keine Änderung der Zinssätze geben wird, der Konsens der Erwartungen liegt immer noch auf dem März-Termin. Am Freitag wurde der jüngste PCE-Bericht veröffentlicht (die seit geraumer Zeit wichtigste Entscheidungsgrundlage der Fed), aus dem hervorging, dass die Kerninflation im zweiten Monat in Folge auf sechs Monate hochgerechnet unter 2% liegt. Gleichzeitig verharrt die Arbeitslosenquote bei 3,7%, und die Wachstumszahlen können weiterhin durchaus beeindrucken. Letzte Woche wurde ein BIP-Wachstum von 3,3% für das vierte Quartal gemeldet. Dies folgt auf ein Wachstum von 4,9% in Q3. Es drängen sich Zinssenkungen tatsächlich nicht unbedingt auf, der Motor läuft auch so. Neuste Erkenntnisse über den US-Arbeitsmarkt werden am Freitag erwartet. Die aktuellen Prognosen sehen einen leichten Rückgang der Anzahl der neugeschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft auf 180.000 (von 216.000 im Vormonat) bei leicht sinkenden Stundenlöhnen und unveränderten Arbeitslosenquote. Die weiche Landung scheint gelungen.
Jedoch sollte man die Gefahr der Möglichkeit wieder auflebenden Inflationsdrucks auf Grund der Spannungen im Nahen Osten auch nicht ganz vom Tisch wischen, wenn auch, wie oben beschrieben, Erdöl nicht das Hauptproblem sein sollte. Vorausgesetzt natürlich, die Lage eskaliert nicht komplett. Aber ein lange auf kleiner Flamme köchelnder Konflikt würde die Lieferketten nachhaltig stören und diversen Industrien Probleme bereiten, mit entsprechendem Preiseffekten. Vor diesem Hintergrund agiert die EZB zurückhaltend. Jüngste Kommentare aus dem Hause der Zentralbank deuten zu Wochenstart auf Juni als frühesten Zeitpunkt für eine Lockerung der Geldpolitik hin. Die Entscheidung Joe Bidens, „aus Klimaschutzgründen“ keine weiteren LNG-Exportlizenzen mehr auszugeben ist eher mittel- bis langfristig problematisch und dürfte sich aktuell nicht auf die hiesigen Energiepreise auswirken und die Inflationsentwicklung nicht beeinflussen. Die akute Gefahr eines neuerlichen Energiepreisschocks besteht zumindest zunächst nicht.
Gold bleibt gut unterstützt
Trotz auch zum Wochenbeginn leicht ansteigendem US-Dollar und einer gemischten Entwicklung bei den Anleiherenditen konnte auch Gold zulegen. Immerhin steht zu befürchten, dass der Tod von drei US-Soldaten in Jordanien am vergangenen Wochenende einen kritischen Wendepunkt im laufenden Konflikt im Nahen Osten markiert und sich die USA tiefer darin versticken wird. Anleger suchen nun die Sicherheit der in Krisenzeiten üblicherweise gut nachgefragten Edelmetalle, auch Silber und Platin profitieren von dieser Entwicklung. Unter den Zentralbanken stach im vergangenen Monat besonders die Notenbank Katars heraus. Die jüngste Aktualisierung des IWF zeigt, dass die Zentralbank von Katar im Dezember fast 2 Tonnen Gold zu ihren Reserven hinzugefügt hat. Damit stieg der Gesamtbestand des arabischen Landes auf 101 Tonnen. Das scheint im internationalen Vergleich zwar nicht allzu viel, bedeutet jedoch immerhin einen jährlichen Zuwachs um beinahe 10%. Die Daten des jüngsten Commitment-of-Traders-Reports (COT-Report), der die Positionierungen der einzelnen Investorengruppen an der Terminbörse Comex zeigt, deuten darauf hin, dass die Produzentenseite die aktuelle Seitwärtsphase dazu nutzt, ihre im Bereich der letzten Höchststände etablierte Shortposition aufzulösen. Daraus leitet sich zwar kein unmittelbares Kaufsignal ab, der vom sogenannten „Smart Money“ nun offenbar als weniger notwendig erachtete Absicherungsbedarf ist jedoch ein grundsätzlich gutes Zeichen für die Goldbullen.