Finanzen

Digitaler Euro: EZB versucht, Banken zu beschwichtigen

Der Bankensektor sieht im digitalen Euro eine Gefahr für sein Geschäftsmodell. Die EZB versucht diese Sorgen mit Gegenargumenten zu lindern. Unterdessen kursiert im Innenministerium ein brisantes Papier über die Funktionalität von Europas zukünftiger digitaler Zentralbankwährung.
21.02.2024 17:13
Aktualisiert: 21.02.2024 17:13
Lesezeit: 3 min
Digitaler Euro: EZB versucht, Banken zu beschwichtigen
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), und Vizepräsident Luis de Guindos verlassen nach einer Pressekonferenz in der EZB-Zentrale das Podium. Foto: Arne Dedert

Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht Sorgen unter Banken vor massiven Kontoabflüssen im Zuge der Einführung eines digitalen Euro zu zerstreuen. ”Diese Befürchtungen sind unbegründet: Ein digitaler Euro wird als Zahlungsmittel und nicht für Investitionen gestaltet sein”, schrieben EZB-Direktor Piero Cipollone, Ulrich Bindseil, Generaldirektor Infrastruktur und Zahlungen, sowie EZB-Berater Jürgen Schaaf in einem gemeinsamen Blogbeitrag, der am Montag auf der EZB-Webseite veröffentlicht wurde.

Tech-Konzerne, die etwa Stablecoins ausgeben, könnten ein viel größeres Risiko für die Finanzierung von Banken darstellen. Geldhäuser seien daher auf dem falschen Dampfer, sollten sie Studien folgen, die die Ausgestaltungsmerkmale eines digitalen Euro ignorierten.

In der Bankenbranche besteht unter anderem die Sorge, dass ihre Kunden mit der Einführung einer digitalen Version des Euro einen großen Teil ihrer Gelder von ihren Konten abziehen und stattdessen in den digitalen Euro umschichten. Banken würden dann eine wichtige Quelle zur Refinanzierung ihrer Kredite verlieren - ihre Fähigkeit, Darlehen zu vergeben, wäre erheblich eingeschränkt. Besonders kleinere und genossenschaftliche Banken sorgen sich um mögliche Liquiditätsengpässe bei Einführung von digitalem Zentralbankgeld.

EZB beschwichtigt

„Zentralbanken haben dieses Problem jedoch analysiert und Wege gefunden, solche Risiken im Vorfeld zu bekämpfen“, schreiben die Autoren. So würden bei einem digitalen Euro die Kombination von Haltegrenzen und dem Fehlen einer Vergütung die Anreize stark verringert, große Summen in einer Digital-Euro-Wallet zu halten. Hinzu kommt den Autoren zufolge das sogenannte Prinzip des umgekehrten Wasserfalls. Es besagt, wenn die Wallet nicht genügend Digital-Euro enthalten sollte, um etwa eine Zahlung zu leisten, dass dann automatisch der fehlende Betrag aus einem angedockten Konto abfließen und diese Lücke auffüllen würde.

Banken seien auf dem Holzweg, sollten sie sich auf Studien verlassen, die die skizzierten Gestaltungsmerkmale eines digitalen Euro übersehen, schreiben die Autoren. Nutzer würden den digitalen Euro als Zahlungsmittel einsetzen, anstatt ihn für Investitionen zu verwenden. Darüber hinaus könnten Banken stets eine höhere Vergütung anbieten, um Einlagen zu halten. Die EZB hatte im Oktober grünes Licht für die nächsten Schritte hin zu einem digitalen Euro gegeben. In dieser Vorbereitungsphase soll jetzt das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung von Plattform und Infrastruktur ausgewählt werden. Diese Phase begann Anfang November und ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Innenministerium gibt Anleitung für programmierbaren digitalen Euro

Während die EZB die Banken zu beschwichtigen versucht, kursiert im Bundesinnenministerium - genauer gesamt dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik - ein interessantes Papier. Die im Januar veröffentlichte technische Richtlinie soll Anbietern sowie Entwicklern von CBDC-Bezahlsystemen als Leitfaden für eine sichere Implementierung dienen. Digitales Zentralbankgeld soll demnach in gewissem Maße programmierbar sein.

Unter anderem ist die Rede davon, Zahlungen zu verbieten, „wenn eine Brieftasche, die nur für bestimmte Zwecke ausgegeben wurde, außerhalb ihres zulässigen Bereichs verwendet wird.“ Außerdem soll die Zentralbank, also die EZB, konstant über das Digitalgeld verfügen – und dieses somit auch einziehen können. Auf Seite 10 steht wörtlich: „Die Zentralbank kann CBDC-Noten widerrufen, zum Beispiel als Instrument der Geldmengenkontrolle. Der Widerruf von CBDC-Noten wird von einer autorisierten Stelle, der Widerrufsbehörde, durchgeführt, die von der Zentralbank kontrolliert und betrieben wird.“

Digitales Zentralbankgeld hat viele Nachteile

Ähnliche Vorschläge konnte man bereits in Berichten der EZB lesen. Der digitale Euro könnte sich für Banken und Bürger gleichermaßen als nachteilig erweisen. Die vermeintlichen Vorteile von staatlichen Digitalwährungen, namentlich Geldwäschebekämpfung und eine Verringerung des ökologischen Fußabdrucks, sind fraglich. Effizienzgewinne gibt es auch kaum. In Zeiten von weltweit akzeptieren Kredit- und Debitkarten, Echtzeitüberweisungen sowie unzähligen Zahlungs-Apps (von Paypal und GooglePay bis zu Angeboten kleiner Fintechs) braucht wirklich niemand ein direktes Verrechnungskonto bei der Zentralbank, um Zahlungen zu beschleunigen.

Besonders pikant ist die Tatsache, dass digitale Zentralbankwährungen, ausgestattet mit dem Status des gesetzlichen Zahlungsmittels, es überhaupt erst ermöglichen würden, das Bargeld offiziell abzuschaffen. Der Trend zur bargeldlosen Gesellschaft ist insbesondere in Europa längst auf dem Vormarsch. In Deutschland werden laut Bundesbank nur noch rund 58 Prozent aller Zahlungen mit Banknoten und Münzen getätigt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Kurs des gelben Edelmetalls weiterhin auf hohem Kursniveau — Anleger suchen Sicherheit
14.11.2025

Der Goldpreis zeigt zum Wochenschluss erneut seine Stärke und tendiert weiterhin auf hohem Kursniveau. Eine Feinunze des gelben...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash erschüttert Anleger: Bitcoin-Kurs und andere Kryptowährungen stürzen ab – die Gründe
14.11.2025

Der Kryptomarkt wankt: Der Bitcoin-Kurs ist am Freitag unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 US-Dollar gerutscht und...

DWN
Politik
Politik Bundestag verschärft Regeln: Strengere Vorgaben für Lachgas und K.o.-Tropfen beschlossen
14.11.2025

Lachgas ist längst von der Partyszene übernommen worden – leicht zugänglich, oft unterschätzt und besonders für Jugendliche riskant....

DWN
Finanzen
Finanzen Bundeshaushalt 2026: Etat steht – trotz erneut steigender Neuverschuldung
14.11.2025

Nach stundenlangen Beratungen bis in den frühen Morgen hat der Haushaltsausschuss den Bundesetat für 2026 final zusammengestellt. In...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schwarzarbeit: Klingbeil verschärft Kontrollen in Friseursalons und Nagelstudios
14.11.2025

Schwarzarbeit bleibt ein zentrales Problem für Staat und ehrliche Betriebe. Künftig rücken Barbershops, Kosmetik- und Nagelstudios sowie...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett zieht sich zurück: Und setzt nun auf Bargeld angesichts schwankender Märkte
14.11.2025

Warren Buffett zieht sich nach Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway schrittweise zurück und hortet weiterhin immense...

DWN
Politik
Politik EU plant Ukraine-Hilfe: Kann Russlands eingefrorenes Vermögen helfen?
13.11.2025

Die Europäische Union steht vor einer heiklen Entscheidung: Sie will die Ukraine weiterhin finanziell unterstützen, sucht jedoch nach...

DWN
Politik
Politik Zollfreigrenze in der EU: Billigwaren künftig ab dem ersten Euro zollpflichtig
13.11.2025

Billige Online-Waren aus Asien könnten bald teurer werden. Die EU plant, die 150-Euro-Freigrenze für Sendungen aus Drittländern...