Unternehmen

Aixtron-Aktie stürzt ab: 2024 weniger Wachstum erwartet - und nun?

Lesezeit: 3 min
29.02.2024 17:06  Aktualisiert: 29.02.2024 17:32
Die Aixtron-Aktie ist im Donnerstagshandel abgestürzt, zeitweise rutschte das Papier des Chipindustrie-Ausrüsters annähernd 20 Prozent ab. Steckt Aixtron plötzlich in der Krise? Oder wie ist der Kursabsturz zu bewerten? 2024 rechnet das Unternehmen jedenfalls mit zumindest deutlich langsamerem Wachstum - dieses Problem ist nicht nur hausgemacht!
Aixtron-Aktie stürzt ab: 2024 weniger Wachstum erwartet - und nun?
Die Aixtron-Aktie ist im Donnerstagshandel abgestürzt. Der Grund: 2024 rechnet das Unternehmen langsamerem Wachstum. (Foto: dpa)
Foto: Oliver Berg

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Gegenwind liefert laut Experten etwa ein trägerer E-Auto-Markt. Für das kommende Jahr 2025 erwartet Unternehmenschef Felix Grawert laut Mitteilung vom Donnerstag dann aber wieder einen starken Erlösanstieg, "getragen durch die nächste Wachstumswelle im Bereich Leistungselektronik." Ob die Streichung eines LED-Schlüsselprojekts beim Kunden AMS-Osram diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung macht, wird sich zeigen. An der Börse sorgte die Nachrichten von AMS-Osram für Verunsicherung.

Die Aixtron-Aktien notierten am Nachmittag noch rund 17 Prozent im Minus bei 26,20 Euro, was den letzten Platz im MDAX bedeutete. Der Kursverlust 2024 wuchs damit auf fast ein Drittel. Allerdings blicken Anleger auch auf fünf Gewinnjahre in Folge mit einem Anstieg um insgesamt rund 360 Prozent zurück.

Aixtron-Aktie leidet unter tristem Geschäftsausblick - und der Konkurrenz

Ein Händler sprach in einer ersten Reaktion von einem eher tristen Geschäftsausblick. Als Stimmungsdämpfer kämen die Nachrichten von AMS Osram hinzu. Das Unternehmen stutzte aufgrund einer unerwarteten Auftragsstornierung bei einem wichtigen LED-Projekt die Mittelfristziele. Deswegen würden die Nutzungsmöglichkeiten aller zu dieser Strategie gehörenden Vermögenswerte hinterfragt, hieß es. Betroffen ist auch die neue 8-Zoll-LED-Fabrik in Kulim in Malaysia.

Die Projektstreichung bei AMS-Osram sende negative Signale für das mittelfristige Wachstum des Anlagelieferanten Aixtron, sagte der Händler. Die hohen Markterwartungen für 2025 und die folgenden Jahre basierten auch auf einer zunehmenden Verwendung von MicroLEDs durch Konsumelektronikanbieter. Da nun ein großer Konzern erst einmal Abstand davon nehme, erscheine die Wachstumserwartung an Aixtron zu optimistisch. Laut der Einschätzung von Olivia Honychurch von Jefferies Research handelt es sich bei dem Konzern um Apple.

Noch macht das Geschäft mit Anlagen zur MicroLED-Herstellung bei Aixtron allerdings nur einen kleinen Teil aus - 2023 waren es rund 11 Prozent. Gleichwohl erwarteten Experten für die kommenden Jahre eigentlich ein Wachstum dieser Aktivitäten.

Aixtron-Prognose: Erlöse sollen erreicht werden

Für 2024 geht Aixtron erst einmal davon aus, dass die Erlöse 630 bis 720 Millionen Euro erreichen werden, wie das Unternehmen am Donnerstag in Herzogenrath mitteilte. Nach einem Umsatzanstieg um 36 Prozent auf knapp 630 Millionen Euro 2023 wäre das bestenfalls ein Plus von gut 14 Prozent. Die aktuellen Neuigkeiten von AMS-Osram hätten keinen Einfluss auf die Wachstumserwartungen für 2024 und 2025, sagte Aixtron-Chef Grawert in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Mittelfristig sieht ein erster Experte aber durchaus Gegenwind. Hier werde ohnehin mit Blick auf MicroLED nur mit Test- und Pilotanlagen geplant. Bis diese Technologie in Unterhaltungselektronik breit Anwendung finden werde, werde es noch etwas dauern.

Dass die Prognosespanne für 2024 größer als in der Vergangenheit üblich sei, liege wohl auch an der zunehmenden Größe von Einzelaufträgen sowie Unsicherheit in puncto Exportlizenzen, sagte Jefferies-Expertin Honychurch weiter. Mit letzterem hatte Aixtron, wie andere Halbleiterunternehmen auch, 2022 und 2023 teils Probleme. Hintergrund waren Personalengpässe bei den Genehmigungsbehörden sowie ein kritischerer Blick westlicher Staaten auf Technologien, die an chinesische Kunden verkauft werden.

Die Lage bei den Genehmigungen habe sich gegen Ende 2023 normalisiert, sagte Grawert im Analysten-Gespräch. Gleichwohl könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich dies noch einmal ändere. Daher und wegen der Unsicherheiten rund um die Folgen des langsameren Wachstums der Elektromobilität sei der Ausblick so weit gefasst. Wenn alles "normal" laufe, dürfte die obere Hälfte der avisierten Umsatzspanne erreicht werden.

Als Gewinn vor Zinsen und Steuern sollen vom Umsatz im Jahr 2024 etwa 24 bis 26 Prozent hängen bleiben. Die Analystenschätzung liegt beim Umsatz in der oberen Hälfte der Spanne, bei der operativen Gewinnmarge allerdings über dem Ziel des MDAX-Konzerns.

Im vergangenen Jahr schaffte Aixtron eine Marge von 25 Prozent, womit sich ein operatives Ergebnis von 156,8 Millionen Euro ergab. Das waren 50 Prozent mehr als 2022. Analysten hatten sich etwas mehr erhofft. Allerdings gab Aixtron 2023 deutlich mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus, um das künftige Unternehmenswachstum anzutreiben. Die Forschungs- und Entwicklungskosten werden 2024 laut Grawert nochmal etwas steigen, sollen 2025 dann aber wieder auf das Niveau von 2023 oder darunter fallen.

Zudem erfolgte im Schlussquartal der Spatenstich für den Bau eines Innovationszentrums am Hauptsitz in Herzogenrath, das insgesamt rund 100 Millionen Euro kosten soll. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen im vergangenen Jahr 145,2 Millionen Euro und damit 45 Prozent mehr als 2022. Die Dividende soll nun um 0,09 Cent auf 0,40 Euro je Anteilschein steigen.

Das sagen die Analysten zur Aixtron-Aktie

Mit Blick auf das laufende Jahr hatte Analystin Madeleine Jenkins von der Schweizer Bank UBS unlängst schon vor zu hohen Erwartungen gewarnt, auch weil das Wachstum des gesamten Marktes für Elektroautos nachlasse. Zudem verwies sie im Speziellen auf den Elektroautopionier Tesla, der im Januar für 2024 ein wahrscheinlich langsameres Wachstum der Auslieferungen in Aussicht gestellt hatte und die nächste Wachstumswelle auf Basis neuer Plattformen 2025 sieht. Das sei wichtig, weil Tesla einer der größten Verbraucher von Siliziumcarbid-Chips sei und weil es ein Signal für die Entwicklung des Elektroautomarktes insgesamt sei.

Im alten Jahr profitierte Aixtron aber noch deutlich vom Kapazitätsausbau durch Chipkonzerne und ging mit einem Auftragsbestand für Anlagen in Höhe von 353,7 Millionen Euro ins neue Jahr. Kunden stecken aktuell viel Geld in die Produktion moderne Chips. So sind Elektronikchips auf Siliziumcarbid-Basis (SiC) energieeffizienter und temperaturbeständiger als klassische Siliziumchips, was Voraussetzung etwa für Schnellladetechnik für E-Autos ist. Zudem ermöglichen sie den Bau kleinerer Batterien bei gleicher Reichweite. Auch mit Blick auf den Ausbau der Alternativen Energien werden Hochvolt-SiC-Bauelemente interessanter.

Thema sind aber auch Leistungs- und Hochfrequenz-Elektronikchips auf Basis von Galliumnitrid (GaN). Diese haben klassische Siliziumteile in Schnelllade-Netzteilen etwa von Smartphones mittlerweile ersetzt. Weitere Anwendungen dürften folgen. "Wir sehen eine steigende Nachfrage für Anwendungen in weltweiten Rechenzentren oder bei Solaranlagen", hatte Aixtron-Chef Grawert im Herbst gesagt. (dpa)

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Stromnetz als Supergau - Dunkelflaute macht Wahnsinnspreise kurzfristig real
23.12.2024

Der Strompreis an der Pariser Strombörse erreichte letzte Woche einen außergewöhnlich hohen Stand. Wie Energieexperten dies erklären -...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ex-VW-Chef Winterkorn lehnt Richter als befangen ab
23.12.2024

Im Strafverfahren zur Dieselaffäre hat der frühere VW-Chef Martin Winterkorn den Vorsitzenden Richter für befangen erklärt. Er...

DWN
Panorama
Panorama Russland: Ölkatastrophe könnte 200.000 Tonnen Boden verseuchen
23.12.2024

Zwei Tanker sind vor mehr als einer Woche im Schwarzen Meer verunglückt, seither läuft Öl aus. Die Folgen für die Umwelt zeigen sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EU: 13,5 Milliarden Euro für Deutschland
23.12.2024

Mehr saubere Energie und Digitalisierung: Deutschland erhält 13,5 Milliarden Euro aus Brüssel – und weitere Finanzhilfen könnten...

DWN
Panorama
Panorama Privater Gebrauchtwagenmarkt: Diese Vorteile bieten Privatkäufe für Käufer und Verkäufer
23.12.2024

In einer aktuellen Analyse haben die Experten des Internetportals AutoScout24 den Privatmarkt für Gebrauchtwagen untersucht. Laut einer...

DWN
Politik
Politik Steuerverschwendung: Regierung verschleudert massiv Steuergelder auch ans Ausland - ohne jede Prüfung
23.12.2024

Angeblich muss die Politik künftig unbegrenzt Schulden machen, weil der Staat zu wenig Geld hat: Doch Deutschland hat kein...

DWN
Politik
Politik Trump will Panama-Kanal und Grönland
23.12.2024

Trump zeigt sich auf dem AmericaFest kampfbereit. In einer Rede voller provokanter Forderungen greift er zentrale Themen seiner kommenden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Industrien retten: Hubertus Heils Strategien gegen Konjunkturkrise und Arbeitsplatzverlust
23.12.2024

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht in der aktuellen Konjunkturkrise eine massive Gefahr für die industrielle Basis...