Wirtschaft

Gastronomie-Krise: Ein Zehntel der Betriebe hat 2023 aufgegeben

Seit 2020 haben bundesweit etwa 48.000 Branchenbetriebe geschlossen, zeigt eine Studie. Experten schätzen: Dieses Jahr könnte es noch mehr sein. Die Gastronomie sei «einer der Hauptverlierer» der Krisenstimmung in Deutschland.
15.03.2024 09:47
Aktualisiert: 15.03.2024 09:47
Lesezeit: 2 min
Gastronomie-Krise: Ein Zehntel der Betriebe hat 2023 aufgegeben
Ein Koch und eine Köchin in der Küche bereiten den abendlichen Betrieb vor: Immer mehr Restaurant-Betriebe haben Probleme am Markt zu bestehen und sind insolvenzbedroht. (Foto. dpa) Foto: Philipp von Ditfurth

Schwierige Zeiten für Gastronomen: Seit 2020 haben bundesweit etwa 48.000 Betriebe geschlossen und 6100 sogar einen Insolvenzantrag gestellt. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Die Experten rechnen damit, dass die Branche noch weiter ausdünnen wird. «Die Welle hat gerade erst begonnen», sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung.

Allein im vergangenen Jahr hat der Studie zufolge jedes zehnte Unternehmen in der Gastronomie aufgegeben. Die Zahl der Schließungen lag 2023 mit 14.000 höher als in den drei Jahren zuvor, aber noch unter dem Vor-Corona-Niveau. Dasselbe gilt für die Zahl der Insolvenzfälle. Einen Grund dafür sieht Hantzsch in den Staatshilfen während der Lockdowns. Diese hätten das Überleben vieler Unternehmen gesichert und Schließungen zunächst verhindert.

Gastronomie als Hauptverlierer der Krisen

Für die Schwierigkeiten der Branche gebe es mehrere Gründe, sagte er. «Die Gastronomie ist einer der Hauptverlierer der Krisenabfolgen der letzten Jahre. Das Gastgewerbe hatte sich noch nicht von der Coronakrise erholt, da kam mit der Inflation der nächste Nackenschlag», meint Hantzsch. Den gestiegenen Kosten sei die Branche ausgeliefert, die notwendigen Preiserhöhungen würden die Kundschaft verjagen. Dadurch bedingt lägen die preisbereinigten Umsätze und Erträge unter dem Stand vor der Pandemie. «Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für das Gastgewerbe derzeit alles andere als günstig. Die Anhebung der Umsatzsteuer für Speisen Anfang des Jahres hat sicherlich nicht zur Entspannung beigetragen.»

Die Bundesregierung hatte den Steuersatz auf Speisen in Restaurants Mitte 2020 während der Corona-Pandemie vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt - unter anderem zur Abfederung der Energiekrise und der hohen Inflation. Seit Januar gelten wieder die alten, höheren Steuersätze. Laut Statistischen Bundesamt lag der preisbereinigte Umsatz von Gastronomiebetrieben im Jahr 2023 knapp 13 Prozent niedriger als 2019.

Insolvenzen treffen vor allem kleine, junge Firmen

Als «bitter» bezeichnet die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, die Entwicklung. «Wir waren in den drei Pandemie-Jahren neun Monate im Lockdown und hatten in der gesamten Zeit bis Frühjahr 2022 viele Auflagen. «Dies alles führte zu erheblichen Umsatzverlusten», sagte sie. Die Branche leide unter höheren Personalkosten, gestiegenen Lebensmittelpreisen, Personalmangel und der Mehrwertsteuererhöhung. «Das macht den Betrieben sehr zu schaffen. Die meisten Gäste halten uns die Treue, aber es sind leider weniger geworden.»

Die Zahl der Insolvenzen in der Gastronomie ist im vergangenen Jahr laut Creditreform mit 27 Prozent stärker gestiegen als in der Gesamtwirtschaft. Besonders stark betroffen waren Caterer und Verpflegungsdienstleister (plus 67 Prozent). 88 Prozent aller Insolvenzen gehen auf Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern zurück. 49 Prozent trafen junge Unternehmen, die maximal fünf Jahre alt waren.

Für 2024 sagt Creditreform einen Anstieg der Insolvenzfälle auf das Niveau vor der Pandemie vorher. Damit rechnet auch der Finanzinformationsdienst Crif. Ende des Jahres schätzten die Experten die Zahl der insolvenzgefährdeten Restaurants, Gaststätten, Imbissen und Cafés in Deutschland auf mehr als 15.000.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...

DWN
Technologie
Technologie Huawei schockt die Konkurrenz: 3000-Kilometer-Batterie stellt alles Bisherige in den Schatten
01.08.2025

Huawei greift nach der Technologieführung im Batteriezeitalter: Mit 3000 Kilometern Reichweite und fünf Minuten Ladezeit droht der...