Unternehmen

EU-Lieferkettengesetz: Die neuen Regelungen und ihre Folgen

Nach langem Ringen gibt es einen offensichtlich mehrheitsfähigen Kompromiss für ein abgeschwächtes europäisches Lieferkettengesetz. Das EU-Parlament stimmt darüber ab, während Deutschland das Vorhaben nicht unterstützt, es jedoch umsetzen müsste.
24.04.2024 07:57
Aktualisiert: 24.04.2024 08:21
Lesezeit: 1 min
EU-Lieferkettengesetz: Die neuen Regelungen und ihre Folgen
Mit dem EU-Lieferkettengesetz wird ein neuer Weg für Unternehmen eingeschlagen – doch was bedeutet das konkret? (Foto: dpa) Foto: Rolf Vennenbernd

EU-Lieferkettengesetz: Was sind die Ziele?

Das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes besteht darin, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Zudem müssen sie Berichte über die Vereinbarkeit ihres Geschäftsmodells mit dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, vorlegen.

Abschwächung im Verhandlungsprozess

Im Verhandlungsprozess wurde das Gesetz abgeschwächt: Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz sollten ursprünglich betroffen sein, doch diese Grenze wurde auf 1000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben.

Nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren werden die Vorgaben dann für Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro gelten.

Unterschiede zwischen EU- und deutschem Lieferkettengesetz

Ein bedeutender Unterschied zwischen dem europäischen und dem deutschen Lieferkettengesetz ist die Haftbarkeit. Während im deutschen Gesetz Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen nicht haftbar sind, erlaubt die EU-Version dies.

Zudem gilt das deutsche Lieferkettengesetz für Unternehmen mit 1000 oder mehr Mitarbeitenden, was in den kommenden Jahren mehr Unternehmen betrifft als die EU-Variante.

Strafen bei Verstößen gegen das Gesetz

Bei Verstößen gegen das Gesetz sollen die EU-Staaten eine Aufsichtsbehörde benennen, die Strafen gegen Unternehmen verhängen kann. Dies können Geldstrafen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens sein.

Einschätzungen von Wirtschaftsexperten

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht das Vorhaben trotz Änderungen kritisch. DIHK-Präsident Peter Adrian betont, dass auch in abgespeckter Form die EU-Lieferkettenrichtlinie wenig praxistauglich sei und mit viel Bürokratie verbunden wäre. Rechtsunsicherheit bestehe weiterhin.

Hingegen spricht sich der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, deutlich für das Vorhaben aus. Ohne eine EU-Version des Gesetzes würde Deutschland wirtschaftlichen Schaden erleiden, so seine Einschätzung.

Rolle Deutschlands und politische Positionen

Deutschland hat sich bei der Abstimmung im Ausschuss der ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten enthalten, was an Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung liegt. Dies schwächt Deutschlands Verhandlungsposition in Brüssel.

In diesem Fall drängte die FDP darauf, dass Deutschland dem Gesetz nicht zustimmt, aus Sorge vor Bürokratie und rechtlichen Risiken für Unternehmen. Politiker von SPD und Grünen hingegen befürworteten das Vorhaben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

 

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...

DWN
Politik
Politik Familienkonzern Trump: Wie der Präsidenten-Clan Milliarden scheffelt
28.06.2025

Die Trump-Familie vermischt Politik und Profit wie nie: Während Donald Trump das Weiße Haus beherrscht, expandieren seine Söhne mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Social Travel: Hostelworld will Facebook des Reisens werden – mit Milliardenpotenzial
28.06.2025

Hostelworld will nicht länger nur Betten vermitteln, sondern das führende soziale Netzwerk für Alleinreisende werden. Warum der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...