Politik

Grüne kritisieren Debatte um Rente mit 63

Würde eine Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 die Haushaltsprobleme der Ampel lindern? Allenfalls für einen hohen Preis warnt ein Koalitionspartner.
15.05.2024 09:05
Lesezeit: 2 min

Die Grünen im Bundestag haben sich strikt gegen eine Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 gewandt. Die abschlagsfreie Rente nach 45-jähriger Beitragszahlung abzuschaffen, wäre ein Fehler, sagte der Rentenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth in Berlin. „Eine solche Reform würde keineswegs kurzfristig den Haushalt 2025 sanieren, aber stattdessen zu einem massiven Vertrauensverlust führen“, warnte Kurth.

In einem Faktenpapier argumentiert Kurth, nur eine sehr kurzfristige Abschaffung könnte für 2025 noch haushaltswirksam werden. „So schnell könnten die wenigsten Betroffenen noch mit einer Verhaltensänderung reagieren." Stattdessen dürften viele mit Abschlägen vorzeitig in Rente gehen. Die Einsparungen für die gesetzliche Rentenversicherung wären dadurch recht klein.

Auch ein weniger abruptes Aus für die Rentenart würde Planungen von Arbeitgebern und Beschäftigten aus Sicht Kurths wohl vielfach zuwiderlaufen. „Denn wer fest damit geplant hat, nach 45 Versicherungsjahren abschlagsfrei in Altersrente gehen zu können, hat sich womöglich die Arbeitskraft so eingeteilt, dass sie eben nur bis dahin reicht“, sagte der Abgeordnete. „Wenn das Ziel sein soll, möglichst viele Arbeitskräfte so lange wie möglich am Arbeitsmarkt zu halten, müssen wir in Präventions- und Reha-Maßnahmen investieren und flexible Übergänge in die Altersrente ermöglichen.“

Kurth wies zudem darauf hin, dass es bereits attraktive monetäre Anreize für ältere Erwerbstätige gebe: Für jedes Jahr, das man den Renteneintritt hinauszögere, gebe es einen Zuschlag in Höhe von sechs Prozent auf den gesamten Rentenbetrag. Hinzuverdienstgrenzen seien gestrichen worden. „Jeder eingezahlte Euro steigert die eigene Rente.“

Die FDP hatte eine Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 gefordert. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner sagte der Funke Mediengruppe, zur Rente mit 63 gebe es viele Ansätze. «Experten haben beispielsweise vorgeschlagen, gesundheitliche Probleme zur Voraussetzung zu machen. Jedenfalls müssen 22 Prozent Beiträge in den 2030er Jahren abgewendet werden.» Aktuell wolle er sich aber auf anstehende Entscheidungen konzentrieren, sagte Lindner mit Verweis auf das Rentenpaket, das im Laufe des Mais beschlossen werden solle. Die SPD will von einer Abschaffung der Rente mit 63 nichts wissen.

Einsparungen von drei Milliarden?

Insgesamt sei die Frage, wie teuer die Rentenart ist, schwer zu beantworten, sagte Kurth. Nicht klar sei, wie viele Menschen auch mit Abschlägen frühzeitig in Rente gehen und wie viele den Rentenbeginn aufschieben würden. Eine Studie von Prognos für die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft schätze die jährlichen Einsparpotenziale für den Steuerzuschuss für die Rentenkasse bei sofortiger Abschaffung zwar bei 1,7 bis drei Milliarden Euro – allerdings auf Basis nicht überprüfbarer Annahmen zum Verhalten der Betroffenen.

Zuletzt gab es deutlich mehr als zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzer dieser Rentenart. Bei der Einführung 2014 war der Gesetzgeber von jährlich rund 200.000 Antragstellern ausgegangen. Doch Jahr für Jahr werden die Prognosen übertroffen. Wie für die reguläre Altersrente wird auch für diese Rentenart das Eintrittsalter schrittweise erhöht. Es liegt in diesem Jahr bei 64 Jahren und vier Monate und soll noch bis 65 Jahre steigen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Marktrisiko: Weshalb Topinvestoren jetzt Alarm schlagen
24.11.2025

Die jüngsten Kursstürze an den Märkten zeigen, wie angespannt die Lage geworden ist. Während Anleger nervös auf jede Bewegung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturtrübung: Ifo-Index sinkt überraschend – Hoffnungen auf Erholung schwinden
24.11.2025

Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich unerwartet eingetrübt: Im November fiel das Ifo-Geschäftsklima auf 88,1 Punkte und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktien auf Jahreshoch: Pharma-Erfolg mit dem Gerinnungshemmer Asundexian
24.11.2025

Nach Jahren des Abstiegs erlebt die Bayer-Aktie einen überraschenden Kursschub. Ein neuer Studienerfolg weckt Hoffnung auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bürokratieabbau: Normenkontrollrat kritisiert Bund-Länder-Pläne als zu schwach
24.11.2025

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hält die aktuellen Vorschläge von Bund und Ländern zum Bürokratieabbau für unzureichend. In...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Infrastruktur in der Finanzlücke: Pkw-Maut als mögliche Lösung?
24.11.2025

Eine aktuelle Studie der Denkfabriken Agora Verkehrswende und Dezernat Zukunft zeigt, dass Deutschland bis 2030 rund 390 Milliarden Euro...

DWN
Panorama
Panorama Kita unter Druck: Experten fordern besseren Gesundheitsschutz für Erzieher
24.11.2025

Das Kita-System in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Hohe Ausfallraten und Personalmangel belasten Erzieherinnen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technologie im Mittelstand: Cloud bleibt bei kleinen Unternehmen ein Nischenthema
24.11.2025

Während große Unternehmen längst auf Cloud-Dienste für Speicher, Rechenleistung und Softwareanwendungen setzen, ist die Nutzung bei...

DWN
Technologie
Technologie Digitalisierung: Was Deutschland von Estland lernen sollte
24.11.2025

Deutschland steckt im digitalen Stau: Ämter arbeiten auf Papier, Gründer warten wochenlang, Unternehmen verlieren Zeit und Geld. Estland...