Unternehmen

Europawahl und die AfD: Unternehmen äußern wirtschaftliche Bedenken

Neue IW-Studie: Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen lehnt die AfD deutlich ab. Sie sind besorgt über den Wirtschaftsstandort Deutschland.
22.05.2024 10:20
Lesezeit: 2 min

Kurz vor der Europawahl zeigt sich ein ungewöhnliches Bild: Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen nimmt öffentlich Stellung gegen die Alternative für Deutschland (AfD). Diese Entwicklung, die eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln offenlegt, spiegelt die ernsten Bedenken der Wirtschaft hinsichtlich der EU, des Euros und des politischen Selbstverständnisses in Deutschland wider.

Die Studie, die im Rahmen des IW-Zukunftspanels rund 900 Unternehmen befragte, zeigt, dass 47 Prozent der Unternehmen sich öffentlich gegen die AfD aussprechen. Weitere 55 Prozent haben sogar intern Stellung bezogen. Der Grund für diese Haltung liegt vor allem in der Sorge um den Fortbestand der EU und des Euros; 77 Prozent der Befragten sehen hierin ein Risiko durch die AfD.

„Die Unternehmen werden ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht“, kommentiert Matthias Diermeier, Autor der Studie. Die Ergebnisse zeugen von einem deutlichen Bewusstsein für die Risiken, die ein stärker werdende AfD für die Gesellschaft und die Wirtschaft darstellen könnte. Eine Differenzierung der Umfrage-Ergebnisse zwischen Ost und West hat das Institut gleichwohl nicht vorgenommen. Gut denkbar, dass die Einstellung kleiner und mittlerer Betriebe in Mitteldeutschland zum Thema AfD nicht hinreichend Berücksichtigung findet.

Das IW hat die Gesamtwirtschaft im Lande im Blick. Demnach wird die AfD, die öffentlich mit einem Austritt Deutschlands aus der EU und der Aufgabe des Euros liebäugelt, von der Mehrheit der Unternehmen kritisch gesehen. Ein möglicher „Dexit“ könnte nach Berechnungen enorme wirtschaftliche Schäden von bis zu 690 Milliarden Euro innerhalb von fünf Jahren verursachen.

Wirtschaft stellt sich gegen AfD-Pläne

Etwa 75 Prozent der Befragten sorgen sich um eine Verschlechterung der politischen Kultur, während 69 Prozent befürchten, dass die Partei dem Wirtschaftsstandort Deutschland schaden könnte. „Das macht Mut und zeigt, dass die Wirtschaft auch bereit ist, politisch klar Haltung zu beziehen, wenn es drauf ankommt“, so Diermeier.

Die umfassende Befragung, zur Hälfte finanziert vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), gibt somit ein klares Signal: Die deutsche Wirtschaft ist gegen die AfD, sowohl aus ökonomischen als auch aus gesellschaftlichen Gründen.

Kürzlich deutete Tino Chrupalla, der Vorsitzende der AfD, eine Neuorientierung an. In einem Deutschlandfunk-Interview erklärte er, dass ein Austritt Deutschlands aus der EU momentan nicht umsetzbar wäre. Stattdessen verfolge die AfD jetzt das Ziel, Reformen innerhalb der EU voranzutreiben und kooperiere dabei mit europäischen Partnern.

Die nächste Europawahl findet vom 6. bis 9. Juni 2024 statt. Die genauen Wahltage variieren je nach EU-Land innerhalb dieses Zeitraums. In Deutschland wird die Wahl traditionell an einem Sonntag abgehalten, was den 9. Juni bedeutet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

avtor1
Farhad Salmanian

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...

DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Wichtigste Kryptowährung setzt Rekordjagd fort – was das für Anleger bedeutet
11.07.2025

Der Bitcoin-Kurs ist auf ein historisches Allzeithoch gestiegen und über die Marke von 118.000 US-Dollar geklettert. Wie geht es weiter...