Unternehmen

Experten für Verkaufsverbot von Zigaretten in Supermärkten

Zigarettenwerbung im Kino oder an Bushaltestellen ist Geschichte, in Tankstellen und Kiosken gibt es sie aber noch. Krebsforscher und der Drogenbeauftragte fordern nun weitere Maßnahmen. Der Handel soll auf den Verkauf verzichten.
01.06.2024 08:23
Lesezeit: 2 min

Anlässlich des Welt-Nichtrauchertags an diesem Freitag fordert ein Bündnis aus Gesundheitsorganisationen, den Verkauf von Zigaretten in Supermärkten und Tankstellen zu untersagen. Stattdessen sollten die Tabakprodukte und E-Zigaretten nur noch in lizenzierten Fachgeschäften verkauft werden, sagte Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die Menschen seien dem Kaufanreiz ausgesetzt, wenn sie in der Warteschlange an der Supermarktkasse oder Tankstellentheke stehen. Enorm wichtig sei auch ein Werbeverbot an solchen Orten. Das DKFZ hat zusammen mit dem Aktionsbündnis Nichtrauchen und anderen Organisationen einen Brief an Bundestagsabgeordnete der Ampel-Koalition geschrieben, in dem sie harte Maßnahmen gegen Tabakkonsum fordern.

Eine Einschränkung der Werbung fordert auch der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert. „Ich will niemandem das Rauchen verbieten“, sagte der SPD-Politiker, „Aber dass auch im Jahr 2024 noch in jeder Tankstelle oder Supermarktkasse mit bunten Werbebildern für Tabak- und E-Zigaretten geworben werden darf, das geht einfach nicht.“ Werbung schaffe ein positives Bild ungesunder Produkte und mache auch das Aufhören schwerer, weil sie immer wieder an die Zigarette erinnere.

127.000 Menschen sterben an Nikotinkonsum

Blienert sagte mit Blick auf Studiendaten: „Dass immer weniger Jugendliche rauchen, ist eine ausgezeichnete Nachricht.“ Dennoch habe Deutschland nach wie vor ein riesiges Problem. „Jedes Jahr sterben bei uns etwa 127 000 Menschen an den Folgen ihres Tabak- und Nikotinkonsums, und jedes Jahr verursacht das Rauchen unserer Volkswirtschaft Kosten von weit über 100 Milliarden Euro.“ Darin enthalten sind unter anderem Todesfälle durch Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. Lungenkrebs sei in Deutschland nach wie vor die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern und die dritthäufigste bei Frauen.

Seit 2001 ist der Anteil der jugendlichen Raucherinnen und Raucher deutlich gesunken, wie eine repräsentative Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vom Donnerstag ergab. „Zigarettenrauchen ist bei den meisten Jugendlichen nach wie vor out“, folgerte der Kommissarische Leiter der BZgA, Johannes Nießen.

Bei den 12- bis 17-Jährigen verringerte sich der Anteil der Raucherinnen von 27,9 Prozent im Jahr 2001 auf 6,1 Prozent im Jahr 2016. 2023 betrug er 6,4 Prozent. Der Anteil männlicher jugendlicher Raucher ist demnach von 27,2 Prozent im Jahr 2001 auf 9,3 Prozent im Jahr 2015 zurückgegangen und lag 2023 bei 7,2 Prozent. Auch bei den 18- bis 25-Jährigen sank der Anteil der Rauchenden.

Bei E-Zigaretten sind Einweg-Varianten beliebt: So hätten knapp sieben Prozent der 12- bis 17-Jährigen und zwölf Prozent der 18- bis 25-Jährigen im Zeitraum von 30 Tagen vor der BZgA-Befragung diese Produkte konsumiert. Für die Studie wurden 7001 Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren im Zeitraum April bis Juni 2023 befragt.

Forderung nach Einheitsverpackung

Der Drogenbeauftragte Blienert sprach sich für ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten aus. „Diese Produkte haben ein hohes Suchtrisiko und sind extrem umweltschädlich.“ Sie führten dazu, dass Jugendliche in die Nikotinabhängigkeit gerieten, von der sie nach 30, 40 Jahren oder auch nie wieder loskämen. Darauf zu warten, dass der Verkauf irgendwann über europäische Wege verboten werde, könne nicht der Weg sein.

Im Koalitionsvertrag hatten die Parteien 2021 vereinbart, Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Nikotin zu verschärfen. „Seither ist viel zu wenig passiert, die Koalition hat nicht geliefert“, sagte Schaller vom DKFZ. Das DKFZ und die anderen Organisationen sprechen sich für eine Einheitsverpackung bei Tabakprodukten aus - Marken sollen nicht mehr zu erkennen sein. „Alle Packungen sollten olivgrün sein und in der gleichen Schriftart den Markennamen enthalten“, erläuterte Schaller.

Tabakindustrie hält nichts von weiteren Verboten

Die Tabakindustrie reagiert mit Kopfschütteln auf den Vorstoß der Rauchgegner. Jan Mücke vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) verwies darauf, dass die Werbemöglichkeiten der Branche schon eingeschränkt worden seien, seit Jahresbeginn dürften E-Zigaretten nicht mehr auf Plakaten beworben werden. Angesichts der nur noch sehr punktuellen Wahrnehmung einschlägiger Werbung im öffentlichen Raum könne man nicht davon ausgehen, dass weitere Verbote zu einer Senkung der Raucherquote beitrügen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z: Warum Sinnhaftigkeit zur neuen Währung im Job wird
30.12.2025

Führungskraft? Nein danke. Für die Generation Z zählt im Beruf längst nicht mehr die steile Karriere, sondern Sinn, Freiheit und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lebensmittelpreise 2025: Butter billiger, Schokolade teurer
30.12.2025

2025 wurden Verbraucher bei Lebensmitteln kräftig durchgeschüttelt. Butter fiel im Preis deutlich, während Schokolade, Rinderhack und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Alarm: Deutschland hat die höchsten Unternehmenssteuern der G7
30.12.2025

Deutschland gilt als Hochsteuerland – nun belegen es die Zahlen. Eine große Mehrheit der Unternehmen empfindet Steuern und Abgaben als...

DWN
Politik
Politik Angriff auf Putin? USA kritisieren Ukraine, versenken zugleich weiter Schiffe vor Venezuela
30.12.2025

Ein angeblicher Drohnenangriff auf eine Residenz von Wladimir Putin bringt neue Unruhe in die festgefahrenen Gespräche über den...

DWN
Panorama
Panorama Rätsel um Verschwinden des Fluges MH370: Eine neue Suche nach Antworten beginnt
30.12.2025

Was passierte mit Flug MH370? Das Verschwinden der Boeing 777 zählt zu den Mysterien der Luftfahrtgeschichte. Ab dieser Woche soll noch...

DWN
Politik
Politik Kontaktgebühr gegen Ärzte-Hopping? Kassenärzte-Chef für Gebühr bei Praxisbesuch
30.12.2025

Wie sind steigende Milliardenkosten für die medizinische Versorgung zu begrenzen? Vorschläge von Ärzten und Kliniken zielen auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Die letzte Woche des Jahres begann an der Wall Street im roten Bereich
29.12.2025

Die US-Aktienmärkte starteten mit Verlusten in die letzte Handelswoche des Jahres, da eine Schwäche im Technologiesektor die wichtigsten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Krise der ostdeutschen Chemieindustrie spitzt sich zu: Insolvenz in Leuna - über 500 Jobs in Gefahr
29.12.2025

Eines der größten Chemieunternehmen Sachsen-Anhalts ist in finanzielle Schieflage geraten. Der Firmenverbund DOMO hat nach eigenen...