Die Frist für eine gesetzliche Regelung, nach der Mieter TV-Gebühren über die Nebenkosten abrechnen konnten, läuft bald aus. Millionen von Mietern in Deutschland müssen sich nun beeilen, um neue Verträge abzuschließen und weiterhin fernsehen zu können. Hier ein Überblick über die anstehenden Änderungen.
Was war das „Nebenkostenprivileg“?
Seit rund vierzig Jahren ermöglichte das „Nebenkostenprivileg“ den Mietern, die Kosten für Kabelfernsehen über die Betriebskostenabrechnung zu begleichen. Dies war bequem, da sich die Mieter nicht selbst darum kümmern mussten und die Kosten dank Sammelverträgen der Vermieter niedrig waren. Allerdings waren nicht alle Mieter zufrieden, da einige lieber auf die Kabelgebühren verzichtet hätten.
Die neuen Änderungen
Ab Juli dürfen Vermieter die TV-Kosten nicht mehr über die Nebenkosten abrechnen. Mieter müssen nun eigene Verträge abschließen, um weiterhin fernsehen zu können. Alternativen zu den klassischen Kabelanbietern Vodafone und Tele Columbus umfassen Online-Dienste wie Magenta TV von der Deutschen Telekom, Waipu und Zattoo, sowie Antennen-Fernsehen und Satellitenschüsseln, sofern der Vermieter diese erlaubt. Vodafone bietet außerdem ein neues Vertragsmodell an, bei dem Mieter optional teilnehmen können. Die Kosten sind jedoch separat von der Miete zu tragen.
Droht ein schwarzer Bildschirm bei Ignorieren der Frist?
Teilweise. Laut Vodafone wird das Fernsehsignal nicht sofort abgeschaltet, wenn der Sammelvertrag des Vermieters endet. Allerdings erhöhen die Anbieter den Druck, indem sie die Mieter mehrfach über die Änderungen informieren. „Wir tun alles, um Mieter über die bevorstehende gesetzliche Änderung zu informieren und werden sie auch mehrfach kontaktieren“, sagt Marcel de Groot, Deutschlandchef von Vodafone. Tele Columbus mit der Marke Pÿur verfolgt eine ähnliche Strategie.
Wie viele Mieter haben noch keine Entscheidung getroffen?
Rund 12 Millionen Mieter waren vom „Nebenkostenprivileg“ betroffen. Viele Vermieter haben ihre Sammelverträge bereits gekündigt und die Mieter informiert. Laut einer Yougov-Umfrage im Auftrag von Check24 haben sich 30 Prozent der Mieter noch nicht entschieden, wie sie künftig fernsehen wollen. Diese Umfrage stammt von Ende April.
Auswirkungen auf die Unternehmen
Der Wettbewerb um TV-Kunden ist entbrannt. Die Deutsche Telekom, Waipu und Zattoo sehen nun bessere Chancen, da das „Nebenkostenprivileg“ entfällt. Vodafone verzeichnete im ersten Quartal 2024 einen Rückgang der TV-Kunden um 650.000 auf 11,8 Millionen. Etwa zwei Drittel davon sind Mieter, die vom „Nebenkostenprivileg“ betroffen waren. Vodafone und Tele Columbus versuchen, neue Verträge zu vermitteln und gleichzeitig Internetverträge anzubieten, die für Verbraucher günstiger sind als separate Buchungen von Kabel-TV und Internet.
Gewinner der neuen Regelung
Die Deutsche Telekom zählt zu den Gewinnern der neuen Regelung, auch wenn die Zugewinne bisher moderat sind. Im ersten Quartal 2024 verzeichnete der Konzern bei Magenta TV einen Anstieg um 126.000 Kunden auf 4,4 Millionen. Dennoch weist Telekom-Finanzchef Christian Illek auf den Trend der „Cord-Cutter“ hin, also Personen, die komplett auf traditionelles Fernsehen verzichten und nur noch Streaming-Dienste nutzen.
Steigen die Kosten für Mieter?
Vermutlich ja, aber nur geringfügig. Bei Vodafone lagen die monatlichen Kosten zwischen sieben und neun Euro, künftig sind es etwa acht bis zehn Euro, sofern ein Rahmenvertrag genutzt wird. Ohne Rahmenvertrag könnten die Kosten auf etwa 13 Euro steigen. Streaming-Anbieter wie Zattoo und Waipu bieten Tarife ab 6,49 Euro bzw. 7,49 Euro an, wobei ein separater Internetvertrag notwendig ist. Bei Magenta TV ist dieser Internetvertrag bereits integriert.
Meinung der Verbraucherschützer
Verbraucherschützer begrüßen das Ende des „Nebenkostenprivilegs“, da Mieter dadurch mehr Wahlfreiheit haben. Allerdings warnen sie vor unseriösen Vertriebspraktiken. „Manchmal wird vorgegaukelt, der Mieter müsse schnell einen Vertrag unterschreiben, sonst falle Fernsehen und Internet weg. Dabei kann man sich erst informieren und später entscheiden“, sagt Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Beschwerden über solche Haustürgeschäfte sind keine Seltenheit.