Panorama

Nahost-Konflikt: Hisbollah-Kommandeur im Libanon getötet - 200 Raketen auf Israel

Lesezeit: 3 min
12.06.2024 15:17  Aktualisiert: 12.06.2024 15:17
Der brandgefährliche Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah eskaliert weiter. Nach dem tödlichen Luftangriff Israels auf einen Hisbollah-Kommandeur geht ein Raketenhagel auf Israels Norden nieder.
Nahost-Konflikt: Hisbollah-Kommandeur im Libanon getötet - 200 Raketen auf Israel
Menschen tragen den Sarg des hochrangigen Hisbollah-Befehlshabers Taleb Sami Abdullah, der durch einen israelischen Angriff im Südlibanon getötet wurde. (Foto: dpa)
Foto: Bilal Hussein

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach Angaben der israelischen Armee wurden bislang rund 200 Geschosse auf israelisches Gebiet abgeschossen. Die meisten Raketen seien abgefangen worden. Die islamistische Hisbollah-Miliz sprach von einer Reaktion auf die Tötung eines hochrangigen Hisbollah-Kommandeurs durch einen israelischen Angriff. Nach Angaben der Miliz handelte es sich um den ranghöchsten Kommandeur, der seit Beginn des Gazakriegs getötet wurde. Die Vergeltungsangriffe reichten bis ungewöhnlich tief in das Land – nach Medienberichten bis Tiberias am See Genezareth. Die Nachrichtenseite ynet berichtete von „beispiellosen Angriffen“.

Sehr ranghoher Hisbollah-Kommandeur getötet

Kommandeur Talib Abdallah und drei weitere Hisbollah-Mitglieder seien bei einem israelischen Angriff in der Nacht zum Mittwoch getötet worden, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. Abdallah ist eines der ranghöchsten Todesopfer in den Reihen der Miliz seit der Tötung von Kommandeur Wissam al-Tauil im Januar.

Nach Angaben der israelischen Armee griff die Luftwaffe in dem Ort Dschuwaja, der etwa 30 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt liegt, ein Hisbollah-Kommandozentrum an. Von dort aus habe es direkte Angriffe auf Israel gegeben. Das Militär habe außerdem den Kommandeur Abdallah gezielt getötet, hieß es in der Mitteilung. Er sei «einer der ranghöchsten Hisbollah-Kommandeure im Süden des Libanons» gewesen.

Israel: Kommandeur stand hinter vielen Terroranschlägen

„Viele Jahre lang hat der Terrorist eine große Anzahl von Terroranschlägen auf israelische Zivilisten geplant, vorangetrieben und ausführt“, teilte die Armee weiter mit. Sie bestätigte, bei dem Angriff seien drei weitere Hisbollah-Mitglieder getötet worden.

Aus Hisbollah-Kreisen hieß es, Abdallahs Tod sei „ein großer Verlust für die Bewegung“. Im Beisein von mehreren hundert Trauergästen wurde er im Süden Beiruts beigesetzt, wo die Hisbollah besonders großen Einfluss hat. Es war das erste Mal seit der Tötung Al-Tauils vor fast einem halben Jahr, dass die Hisbollah von der Tötung eines „Kommandeurs“ sprach. Haschem Safieddine, ranghoher Hisbollah-Funktionär, kündigte bei dem Begräbnis an, die Organisation werde als Reaktion auf Abdallahs Tod „die Intensität, Stärke, Quantität und Qualität unserer Operationen verstärken“.

Kommandeur galt als Vertrauter Soleimanis

Die Miliz veröffentlichte Fotos Abdallahs und Al-Tauils zusammen wie auch ein Foto Abdallahs mit dem mächtigen iranischen General Ghassem Soleimani, der 2020 im Irak durch einen US-Drohnenangriff getötet worden war. Die schiitische Miliz ist eng mit dem Iran verbündet. Abdallah soll ein enger Vertrauter Soleimanis gewesen sein und verantwortlich für bewaffnete Einsätze der Hisbollah im Zentrum und Süden des Libanons.

Einige abgefeuerte Geschosse aus dem Libanon habe die Raketenabwehr abgefangen, andere seien an mehreren Orten im Norden Israels eingeschlagen, teilte die israelische Armee mit. Es seien mehrere Brände ausgebrochen. Die Polizei teilte mit, alle Geschosse seien in unbewohnten Gebieten niedergegangen. Es gebe keine Berichte über Verletzte. Israels Luftwaffe griff nach Militärangaben eine Raketen-Abschussrampe im Libanon an.

Sorge vor Eskalation durch Ausweitung von Angriffen

Mit der Tötung Abdallahs könnte sich der Konflikt zwischen der Hisbollah und Israels Armee ausweiten. Die Lage im Südlibanon gehe in Richtung Eskalation, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. Dort wachse die Sorge, weil Israel zunehmend auch Ziele im Landesinneren angreife.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor mehr als acht Monaten kommt es täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee mit der Hisbollah-Miliz sowie anderen Gruppierungen im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Tote gab es dabei auf beiden Seiten. In Ortschaften beiderseits der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150 000 Menschen wurden evakuiert oder verließen die Kampfzone.

Die Hisbollah ist mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen verbündet, gilt aber als deutlich schlagkräftiger. Israel will durch militärischen und diplomatischen Druck erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht. Es wird aber nicht damit gerechnet, dass die Hisbollah das Feuer einstellt, solange der Gaza-Krieg andauert.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...