Politik

Ostseerat in Finnland: Baerbock fordert Einheit gegen Russlands Nadelstiche

Russland strebt durch gezielte Provokationen wie Sabotage, GPS-Störungen und die Verbreitung von Desinformation im Ostseeraum an, Verunsicherung zu erzeugen. In Finnland versammeln sich die demokratischen Anrainerstaaten des Meeres, um gemeinsame Maßnahmen zu erörtern.
14.06.2024 08:23
Aktualisiert: 14.06.2024 10:05
Lesezeit: 2 min
Ostseerat in Finnland: Baerbock fordert Einheit gegen Russlands Nadelstiche
Außenministerin, nimmt am Treffen der Außenministerinnen und Außenminister des Ostseerats teil. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Außenministerin Annalena Baerbock kündigt eine gemeinsame Reaktion der demokratischen Ostsee-Anrainerstaaten auf die russischen Provokationen in der Region an. „Wenn Russlands Nadelstiche versuchen, uns zu spalten, rücken wir enger zusammen“, erklärte die Grünen-Politikerin am Donnerstag vor zweitägigen Beratungen der Außenminister des Ostseerats in Finnland. Baerbock fügte mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin hinzu: „Sicherheit bedeutet heute auch im Ostseeraum Sicherheit vor und nicht mit Putins Russland.“

Das Treffen begann am Abend in der Stadt Porvoo nahe der Hauptstadt Helsinki mit dem obligatorischen Familienfoto. Zentrales Thema beim Arbeitsabendessen im Anschluss: „Abwehr von russischen hybriden Bedrohungen im Ostseeraum.“ An diesem Freitag wollte Baerbock zunächst mit ihrer finnischen Kollegin Elina Valtonen im kleinen Kreis zusammenkommen. Bei der anschließenden Arbeitssitzung sollte es dann um die Stärkung der Krisenvorsorge und Widerstandsfähigkeit im Ostseeraum gehen.

Der Ostseerat wurde 1992 auf Initiative der Außenminister Deutschlands und Dänemarks gegründet, um die politische und wirtschaftliche Transformation des Ostseeraums zu unterstützen und die Region zu stabilisieren. Mitglieder sind die acht Ostseeanrainer Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Lettland, Polen und Schweden sowie Island, Norwegen und die EU. Als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde die russische Mitgliedschaft im März 2022 suspendiert, im Mai 2022 trat Russland aus dem Ostseerat aus. Das Sekretariat der Organisation hat seinen Sitz in Stockholm.

Sabotage, GPS-Störungen, Desinformation

Auf engstem Raum durchzögen Datenkabel, Schifffahrtswege und Windkraftanlagen wie Lebensadern den Ostseeraum und würden die freien Gesellschaften verbinden, sagte Baerbock. „Wenn komplexe hybride Bedrohungen – von GPS-Störungen über Sabotage an Unterwasserkabeln bis zu Desinformationskampagnen in sozialen Medien – an der Tagesordnung sind, stellen wir uns dem als demokratische Ostseeanrainer gemeinsam entgegen“, versicherte die Bundesaußenministerin.

Russland hatte Ende Mai Markierungen im Grenzfluss Narva zu Estland entfernt, der die Grenzlinie zwischen den Nachbarländern und die östliche Außengrenze von EU und Nato markiert. Zudem gab es Irritationen über mögliche Pläne Russlands für eine Anpassung der Seegrenzen im Finnischen Meerbusen und an der auch an Litauen grenzenden Exklave Kaliningrad.

Wegen Störungen der GPS-Satellitennavigation im Ostseeraum hatte Estland Ende Mai den Geschäftsträger der russischen Botschaft einbestellt. Damals hatte Außenminister Margus Tsahkna erklärt, das Jamming - das aktive Stören oder Blockieren des Signals - durch Russland habe immer mehr zugenommen. Das beeinträchtige erheblich die zivile Luftfahrt. Das GPS-Signal wird von Flugzeugen etwa zur Bestimmung der eigenen Position und zur Navigation verwendet.

„Nato gemeinsamer Sicherheitsschirm über der Ostsee“

Die Nato sei mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens „inzwischen unser gemeinsamer Sicherheitsschirm über der Ostsee“, sagte Baerbock. „Als maritime Nachbarn rund um die Ostsee sind wir uns einig: Wir wollen gemeinsam unsere Freiheit und Sicherheit im Ostseeraum schützen – jetzt und für künftige Generationen.“

Schweden war der Nato am 7. März beigetreten und hatte vor wenigen Tagen angekündigt, sich an der Überwachung des Luftraums unter dem Kommando des Militärbündnisses zu beteiligen. Demnach sollen schwedische Kampfflugzeuge im Rahmen des „Nato Air Policing“ vor allem über dem Baltikum eingesetzt werden. Wie sein Nachbar Finnland hatte Schweden unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine nach langjähriger militärischer Bündnisfreiheit die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Finnland war im April 2023 Nato-Mitglied geworden. Inzwischen hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Aufstellung zusätzlicher Truppen und Waffensysteme an der Grenze zu Finnland angekündigt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...

DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...