Politik

Verteidigungsausgaben Deutschland 2024: Nato-Ziele erreicht

Deutschland hat der Nato für das aktuelle Jahr geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet und würde damit klar das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erreichen. Was das für die Nato und Deutschland bedeutet!
18.06.2024 09:43
Lesezeit: 2 min
Verteidigungsausgaben Deutschland 2024: Nato-Ziele erreicht
Ein Kampfjet des Typs F-16 startet während eines Nato-Luftwaffen-Manövers: Verteidigungsausgaben Deutschlands erreichen 2024 Nato-Ziele (Foto: dpa). Foto: Marcus Brandt

Wie aus einer neuen Übersicht der Nato hervorgeht, entspricht die Summe einem Anteil am prognostizierten deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2,12 Prozent. Diese Quote liegt höher als noch zu Jahresbeginn erwartet.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich Deutschland vorgenommen, erstmals die 2014 vereinbarte Nato-Zielmarke für Verteidigungsausgaben zu erreichen. Diese Zielmarke sieht vor, dass die Mitgliedstaaten jährlich mindestens zwei Prozent ihres BIP dafür einplanen.

Spanien am Ende der Liste

In diesem Jahr werden nach den neuen Zahlen voraussichtlich 23 Nato-Staaten die Zielmarke erreichen oder sogar überschreiten. Spitzenreiter bei der Quote sind derzeit Polen mit Verteidigungsausgaben in Höhe von 4,12 Prozent des BIP und Estland mit 3,43 Prozent. Beide Länder liegen damit vor den USA, die 2024 nach den jüngsten Schätzungen auf 3,38 Prozent kommen dürften.

Am Ende der Liste stehen Länder wie Spanien, Slowenien und Luxemburg, die derzeit bei unter 1,3 Prozent liegen. Auch Belgien (1,30 Prozent), Kanada (1,37 Prozent), Italien (1,49 Prozent) und Portugal (1,55 Prozent) verfehlen die Nato-Zielmarke deutlich.

Stoltenberg lobt "größte Steigerung seit Jahrzehnten"

Insgesamt werden die derzeit 32 Nato-Staaten nach Schätzungen im Jahr 2024 rund 1,5 Billionen US-Dollar (etwa 1,4 Billionen Euro) für Verteidigung ausgeben. Inflations- und Wechselkursschwankungen herausgerechnet würde dies im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg um 10,9 Prozent entsprechen. Die europäischen Alliierten und Kanada allein würden den Angaben zufolge auf ein Plus von 17,9 Prozent kommen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der zur Vorbereitung des Nato-Gipfels in Washington weilt, lobte bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden die Entwicklung als "größte Steigerung seit Jahrzehnten". Die Zahlen zeigten, dass die europäischen Bündnispartner und Kanada ihren Teil der Verantwortung für den Schutz aller Mitglieder des Nato-Bündnisses übernähmen. Biden sprach von einer "Rekordzahl" an Verbündeten, die das Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben nun erreichten.

Botschaft an Russland

Mit der deutlichen Steigerung der Verteidigungsausgaben reagieren die Alliierten insbesondere auf Russlands Einmarsch in die Ukraine. Durch eine stärkere Abschreckung und Verteidigung soll Kremlchef Wladimir Putin gezeigt werden, dass ein Angriff auf ein europäisches Nato-Land keine Erfolgschancen hätte. Beim Nato-Gipfel in Washington vom 9. bis 11. Juli würden sich die Verbündeten bereiterklären, die finanzielle Unterstützung für die Ukraine weiter zu verstärken.

Hilfreich könnten die Zahlen auch mit Blick auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November sein. Der Republikaner hat im Wahlkampf deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. Trump hatte bereits in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 wiederholt über zu niedrige Verteidigungsausgaben europäischer Alliierten gewettert und mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht.

Stoltenberg sagte in einem Interview mit "Welt" und US-Medien, Trump habe nicht in erster Linie die Nato kritisiert. "Seine Kritik richtete sich gegen Nato-Mitglieder, die nicht genug in die Nato investieren." Der Nato-Generalsekretär lobte erneut das in Wiesbaden geplante Hauptquartier für den Nato-Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte. Die Einrichtung des neuen Hauptquartiers sei wichtig, "unabhängig davon, wer der nächste US-Präsident ist".

USA weit vor Russland und China

Trotz der Steigerungen der Europäer werden die USA den Zahlen zufolge mit schätzungsweise rund 968 Milliarden Dollar erneut mehr als doppelt so viel Geld in Verteidigung investieren wie alle anderen 31 Nato-Partner zusammen und bleiben damit auch international die absolute Nummer eins.

Zum Vergleich: Die Militärausgaben Russlands wurden vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) für 2023 auf rund 109 Milliarden Dollar geschätzt, was unter Berücksichtigung von Kaufkraftunterschieden im Westen etwa 295 Milliarden Dollar entsprechen würde. China lag demnach bei 220 Milliarden Dollar beziehungsweise kaufkraftbereinigt bei 408 Milliarden Dollar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...