Politik

Das Nebenkostenprivileg entfällt: Kabelgebühren für Mieter nicht mehr umlegbar

Mehr als zwölf Millionen Haushalte sind betroffen: Das Ende des Nebenkostenprivilegs ist da! Seit dem 1. Juli 2024 können Mieter frei ihren TV-Anbieter wählen, doch was bedeutet das für Ihre Kabelgebühren? Wie können Sie Kosten sparen und welche Alternativen gibt es? Und vor allem: Warum sollten Sie jetzt handeln?
04.07.2024 15:00
Lesezeit: 3 min

Kabelgebühren, die bisher über die Nebenkosten abgerechnet wurden, fallen weg – ein Relikt aus den Anfängen des Kabelfernsehens wird abgeschafft. Konkret heißt das: Seit dem 1. Juli 2024 können Verbraucher Ihre Empfangsart selbst bestimmen. Die Änderung ist Teil der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und verspricht mehr Freiheit bei der Wahl des TV-Anbieters.

Was ist das Nebenkostenprivileg & warum ist es heute überholt?

Das sogenannte Nebenkostenprivileg in § 2 Nr. 15 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) erlaubte es Vermietern, die Kosten für den Kabelanschluss über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umzulegen. „Das System basiert auf dem Anreiz, je mehr daran teilhaben, desto günstiger wird es für den Einzelnen“, erläutert Michael Gundall, Fachberater Technik der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, gegenüber dem ZDF.

Doch die Technik hat sich in den letzten Jahrzehnten stark weiterentwickelt: Heutzutage wird das Fernsehprogramm häufig digital und über diverse Plattformen wie Satellit, DVB-T2 oder Internet-TV übertragen. Trotzdem zahlten viele Mieter über die Nebenkosten für einen Kabel-TV-Anschluss, den sie oft gar nicht nutzten.

Ein Beispiel: Frau Müller, Mieterin in einem Mehrfamilienhaus, dessen Hausverwaltung einen Sammelvertrag mit einem Kabelnetzbetreiber abgeschlossen hatte. Über die Nebenkostenabrechnung zahlte sie jahrelang ihren Anteil für den Kabelanschluss, den die Hausverwaltung an den Betreiber weiterleitete.

Viele Mieter wurden doppelt belastet – trotz digitalem Fernsehen!

Frau Müller nutzte jedoch hauptsächlich Internetfernsehen und zahlte somit doppelt – einmal für den Kabelanschluss und zusätzlich für den Internet-TV-Dienst. Nun ist ihr Vermieter verpflichtet, den Sammelvertrag zu kündigen. „Mieter müssen nichts weiter tun. Falls der Anschluss nicht gekündigt wird, dürfen Vermietende ab 1. Juli 2024 die Kosten nicht mehr über Sie abrechnen“, informiert die Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Für Wohnungseigentümer ist die Lage kniffliger. Bis zum 30. Juni 2024 konnten sie TV-Verträge per Beschluss der Eigentümergemeinschaft kündigen. Wurde nichts unternommen, bleiben die Verträge bestehen. Eigentümer müssen dann weiterhin die TV-Kosten tragen, können diese aber nicht mehr auf Mieter umlegen.

Die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs könnte den Kabelfernsehmarkt komplett umkrempeln!

Ein Blick auf die Entwicklung der Telefonkosten zeigt das Potenzial: 1990 kostete ein Ferngespräch über 100 Kilometer zur Hauptzeit 92 Pfennig pro Minute, während heute Flatrates für unbegrenzte Gespräche für monatlich unter 10 Euro erhältlich sind. Eine ähnliche Preissenkung könnte auch bei TV-Diensten eintreten. „Mit der Abschaffung findet endlich ein richtiger Wettbewerb beim Fernsehempfang statt“, betont Michael Gundall.

Auf der anderen Seite warnt die Verbraucherzentrale vor möglichen Preiserhöhungen von geschätzten 2 bis 3 Euro pro Monat. Der Deutsche Mieterbund empfiehlt, die Preise und Angebote verschiedener Anbieter genau zu vergleichen, um die beste Option zu finden. Vodafone erhebt beispielsweise monatliche Kosten für Kabelfernsehen zwischen 6,99 Euro – 12,99 Euro, wie das Unternehmen auf seiner Homepage mitteilt.

Was kommt auf Mieter zu & warum sollten Betriebskostenabrechnungen genau geprüft werden

Ohne einen eigenen Vertrag ist es spätestens ab dem 1. Juli 2024 nicht mehr möglich, über den Kabelanschluss TV zu schauen. Mieter müssen daher aktiv werden und einen eigenen Vertrag abschließen, wenn sie weiterhin Kabelfernsehen nutzen möchten.

Die Kabelgebühren dürfen nur noch bis zum 30. Juni 2024 als Betriebskosten abgerechnet werden. Bei der Prüfung der Abrechnung für das Jahr 2024 sollten Sie darauf achten, dass keine Kabelanschlusskosten für die Zeit nach dem 30. Juni 2024 enthalten sind. Falls doch, müssen Sie diese Kosten nicht bezahlen. In diesem Fall sollten Mieter die zu Unrecht berechneten Beträge innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt der Abrechnung bei ihrem Vermieter reklamieren.

Was passiert, wenn Sie sich gegen einen TV-Kabel-Vertrag entscheiden?

Entscheiden Sie sich gegen einen neuen TV-Kabel-Vertrag, wird der Anschluss in Ihrer Wohnung deaktiviert. Das Fernsehsignal wird zentral in das Gebäude eingespeist und steht allen Mietparteien zur Verfügung, solange ein Sammelvertrag besteht. Mit dem Ende dieser Verträge endet auch die Signalübertragung. Kabelnetzbetreiber und Kabelverbände kritisieren die Gesetzesänderung. Sie befürchten, dass viele Mieter ihre Verträge kündigen und auf alternative Übertragungswege umsteigen könnten.

Warnung vor Trickbetrug

Ein letzter Hinweis: Im Zuge der Änderungen beim Kabelanschluss wird ausdrücklich vor Trickbetrügern gewarnt. Häufig treten zwei Personen auf, die vorgeben, die Anschlussdose in der Wohnung überprüfen oder stilllegen zu müssen. Lassen Sie diese Personen nicht in Ihre Wohnung! Während eine Person die Bewohner ablenkt, durchstöbert die andere nach Wertgegenständen und stiehlt sie. Sollten tatsächlich Arbeiten in Ihrer Wohnung notwendig sein, werden die Techniker dies immer vorher ankündigen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Automarkt: Fast 56 Millionen Elektroautos weltweit unterwegs
27.06.2025

Immer mehr Elektroautos sind weltweit auf den Straßen unterwegs – doch ein Blick hinter die Zahlen offenbart Überraschungen. Besonders...

DWN
Panorama
Panorama RTL: Sky-Übernahme bringt Bewegung in den Markt – RTL-Aktie hebt ab
27.06.2025

Die Medienlandschaft in Deutschland steht vor einer überraschenden Wende: RTL greift nach einem prominenten Konkurrenten. Die...

DWN
Politik
Politik Richtungsstreit auf dem SPD-Parteitag: Neustart oder weitere Konflikte?
27.06.2025

Beim SPD-Parteitag in Berlin steht weit mehr als nur eine Neuwahl der Parteispitze an. Personalien, Programmdebatten und ein heikles...

DWN
Immobilien
Immobilien Volksbanken rechnen mit steigenden Immobilienpreisen
27.06.2025

Die Immobilienpreise in Deutschland steigen wieder – und das trotz sinkendem Neubau und angespannter Lage auf dem Wohnungsmarkt. Eine...

DWN
Politik
Politik Im Eiltempo zum Mindestlohn 2025: Kommen jetzt die 15 Euro?
27.06.2025

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steht erneut zur Debatte – und mit ihm das politische Versprechen der SPD, ihn auf 15 Euro zu...

DWN
Panorama
Panorama Währungsunion DDR: Der teure Preis der D-Mark-Euphorie
27.06.2025

Als die D-Mark kam, war die Euphorie groß – doch der Preis dafür war hoch. Innerhalb weniger Monate brach ein ganzes Wirtschaftssystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa tankt grün – doch reicht das für die Verkehrswende?
27.06.2025

Der Verbrauch alternativer Kraftstoffe in Europa boomt – doch hinter den Rekordzahlen bleibt vieles fraglich. Ist das echter Klimaschutz...

DWN
Politik
Politik Von der Leyens Deal mit der Rechten: Was das für den Green Deal heißt
26.06.2025

Die Green Claims-Richtlinie sollte Greenwashing in Europa beenden. Doch Ursula von der Leyen lässt das Projekt fallen – auf Druck von...