Immobilien

Digitaler Bauantrag: Wie Förderalismus und fehlende Digitalisierung das Geywitz-Projekt ausbremsen

Im Mai 2023 gab Bundesbauministerin Geywitz den Startschuss für den bundesweit einheitlichen digitalen Bauantrag. Ziel war es, Baugenehmigungsverfahren länderübergreifend effizienter zu machen. Doch die Bilanz nach einem Jahr ist ernüchternd.
20.07.2024 15:59
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Um Baugenehmigungsverfahren künftig schneller, effizienter und vor allem einheitlicher zu gestalten, hat Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im Mai 2023 die Plattform „digitale-baugenehmigung.de“ gestartet. Damit soll eine ortsunabhängige und vollständig digitale Antragstellung ermöglicht werden, die allen Bundesländern zur Verfügung steht. Derzeit wird diese sogenannte EfA-Lösung (‚Eine für alle‘) bundesweit in den unteren Bauaufsichtsbehörden ausgerollt. Jährlich werden in Deutschland rund 220.000 Baugenehmigungen beantragt – überwiegend auf Basis eines Bauantrags in Papierform. Doch die Bilanz nach einem Jahr ist ernüchternd: Gerade einmal 1.100 Bauanträge wurden bisher über die Plattform bearbeitet.

Bundesländer mit eigenen Lösungen

Die Gründe für den schleppenden Fortschritt sind vielfältig. Nur zehn Bundesländer beteiligen sich bisher an der digitalen Plattform des Bundes, und selbst in diesen Ländern nutzen nicht alle Bauämter das neue System. „Der Bund verfolgt bei der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen das Prinzip ‚Einer für alle‘, um eine möglichst effiziente Umsetzung zu erreichen“, erklärt Joaquín Díaz, Initiator des Kongresses „Digitale Baugenehmigung“, gegenüber der Bundesingenieurskammer (BIngK). Bei Verwaltungsprozessen, die aufgrund der Landesgesetzgebung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, komme es deshakb vor, dass nicht alle Bundesländer diesem Prinzip folgen.

Baurecht ist in Deutschland Ländersache. Jedes Bundesland hat eigene Bauordnungen, Vorschriften und digitale Lösungen, um das Genehmigungsverfahren zu steuern. Wie so ein förderaler Flickenteppich aussehen kann, zeigt ein Blick nach Berlin und Baden-Württemberg.

  • In der Bundeshauptstadt regelt die Bauordnung für Berlin (BauO Bln) das Baurecht, wo Bauanträge digital bei den jeweiligen Bezirksämtern eingereicht werden. Neben den üblichen Unterlagen sind oft zusätzliche Nachweise erforderlich, wie zum Beispiel der Energiebedarfsausweis nach der Berliner Energieeinsparverordnung (Enev Bln). Die Bearbeitungszeit kann je nach Bezirk und Umfang des Bauvorhabens mehrere Monate betragen. Wie die Baukammer Berlin auf ihrer Homepage mitteilt, beträgt sie durchschnittlich drei Monate, kann sich aber im Einzelfall um bis zu zwei Monate verlängern. Die Unterlagen können elektronisch über das elektronische Bau- und Genehmigungsverfahren (eBG) eingereicht werden.
  • In Baden-Württemberg wird der Bauantrag bei den unteren Baurechtsbehörden der Landkreise oder kreisfreien Städte eingereicht, auch hier erfolgt die Einreichung digital über das zentrale Serviceportal des Landes. Insbesondere bei größeren Bauvorhaben in naturnahen Gebieten sind oft umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) erforderlich. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Bauantrags beträgt in Baden-Württemberg rund vier Monate. Auch im Ländle gilt: Je komplexer das Vorhaben, desto länger die Bearbeitungszeit.

Mangelnde Digitalisierung im Bausektor

Ein weiteres Hindernis sind fehlende Schnittstellen und die zögerliche Nutzung der neuen Systeme durch die Behörden. Oft funktionieren die Verknüpfungen zwischen dem Online-Dienst und den eingesetzten Fachverfahren nicht reibungslos. Die Bilanz der ersten 12 Monate fällt daher ernüchternd aus. Trotz des großen Potenzials zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren sind bisher nur 235 der bundesweit 691 beteiligten Bauaufsichtsbehörden an das System angeschlossen.

„Die digitale Ausstattung ist tatsächlich das größte Problem“, konstatiert denn auch Bauinformatiker Díaz gegenüber der Bundesingenieurskammer. Im Vergleich der deutschen Branchen investiere die Bauwirtschaft fast am wenigsten in Digitalisierung und entsprechende Tools, so Díaz. Sein Fazit: „Die Ausstattung in den Verwaltungen muss als unterirdisch bezeichnet werden.“

Geywitz unter Druck

Wie sehr die Bundesbauministerin unter Druck steht, ihrer Lösung endlich auf die Sprünge zu helfen, zeigt sich auf der Plattform selbst. Auf „digitale-baugenehmigung.de“ fordert ein großflächiges Banner die Kommunen auf, „bitte jetzt aktiv die Anbindung an die EfA-Lösung vorzunehmen“. Einerseits. Andererseits scheinen den Ministern die Hände gebunden zu sein, denn weiter heißt es eher zurückhaltend: „Bei Interesse an der digitalen Baugenehmigung können Sie einen Termin für eine Live-Demonstration per Videokonferenz vereinbaren“. Hier scheint das föderale System die Einführung zu verzögern.

Immerhin führt das Bundesbauministerium derzeit Gespräche mit anderen Bundesländern über die Anbindung an die Bundeslösung. Zudem sollen mit der anstehenden Novellierung der Landesbauordnungen die dringend benötigten Schnittstellen gesetzlich festgeschrieben werden. „Die Harmonisierung der Bauordnungen und die Einführung einheitlicher digitaler Schnittstellen werden die Effizienz und Akzeptanz des digitalen Bauantrags deutlich erhöhen“, sagte Geywitz kürzlich dem Tagesspiegel.

 

DWN
Politik
Politik Alle Rentenänderungen 2026 im Überblick: Neue Mütterrente, Aktivrente und Frühstartrente
20.10.2025

Das Jahr 2026 bringt weitreichende Änderungen des Rentensystems mit sich. Was sich alles ändert und wer davon profitieren kann, erfahren...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gebundenes Vermögen: Justizministerin Hubig plant neue Rechtsform für Unternehmen
20.10.2025

Eine neue Rechtsform soll Unternehmen helfen, nachhaltiger zu wirtschaften und Gewinne im Betrieb zu halten. Besonders für Mittelständler...

DWN
Politik
Politik US-Juristin warnt: Trump bedroht die Meinungsfreiheit in nie dagewesenem Ausmaß
19.10.2025

Die US-Juristin Nadine Strossen warnt vor einer beispiellosen Bedrohung der Meinungsfreiheit unter Donald Trump. Der Ex-Präsident greife...

DWN
Technologie
Technologie Elektroschrott: Europa sitzt auf Millionen Tonnen wertvoller Rohstoffe
19.10.2025

Europa produziert jährlich über 10 Millionen Tonnen Elektroschrott – doch der Großteil bleibt ungenutzt. In alten Handys, Laptops und...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold, Anleihen, Tagesgeld: Wo Ihr Geld heute noch sicher ist und Rendite bringt
19.10.2025

Krisen, Kriege, Inflation: Die großen Verwerfungen unserer Zeit beeinflussen auch Investitionspläne. Während Kleinanleger auf Tagesgeld...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktivrente: Warum der steuerfreie Zuverdienst problematisch ist
19.10.2025

Die Regierung will Rentner zum Weiterarbeiten motivieren und einen steuerfreien Zuverdienst ermöglichen – bis zu 2.000 Euro pro Monat...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Halbleitermarkt im Blick: Chinesische Investoren nach Nexperia-Fall im Fokus
19.10.2025

Die Kontrolle über strategisch wichtige Unternehmen in Europa gewinnt angesichts der Spannungen zwischen China und den USA an Bedeutung....

DWN
Technologie
Technologie Sex mit der KI? ChatGPT soll Erotik-Funktion erhalten
19.10.2025

Sexy ChatGPT? Laut dem Chef der Entwicklerfirma OpenAI soll der Chatbot bis Jahresende auch Erotik anbieten. Details sind noch unklar.