Finanzen

Steuerzahlerbund warnt: Mehr als die Hälfte des Einkommens geht direkt an den Staat

Das verfügbare Einkommen schrumpft: Nur 47,4 Cent pro Euro bleiben übrig, während Abgaben und Sozialkosten steigen. Die Belastungen drohen zu explodieren – der Steuerzahlerbund fordert dringende Reformen.
22.08.2024 07:33
Aktualisiert: 22.08.2024 08:10
Lesezeit: 3 min

Am 11. Juli 2024 war Steuerzahlergedenktag – bis zu diesem Tag haben Steuerzahler ausschließlich für den Staat gearbeitet. Im Durchschnitt wurden 52,6-Prozent ihres Einkommens in Form von Steuern und Abgaben abgeführt, wie Berechnungen des Deutschen Steuerzahlerinstituts (DSi) auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts zeigen.

Das bedeutet: Von jedem verdienten Euro bleiben nur 47,4 Cent übrig. Diese enorme Belastung trifft alle Arbeitnehmer-Haushalte in Deutschland, egal ob Singles, Paare oder Familien. Besonders betroffen sind alleinlebende Arbeitnehmer, die eine Abgabenquote von 53,6-Prozent schultern müssen. Aber auch Mehr-Personen-Haushalte stehen mit 52,3-Prozent kaum besser da.

Nur 47,4 Cent pro Euro bleiben übrig: Mehr als die Hälfte des Einkommens geht direkt an den Staat

Damit bleibt weniger als die Hälfte des Einkommens wirklich verfügbar. Das Geld im Sozialstaat Deutschland muss schließlich irgendwoher kommen – denn niemand soll auf staatliche Leistungen verzichten müssen. „Mit Steuern und Abgaben werden wichtige Leistungen finanziert. Zum Großteil fließen die Steuer- und Beitragszahlungen in Form von staatlichen Leistungen direkt oder indirekt an die Bürger zurück“, erklärt der Reiner Holznagel, Präsident des Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt).

Doch wie sieht die finanzielle Belastung im Detail aus? Von jedem Euro gehen durchschnittlich 20,9 Cent direkt an Steuern wie Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Energiesteuern, sowie an Abgaben wie die Grundsteuer, Kfz-Steuer, Stromumlagen und den Rundfunkbeitrag. Zusätzlich werden 31,7 Cent für Sozialabgaben fällig. Ein beachtlicher Teil des Einkommens verschwindet damit direkt in den Kassen des Staates.

Belastung sinkt im Vorjahresvergleich geringfügig – doch das Problem bleibt!

Aha. Nehmen wir uns also einen Moment Zeit, um all dem Geld zu gedenken, das wir für den Staat erarbeitet haben. Immerhin weist der Steuerzahlerbund darauf hin, dass die Belastung im Vergleich zum Vorjahr geringfügig um 0,1-Prozentpunkte gesunken ist – dank des Abbaus der kalten Progression im Einkommensteuertarif 2024. Dies zeigt, dass diese Maßnahme zumindest eine kleine Entlastung gebracht hat. Sonst wäre die Abgabenquote sogar auf fast 53-Prozent gestiegen.

Doch das Grundproblem bleibt ungelöst: Die finanzielle Last für die Bürger ist weiterhin erdrückend und die Aussichten sind düster. Steigende Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Erdgas und Fernwärme sowie die Anhebung der Luftverkehrsteuer im Mai 2024 verschärfen die Situation zusätzlich.

Explodierende Sozialbeiträge: Droht eine finanzielle Überlastung der Bürger?

Auch die Prognosen der DAK-Gesundheit lassen wenig Gutes erwarten: Die Sozialbeiträge dürften in den nächsten Jahren weiter steigen, was die Belastung der Bürger zusätzlich erhöht. Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK, warnt vor erheblichen Beitragssteigerungen. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung könnten in den nächsten zehn Jahren von 16,3- auf 19,3-Prozent steigen. Im Pflegebereich wird bis 2030 ein Anstieg um 0,7-Prozentpunkte erwartet.

Für die Arbeitslosenversicherung wird zwar zunächst ein leichter Rückgang auf 2,5-Prozent bis 2027 prognostiziert, doch danach droht ein Anstieg auf 3-Prozent bis 2035. Noch drastischer sieht es bei der Rentenversicherung aus: Hier könnte der Beitragssatz von 18,6- auf 22,3-Prozent bis 2035 steigen. Eine alarmierende Entwicklung, die sich weiter verschärfen dürfte, wenn der Staat seine Finanzpolitik nicht in den Griff bekommt.

Steuerzahlerbund fordert Reformen: Warum die Bürger nicht noch mehr zahlen dürfen

Um die steigende Belastung der Bürger zu stoppen, fordert der Steuerzahlerbund, dass die Grundsteuer-Reform nicht zu höheren Abgaben führt und die Politik ihr Versprechen einer aufkommensneutralen Reform einhält. „Schon heute ist die Grundsteuer die Volkssteuer Nummer 1! Deshalb darf die Grundsteuer-Reform nicht zu Mehrbelastungen der privaten Haushalte ab dem kommenden Jahr führen (…)“, mahnt BdSt-Präsident Holznagel und verweist auf die Einschätzung von Rechtsexperten, die die Grundsteuer für verfassungswidrig halten.

Weiterhin sollten die Umsatzsteuersätze auf lebensnotwendige Güter wie Wärme und Strom auf 7-Prozent gesenkt und die Stromsteuer auf das gesetzlich zulässige Minimum von 0,1 Cent/kWh reduziert werden – ähnlich wie es bereits für das produzierende Gewerbe umgesetzt wurde. Auch private Haushalte sollten von diesen Entlastungen profitieren.

Holznagel betont zudem, dass der Abbau der kalten Progression seit 2016 ein wichtiger Schritt war. Doch eine umfassende Reform, die die Mittelschicht deutlich entlastet, steht noch aus. Dringend erforderlich ist ein dynamischer Tarif im Einkommensteuergesetz, der sich automatisch anpasst. Laut dem Steuerzahlerbund braucht es mittelfristig eine grundlegende Reform des Einkommensteuertarifs, um die Belastungsquote dauerhaft unter 50-Prozent zu senken. Andernfalls drohen den Steuerzahlern weitere Lasten – und die Frage bleibt, wie viel von einem hart verdienten Euro am Ende übrigbleibt.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Studie: Betriebsrat wirkt sich positiv auf die Produktivität aus
04.11.2025

Wie stark kann ein Betriebsrat die Produktivität von Unternehmen wirklich beeinflussen? Eine aktuelle Ifo-Studie liefert überraschende...

DWN
Panorama
Panorama Triage-Regel gekippt: Was die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet
04.11.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat die umstrittene Triage-Regel gekippt – ein Urteil mit weitreichenden Folgen für Medizin und Politik....

DWN
Politik
Politik Reformen in Europa: Wie der schleppende Fortschritt den Wettbewerb gefährdet
04.11.2025

Europa steht vor wachsenden wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen. Kann die Union unter diesen Bedingungen den Rückstand...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs droht Rutsch auf tiefsten Stand seit Juni: Anleger leiden unter Risikoaversion
04.11.2025

Der Bitcoin-Kurs steht unter massivem Druck. Milliardenverluste, Panikverkäufe und makroökonomische Unsicherheiten erschüttern den...

DWN
Finanzen
Finanzen BYD-Aktie unter Druck: Chinas Autobauer mit größtem Umsatzrückgang seit Jahren
04.11.2025

BYD steht unter Druck: Der einstige Überflieger der E-Auto-Branche erlebt den größten Gewinnrückgang seit Jahren. Anleger sind...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stahlproduktion: Studie der Hans-Böckler-Stiftung warnt vor Milliardenverlusten durch Stahlauslagerung
04.11.2025

Die mögliche Stahlauslagerung deutscher Produktionskapazitäten sorgt für Aufsehen. Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung warnt...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: So schützen sich Anleger vor einem möglichen KI-Crash an den Finanzmärkten
04.11.2025

Die US-Finanzmärkte sind in Bewegung. Technologiewerte und Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz sorgen für Begeisterung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Autokosten: Check zeigt steigende Preise für Versicherung, Pflege und Reparaturen
04.11.2025

Die Preise rund ums Auto steigen rasant – von Versicherung bis Wartung. Ein aktueller Autokostencheck zeigt, wie stark sich der Unterhalt...