Politik

Wenn es auf die Wirtschaft ankommt, könnte Kamala Harris Donald Trump schlagen

Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend gesunken! Vor wenigen Tag erst kam auch die Meldung, dass die Inflationsrate in den USA deutlich niedriger liegt. Gute Nachrichten für die US-Regierung von Joe Biden. Nun kommt es darauf an, dass Kamala Harris, die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, das auch den Wählern verklickert. An diesem Montag ist großer Parteitag ihrer Partei – ein Schlüsselmoment für ihren Wahlkampf.
16.08.2024 22:00
Aktualisiert: 16.08.2024 22:37
Lesezeit: 4 min

It’s the economy, stupid! Wenn es danach geht, sollte Kamala Harris Donald Trump jetzt allmählich schlagen können. Die politische Mitte, frustriert, aber noch unentschieden, hat in den vergangenen Monaten vor allem über die hohen Belastungen der Preise und im täglichen Leben geklagt. Vor allem die galoppierende Inflation drückte die Stimmung. Der Arbeitsmarkt konnte auch nicht mit den nominellen Wachstumszahlen mithalten. Plötzlich scheint sich der Wind zu drehen.

In den USA sind die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche unerwartet gesunken. Die Zahl der Hilfsanträge ging um 7.000 auf 227.000 zurück, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Volkswirte hatten hingegen mit einer leichten Eintrübung der Lage auf dem Arbeitsmarkt und einem Anstieg der Hilfsanträge auf 235.000 gerechnet. Damit lässt sich im Wahlkampf punkten.

Auch mit den Inflationszahlen, die nun deutlich unter drei Prozent liegen in den USA. Mit 2,9 Prozent fällt der Wert damit auf niedrigste Rate seit März 2021 - das wirkt wie Regen in der Wüste. Die Rahmenbedingungen sind also nicht schlecht für Kamala Harris und ihren designierten Vize Tim Walz. Joe Biden hat einen guten Job gemacht, jetzt muss die Message nur noch bei den Wählern zugestellt werden.

Wie der Finanzmarkt Inflation und Arbeitslosenzahlen der Woche aufgenommen hat

An den Finanzmärkten werden die Zahlen derzeit mit Argusaugen betrachtet – vor wenigen Tagen sah es vorübergehend nach einem Crash an der Börse aus. Doch das wohl nur falscher Alarm – aufgrund von Zahlen aus dem fernen Japan. Den wöchentlichen Erstanträgen kommt jede Woche eine besondere Bedeutung zu, weil sie als zeitnaher Indikator für den US-Arbeitsmarkt gelten. Hier könnte sich ein Spiegelbild zu den Sympathiewerten für das Team Harris/Walz abzeichnen. Kamala Harris hat bereits in den ersten Swing-States Donald Trump eingeholt.

Der Republikaner gibt sich entsprechend miesepetrig und schlecht gelaunt. So etwa jetzt im beschaulichen Städtchen Asheville in North Carolina. Dort fiel ihm nichts besser anderes, als Harris als Kopistin zu outen, weil die Trinkgelder in der Gastronomie steuerfrei stellen möchte nach ihrer Wahl. Die Idee hatte auch Trump schon mal geäußert, freilich kein Patent oder Gebrauchsmusterschutz darauf erhoben. So mäkelte er nur herum, beschimpfte und beleidigte Kamala Harris, als „crazy“, „a lefty“, „not intelligent“, „stupid“. Dass damit in einem Wirtschaftswahlkampf kein Blumentopf zu gewinnen ist, warnte ihn sogar Parteifreundin Nikki Haley, die immerhin aus North Carolina stammt und ihr dortiges Klientel bestens kennt. Die vermeintliche Stärke Trumps wird mit keinem Wort ausgespielt.

Trump wirkt in North Carolina ausgebrannt und sichtlich gealtert

Trump wirkt irgendwie ausgebrannt. Zu viele Wahlkampftermine, kein Esprit mehr, zu wenig Oktan im Tank – das Alter macht sich bemerkbar. Nicht nur bei Joe Biden, sondern sichtlich auch bei Donald Trump.

Kamala Harris und Tim Walz dürften ihr „Momentum“, wie man in den USA einen guten Lauf nennt, in der kommenden Woche womöglich noch verlängern. Am Montag treffen sich die Demokraten zum großen Parteikampf - das wird die Medien und die Öffentlichkeit bestimmen. Während CNN diese Woche (statt über Trumps Wirtschaftskompetenz) lieber über die krummen Geschäfte von seinem „weirden“ Running-Mate, J.D Vance, berichtete. Die Pleite von Appharvest aus den Appalachen, eine pleite-gegangene Tomatenfarm, scheint diesen Sommer immer mehr Kreise zu ziehen.

Im September gibt es derweil einen weiteren Hoffnungsposten, der Trump/Vance in die Parade fahren könnte: eine sehr wahrscheinliche Zinspreissenkung der Fed nämlich. Generell spielen gerade die Arbeitsmarktdaten eine wichtige Rolle für die Geldpolitik der US-Notenbank, da sie Hinweise auf die Löhne und damit auf die allgemeine Preisentwicklung liefern.

Trumps pathologischer Negativismus nervt zusehends die Wähler der Mitte

Nicht alle Zahlen weisen in die gleiche Richtung. So ist die Industrieproduktion im Juli stärker gefallen als erwartet. Gegenüber dem Vormonat sank sie um 0,6 Prozent, wie die US-Notenbank Fed bekannt gab. Volkswirte hatten lediglich mit einem Rückgang um 0,3 Prozent gerechnet. Im Juni war die Produktion noch um revidierte 0,3 Prozent gestiegen. Allerdings war zunächst ein Anstieg um 0,6 Prozent ermittelt worden. Ein Nullsummenspiel gewissermaßen, das bisher in New York keine Sorgen bereitet. Im Gegenteil: Die Zinssenkung dürfte eher wahrscheinlicher werden, deshalb. Auch die Warenherstellung sank im Juli um 0,3 Prozent. Dies war von Volkswirten erwartet worden. Die Kapazitätsauslastung der Gesamtindustrie fiel um 0,6 Prozentpunkte auf 77,8 Prozent. Am Devisenmarkt reagierte der US-Dollar derweil mit deutlichen Kursgewinnen auf die aktuellen Daten dieser Woche. Der Euro fiel im Gegenzug auf ein Tagestief bei 1,0962 Dollar, gestern erst fiel er wieder zurück.

Die Tage bis zum 5. November – dem großen Showdown in den USA – sind gezählt. Momentan reiben sich alle Beobachter in den USA verwundert die Augen und können es nicht glauben, wie sicher Kamala Harris ihre Kampagne steuert. Größere Fehler sind ihr bisher nicht unterlaufen. Die wunden Punkte, wie ihre eher klägliche Bilanz als Vize-Präsidentin und die illegale Immigration am Grenzzaun zu Mexiko, ziehen längst nicht mehr so wie noch vor wenigen Wochen. Vor allem treibt der beständige, fast schon pathologische Negativismus Trumps die Wähler der Mitte zunehmend ins Lager der „Never-Trumpers“. Er sagt, er habe das Recht, seine Gegnerin schlecht zu machen und zu beschimpfen. Wenn er meint! Nun muss Kamala Harris die Wähler nur noch an die Wahlurne bekommen.

Übrigens: Die Deutschen wissen natürlich schon jetzt, wie die US-Wahlen ausgehen (sollen). Nach aktuellen Umfrage des ZDF-Politbarometers vom 15. August 2024 glauben 68 Prozent der Befragten, dass Kamala Harris die Wahl gewinnen wird. Nur 26 Prozent der Befragten erwartet, dass der Ex-US-Präsident Donald Trump am Wahltag als Sieger über die Ziellinie kommt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

DWN
Politik
Politik Kritik an CSU-Plänen: Arbeitgeber fordern Kurswechsel bei der Mütterrente
31.10.2025

Angesichts der schwächelnden Konjunktur ruft Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger die Bundesregierung und CSU-Chef Markus Söder zum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weihnachtsgeschäft auf Rekordkurs: Neue iPhones beflügeln Apple
31.10.2025

Künstliche Intelligenz mag bei Apple noch keine Hauptrolle spielen – doch die neuen iPhones verkaufen sich glänzend. Der Konzern...

DWN
Technologie
Technologie E-Patientenakte im Praxistest: Wo die Digitalisierung noch stockt
31.10.2025

Die elektronische Patientenakte soll den Austausch medizinischer Daten erleichtern – doch der Start verläuft holprig. Seit vier Wochen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Facebook-Konzern will KI-Ausbau beschleunigen
31.10.2025

Mark Zuckerberg treibt den Ausbau von Künstlicher Intelligenz bei Meta voran. Milliarden fließen in neue Rechenzentren und die Abwerbung...

DWN
Politik
Politik Wie man Deutschlands Industrie helfen kann: Experten fordern Europa zum Handeln auf
31.10.2025

Die deutsche Industrie gerät unter Druck und beeinflusst die gesamte europäische Wirtschaft. Europa steht vor der Aufgabe, Maßnahmen zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte im Fokus: Nokia profitiert von Nvidia-Deal und Technologie-Giganten setzen neue Rekorde
30.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen aktuell eine Mischung aus leichten Rücksetzern und überraschenden Kursgewinnen. Während Anleger Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg USA China: Trumps fataler Irrtum mit globalen Folgen
30.10.2025

Ein strategisches Planspiel in Washington zeigt, dass die USA den Wirtschaftskonflikt mit China längst hätten gewinnen können – wenn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation lässt nach: Aber weiter über zwei Prozent
30.10.2025

Die Inflation geht zurück, doch von Entlastung kann keine Rede sein. Zwar sinken die Preise für Energie leicht, dafür verteuern sich...