Wie bei der Alkoholgrenze von 0,5 Promille gibt es jetzt auch eine gesetzliche THC-Grenze für den Straßenverkehr. Bei Verstößen gegen diese Regelung drohen hohe Bußgelder. Doch die neuen Bestimmungen sind nicht unumstritten.
Warum wurden neue Cannabis-Regeln für Autofahrer eingeführt?
Die Ampel-Koalition hat Änderungen im Verkehrsrecht beschlossen, die nun in Kraft getreten sind. Diese Änderungen begleiten die eingeschränkte Legalisierung von Cannabis, die seit dem 1. April das Kiffen und den privaten Anbau von Cannabis für Volljährige unter bestimmten Auflagen erlaubt. Das Bundesverkehrsministerium erklärte, dass das neue Gesetz Klarheit und Rechtssicherheit bietet. Besondere Regelungen für Fahranfänger und junge Fahrer sollen einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten.
Sind die neuen Regelungen weniger streng?
Fachleute diskutieren schon länger über die neuen Bestimmungen. Bisher galt eine strikte Linie: Schon der Nachweis von Tetrahydrocannabinol (THC) konnte Konsequenzen nach sich ziehen. Es gab keinen gesetzlichen Grenzwert, aber in der Rechtsprechung setzte sich die Marke von 1 Nanogramm pro Milliliter Blut durch.
Bereits 2022 sprachen sich Experten beim Verkehrsgerichtstag für eine "angemessene" Erhöhung dieses Werts aus. Die damalige Marke wurde als zu niedrig angesehen, da sie viele Fahrer sanktionierte, bei denen keine Fahrsicherheitsminderung nachweisbar war.
Wie sieht der Grenzwert für THC genau aus?
Nun gilt: Wer absichtlich oder fahrlässig mit 3,5 Nanogramm THC oder mehr pro Milliliter Blut fährt, riskiert in der Regel eine Buße von 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot. Diese Grenze orientiert sich an Empfehlungen einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums, wonach ab diesem Wert eine sicherheitsrelevante Wirkung „nicht fernliegend“ ist. Dies ist vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol und liegt klar unter der Grenze von 7 Nanogramm, ab der eine Risikoerhöhung beginnt.
Für wen gelten strengere Cannabis-Vorgaben?
Eine neue Ordnungswidrigkeit tritt in Kraft, wenn Cannabis-Konsum mit Alkohol kombiniert wird. In diesem Fall drohen in der Regel nicht nur 500 Euro, sondern 1.000 Euro Buße sowie ein Monat Fahrverbot. Für Fahranfänger, die sich noch in der zweijährigen Probezeit befinden, und für Fahrer unter 21 Jahren gilt wie bei Alkohol: Cannabis-Konsum ist verboten. Der Grenzwert von 3,5 Nanogramm findet hier keine Anwendung, und die Sanktion beträgt in der Regel 250 Euro.
Gibt es Ausnahmen für spezielle Fälle?
Das Gesetz bezieht sich auf alle Arten von Cannabiskonsum, wie im Entwurf erläutert wird – also auf Joints ebenso wie auf THC-haltige Lebensmittel, Getränke, Öle und Extrakte. Ausgenommen ist lediglich, wenn das THC „aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels stammt“.
Bei Kontrollen sollen empfindliche Speicheltests „zum Nachweis des aktuellen Konsums“ verwendet werden, wie im Gesetzentwurf erklärt wird. Wenn jemand Symptome von Beeinträchtigungen zeigt, ist auch bei negativem Speicheltest eine Blutprobe erforderlich.
Wie beeinflusst Cannabis die Fahrtüchtigkeit?
Es ist unbestritten, dass Rauschmittel die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Bei Cannabis ist die Wirkung jedoch nicht die gleiche wie bei Alkohol. Ein „Herantasten“ an den THC-Grenzwert ist nicht möglich, wie im Entwurf dargelegt wird. Experten wiesen auf Studien hin, die zeigen, dass sicherheitsrelevante Effekte vor allem 20 bis 30 Minuten nach dem Konsum auftreten und nach drei bis vier Stunden wieder abklingen.
Bei Konsumenten, die höchstens einmal pro Woche kiffen, sinkt die THC-Konzentration innerhalb weniger Stunden. Bei regelmäßigem Konsum kann THC jedoch im Körper bleiben und noch Tage bis Wochen nachweisbar sein.
Was sagen die Experten zu den neuen Regeln?
„Der gelockerte Grenzwert ist das falsche Signal für die Verkehrssicherheit“, sagte der CDU-Fachpolitiker Florian Müller und forderte eine enge Überwachung der Unfallzahlen. Die Gewerkschaft der Polizei warnte, der Grenzwert sei wegen mangelnder Testmöglichkeiten derzeit nicht kontrollierbar. Stattdessen hätte die Regierung eine „Drogenfrei-am-Steuer“-Kampagne starten müssen – inklusive Alkohol und Medikamente.
Der Autofahrerclub ADAC erklärte dagegen bereits bei den Beratungen im Bundestag zur Höhe des Grenzwerts: „Es gibt bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Verkehrssicherheit dadurch beeinträchtigt werden.“ Wichtig sei jedoch, keinen falschen Eindruck zu erwecken. Es gilt: „Wer fährt, kifft nicht!“