Politik

Spionage und Sabotage haben Hochkonjunktur: Militärgeheimdienst warnt vor Russen

Der Militärgeheimdienst MAD stellt Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung wieder ins Zentrum. Die Abwehr von Ausspähungen und möglichen Anschlägen ist wichtiger geworden.
13.09.2024 06:01
Lesezeit: 3 min

Es geht um Lieferwege für Waffen und Munition, Einsatztaktiken im Ukraine-Krieg – und auch um Sabotage in Deutschland: Russische Geheimdienste haben ihre Spionage hierzulande verstärkt und verändert. Dies geht aus dem neuen Jahresbericht des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Laut MAD ist es für die Russen nun von vitalem Interesse, welche militärische Hilfe Deutschland der Ukraine gewährt, die im Februar 2022 von Russland überfallen wurde. Es gehe um Transportrouten und den Einsatz der westlichen Waffensysteme in der Ukraine selbst.

Damit habe sich das vornehmlich strategische Interesse der russischen Dienste an Militärpolitik und -strategie in Deutschland „zunehmend auf die taktische Ebene verlagert“, heißt es in dem Bericht. „Für die russische Seite ist es entscheidend, an Informationen zu gelangen, die den eigenen Streitkräften einen Vorteil auf dem Gefechtsfeld verschaffen.“

Mögliche Sabotage weiter eine ernste Bedrohung

Auch die Fähigkeiten der Bundeswehr selbst zur Landes- und Bündnisverteidigung sind demnach sind wieder verstärkt in den Fokus der russischen Nachrichtendienste gerückt. Weiter heißt es: „Zudem bleiben die Aufklärung und mögliche Sabotage von kritischer Infrastruktur und verteidigungswichtiger Anlagen in Deutschland eine weiterhin ernst zu nehmende Bedrohung.“

Die MAD-Präsidentin Martina Rosenberg schreibt in dem Report: „Gemeinsam stehen wir vor der großen Aufgabe, die Fähigkeiten zur Abwehr bestehender Bedrohungen zu stärken.“ Und: „Zentrales Ziel ist es, die Bundeswehr kriegstüchtig zu machen.“

„Fehlende Haushaltsmittel“: dreistellige Anzahl von Dienstposten unbesetzt

Der MAD ist der kleinste der deutschen Nachrichtendienste, untersteht dem Verteidigungsministerium und hat seinen Sitz in Köln. Das Bundesamt ist mit dem Schutz der Streitkräfte vor Spionage, der Abwehr von Extremisten sowie Sicherheitsüberprüfungen von Soldaten und Zivilbeschäftigten beauftragt.

Für seine Aufgaben hat der MAD zusätzliche Stellen bekommen, allerdings sind Posten wegen Geldmangels nicht besetzt. Seit dem 1. Januar 2024 verfüge der MAD über 2131 Dienstposten (2023: 1917). In dem Bericht heißt es dazu, „fehlende Haushaltsmittel“ verhinderten die Besetzung einer „unteren dreistelligen Anzahl von Dienstposten“.

Neues Extremismus-Thema: Unterstützung von Putins Krieg

Der Militärgeheimdienst verzeichnet zudem in der Bundeswehr eine steigende Zahl neuer Fälle, bei denen ein Verdacht auf Extremismus geklärt wird. Für 2023 gebe es ein Plus neuer Fallbearbeitungen auf 483 - gegenüber 390 im Vorjahr.

Im Bereich Rechtsextremismus wurden demnach im vergangenen Jahr 308 Fallbearbeitungen neu aufgenommen. Im Jahr 2022 waren 278 neue Verdachtsfälle auf den Tisch gekommen. In den vergangenen Jahren waren mehrere Vorfälle bekannt geworden, die große Wellen geschlagen hatten.

Mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine öffnete sich zudem ein neues Themenfeld im Phänomenbereich auslandsbezogener Extremismus, wo es einen deutlichen Anstieg auf insgesamt 65 neue Verdachtsfällen gab (2022: 18). „Ein Großteil der Neuaufnahmen resultiert aus der Befürwortung und/oder Unterstützung des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine“, heißt es in dem Bericht.

Dies stelle einen Anhaltspunkt für eine extremistische Bestrebung dar, da gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker verstoßen werde. In dem Bericht gibt es keine konkrete Zuordnung der Fälle. Aus Militärkreisen hieß es zuletzt, dass es unter Russlanddeutschen oder russischstämmigen Soldaten teils eine besorgniserregende Zustimmung für den aggressiven Kurs Putins gebe.

Im Jahr 2023 wurden laut Bericht 14 Menschen als erkannte Extremisten eingestuft, darunter sechs sogenannte Reichsbürger, fünf Rechtsextremisten und drei Personen wegen verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates. Im Jahr 2022 waren insgesamt 12 erkannte Extremisten festgestellt worden: sieben Rechtsextremisten, drei „Reichsbürger“, ein Linksextremist und ein Fall von Ausländerextremismus.

Zusätzliche Aufgabe: Absicherung der deutschen Brigade in Litauen

Es wachse die Notwendigkeit einer „Refokussierung“ der Fähigkeiten der Bundeswehr – auch des MAD – auf die Landes- und Bündnisverteidigung, heißt es in dem Bericht. Es würden auch für den Bündnisfall konzeptionelle und planerische Grundlagen geschaffen und mit den Nachrichtendiensten der Partner abgesprochen. Zudem sei entschieden worden, mit der bis 2027 geplanten Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade im Nato-Land Litauen dort auch eine MAD-Stelle einzurichten.

Ausländische Nachrichtendienste wollen Vorteil gegenüber Deutschland

„Spionage und ihre Abwehr sind grundsätzlich ein ‚leises‘ Geschäft“, schreibt der MAD, der die Öffentlichkeit eher meidet. Ausländische Nachrichtendienste („AND“) arbeiteten im Verborgenen und versuchen, möglichst unerkannt Informationen zu beschaffen, die politisch, wirtschaftlich oder militärisch relevant sind. Der Militärgeheimdienst stellt fest: „Auch wenn Spionage durch vielfältige Filme und Serien romantisiert und als Abenteuer beschrieben wird, so verfolgen ausländische Staaten mit ihren Aktivitäten harte Ziele, um sich entscheidende Vorteile gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Verbündeten zu verschaffen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kosten für Wohnen und Essen fressen geringere Einkommen auf
09.12.2025

Wohnen und Lebensmittel werden teurer – doch die Härte trifft nicht alle gleich. Neue Daten der Statistiker zeigen, wie stark vor allem...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putins Besuch in Indien zeigt die gefesselten Hände des Kreml
09.12.2025

Wladimir Putins Besuch in Indien sollte Stärke demonstrieren, doch die Realität wirkt gegenteilig. Der Kreml ist stark von Ölexporten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Rückkehr in die Gewinnzone trotz Sanierungsdruck
09.12.2025

Thyssenkrupp meldet wieder Gewinn, doch der Preis dafür ist hoch. Der Konzern kämpft mit sinkender Nachfrage, Sanierungsrückstellungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Butterpreis im Sturzflug: Milchbauern schlagen Alarm – "wirtschaftliches Desaster"
09.12.2025

Der Butterpreis rutscht auf 99 Cent je 250 Gramm und jubelnde Kunden treffen auf alarmierte Milchbauern. Hinter dem Preisschub steckt der...

DWN
Technologie
Technologie Arbeitsplatz 2030: Wie KI Bürojobs neu definiert
09.12.2025

Roboter übernehmen nicht mehr nur Fließbänder, sondern auch Schreibtische. Die künstliche Intelligenz dringt tief in den Büroalltag...

DWN
Finanzen
Finanzen Halbleiter-Aktien: Wie die ASML-Aktie zur europäischen Macht im Chipsektor wird
08.12.2025

Die US-Großbank Bank of America setzt in Europa auf einen Chipkonzern, der in einem neuen Wachstumszyklus steckt und die Branche unter...

DWN
Politik
Politik EU-Staaten beschließen schärfere Migrationspolitik
08.12.2025

Die EU zieht die Zügel in der Migrationspolitik an: Abschiebungen sollen leichter, Verteilung verpflichtender werden. Doch neue Regeln zu...

DWN
Politik
Politik Russland tobt nach Interview mit ehemaligen NATO-General Rob Bauer
08.12.2025

Ein explosiver Schlagabtausch zwischen Russland und einem früheren NATO-Spitzenoffizier schürt neue Ängste vor einer Eskalation. Moskau...