Im ersten Teil unserer großen Analyse über die Geschichte des Golds haben wir Ihnen die Anfänge des Aufstiegs gezeigt. Das erklärt, warum soviele Menschen so großes Vertrauen in das Edelmetall haben. Aber das eigentliche Interessante ist doch, was uns das heute bringt. Darum geht es im 2. Teil.
Bekanntermaßen wurde der römische Dinar (ein Silberstandard) durch die regierenden Kaiser zur Kriegsfinanzierung immer wieder mittels Beimischung von Kupfer verwässert. Auch Gold- und Silberschmiede erlagen regelmäßig der Versuchung der Geldverschlechterung.
Solche Formen der Inflationierung sind ein ständig wiederkehrendes Phänomen in der Geldgeschichte und nicht auf die Antike beschränkt. In der westlichen Welt entstanden die ersten Banknoten im späten Mittelalter, als Geldwechsler damit begannen, Einzahlungsscheine auszustellen, die gegen Edelmetalle eingelöst werden konnten. Die Finanzleute merken schnell, dass die meisten Kunden die Scheine nicht wieder gegen Münzgeld einlösten und begannen damit, ungedeckte Kredite zu vergeben.
Venezianische Geldwechsler und Verwahrstellen gelten als die Vorläufer der heutigen Banken, die auch nur einen Bruchteil ihres Kreditvolumens in Form von Einlagen halten. Das Bankenwesen wiederum mündet in das moderne Geldsystem mit Zentralbanken, die heute die Rolle der Geldwechsler von damals übernehmen, indem sie im übertragenen Sinne neues Geld drucken, um damit Staatsanleihen zu kaufen.
Das Problem von ungedeckten Banknoten gab es sogar schon seit dem 7. Jahrhundert im chinesischen Reich. Einzig das Vertrauen in das dahinter stehende wertstabile Gold- und Silbergeld ermöglichte im alten China überhaupt erst die Existenz von Papierwährungen. Rund 300 Jahre später wurde Papiergeld zum verpflichtenden Zahlungsmittel. Das Ausgabemonopol beanspruchte der damalige Kaiser Zhenzong freilich für sich selbst und er und seine Nachfolger lösten damit regelmäßig Inflationswellen aus.
Zur gleichen Zeitperiode gab es auch Positivbeispiele für staatliche Währungen. Zu nennen ist hier vor allem der Münzstandard „Solidus“ des Oströmischen Reiches, der längste Goldstandard in der Geschichte. In den ersten fünf Jahrhunderten seiner Existzenz wurde der Solidus mit einem Feingehalt von 95 Prozent Gold hergestellt. Byzanz erlebte seine Blütezeit mit einer wertstabilen Goldwährung, was sicher erheblich zum heutigen Status des gelben Edelmetalls als „solides“ und ultimatives Geld beigetragen haben wird. Die Goldwährung hatte ein derart hohes Ansehen, dass sie problemlos weit über die Reichsgrenzen hinaus akzeptiert wurde – auch in China und Britannien war der Solidus noch stark verbreitet. Man kann die byzantinische Goldmünze durchaus als damalige Weltleitwährung bezeichnen. Im 12. Jahrhundert beginnt langsam die Inflationierung des einstmals so stabilen Solidus und zeitgleich auch der schleichende Niedergang des byzantinischen Reiches.
Goldstandards im 19. und 20. Jahrhundert
Der größte Produzent ungedeckten Geldes sind heutzutage die USA. Dabei begann alles ganz anders. Lange Zeit operierten die Vereinigten Staaten unter einem Edelmetall-Standard, dabei mehrfach im sogenannten „Bimetallismus“. Ein US-Dollar war dann sowohl in einem bestimmte Gold- als auch Silbergehalt definiert. Zunächst gab es nur Edelmetall-Münzen, ab 1861 wurden die ersten Dollarscheine herausgegeben. Um 1900 herum verschwanden die Silbermünzen langsam aus dem Umlauf und der Dollar wurde offiziell zu einem Goldstandard.
Ähnlich lief es in Deutschland, wo 1871 mit der Gründung des Kaiserreichs ein Goldstandard etabliert wurde, aber bis 1907 weiterhin Silbermünzen umliefen. Die zahlreichen lokalen Gold- und Silberstandards des Mittelalters waren in einen zentralen Goldstandard übergegangen. Dass Goldgeld überall langsam Silbergeld verdrängte, lag vermutlich an der zunehmend marginalen Bedeutung von Silbermünzen als Zahlungsmittel für Kleinbeträge in einer von Papiergeld dominierten Welt.
Deutschland ist übrigens auch ein gutes Beispiel für die technischen Tücken von Goldstandards, der im Kaiserreich von Beginn an als Teilreserve angelegt war, denn die Reichsbank musste nur ein Drittel der Banknoten mit physischem Gold decken. Im Zuge des ersten Weltkriegs wurde die Golddeckung sogar komplett aufgegeben, was einer der Hauptgründe für die verheerende Hyperinflation 1923 war.
Der US-Goldstandard ging 1944 in das Bretton-Woods-System auf – ein weltweiter Dollar-Reservestandard und damit nur noch indirekter Goldstandard. Alle anderen Währungen wurden fix an den Dollar gekoppelt und ausländische Zentralbanken konnten die US-Währung zum Kurs von 35 zu 1 gegen eine Feinunze Gold einlösen. Das Austauschverhältnis der Währungen untereinander konnte manuell angepasst werden, um Ungleichgewichte in den Handelsströmen zu kompensieren. Die deutsche Mark wurde etwa mehrmals aufgewertet. Die fixen Wechselkurse sorgten für Planbarkeit und fachten den globalen Handel an.
In den Vereinigten Staaten ging der Bretton-Woods-Standard mit einem Goldbesitzverbot einher, das aber ein Teil der Bevölkerung nicht befolgte, wie es etwa auch in Deutschland bei den Goldverboten der Nationalsozialisten geschehen war.
In den folgenden Jahrzehnten inflationierten die USA ihre Währung so stark, dass sie die Golddeckung des Dollars 1971 aufgeben mussten. Seitdem gibt es auf der Welt keinen wirklichen Anker mehr, der die Geldmengen-Erhöhung durch Zentralbanken und die Aufnahme von Schulden begrenzt. Seit 1971 sind infolgedessen die weltweiten Schuldenstände und mit Abstrichen auch die Inflationsraten exponentiell angestiegen.
Man spricht oft vom „Fiatgeldsystem“, welches einzig auf Vertrauen in institutionell verankerte Papierwährungen basiert. Ein Vertrauen, das allerdings im Gegensatz zum Vertrauen in Gold eben nicht unumstößlich ist und heute bereits deutlich zu wackeln beginnt.
Es ist mehr als nur das Misstrauen in den stark überschuldeten US-Dollar, der den aktuellen Goldrausch der Zentralbanken des Globalen Südens erklärt. Es ist auch ein Misstrauensvotum gegen Papiergeld generell und zugleich ein Vertrauensbeweis für Gold als die ultimative Währung mit 5000 jähriger Historie, das Schutz vor einer möglichen erneuten globalen Hochinflation bietet.
Wie gut ihr Kaufzeitpunkt ist, wird sich erst in vielen Jahrzehnten herauskristallisieren. Aber sicherlich wird es nicht so katastrophal sein wie die Entscheidung des ehemaligen britschen Finanzministers Gordon Brown, zwischen 1999 und 2002 auf einem historischen Tiefpunkt des Goldpreises die Goldreserven Großbritanniens zu halbieren. Diese Zeitperiode nennt man in Finanzkreisen spöttisch das „Brown Bottom“.
Goldzyklus bestimmt die Rendite
Gold gilt als das Asset schlechthin, wenn es um Vermögensschutz geht. Aber aus reinen Rendite-Gesichtspunkten sind andere Anlageformen zu bevorzugen. Unterm Strich warf Gold laut „Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook 2023“ von 1900 bis 2022 eine inflationsbereinigte Rendite von 0,76 Prozent ab, während eine hypothetische Investition in den globalen Aktienmarkt real mit jährlich 5,0 Prozent rentierte.
Der Goldpreis verläuft stets in längeren Zyklen, wobei wir uns derzeit eindeutig im nächsten Bullenmarkt nach 2019 und zuvor 2009 bis 2011 befinden. Ein Blick auf einen ultra-langfristigen Chart ist sehr erhellend. Timing spielt für die Rendite einer Goldinvestition eine wichtige Rolle. Es gab auch äußerst schwache Phasen, etwa von 2012 bis 2018 und in den 1990er Jahren.
Neutrale Signale gibt der Anteil von Gold-Investments an allen Vermögenswerten. Laut Zahlen der CPM Group macht Gold aktuell knapp ein Prozent der globalen Assets aus. Dieser Anteil lag in der Vergangenheit schon einmal massiv höher (1960: 5 Prozent), aber auch deutlich niedriger (2000: 0,19 Prozent). Der aktuelle Bullenzyklus kann sicher noch weitergehen und der Goldpreis Richtung 3.000 Dollar laufen.
Eine inflationsbereinigte Betrachtung spricht hingegen für eine mittelfristige Abschwächung des Trends. Der Goldpreis ist nämlich auch real gerechnet auf Rekordniveau. Laut einer neuen Studie der Ökonomen Harvey Campbell und Claude Erb ist demnach nun auf längere Sicht mit einer unterdurchschnittlichen Goldrendite zu rechnen. Basis ihrer These ist die Annahme, dass sich der Goldpreis langfristig den Inflationsraten annähert und diese wurden nun deutlich „überschossen“. Man kann dies aber auch anders interpretieren. Gold ist vielleicht deshalb überproportional teurer geworden, weil es die echte Inflationsrate reflektiert – und nicht die von Staaten künstlich niedrig gemessenen Verbraucherpreis-Steigerungen.
Jeder Anleger sollte Gold haben
Wie dem auch auch sei: Ein fester Bestandteil Gold im Portfolio (für risikobereite Anleger reichen 10 Prozent, für verlustaverse Anleger ist 20 bis 30 Prozent zu empfehlen) ist immer sinnvoll. Weil die Preiszyklen mitunter sehr lange dauern, ist es schwer abzuschätzen, wo genau man sich gerade im Zyklus befindet. Wer mit dem Kauf wartet, bis der Zyklus nach unten dreht, zahlt meist enorme Opportunititätskosten. Eines steht allerdings fest: In Gold investiert man am besten in Zeiten, wenn es nur wenige andere tun und die mediale Berichterstattung wieder mal seinen Wert im Depot anzweifelt. Aktuell ist definitiv keine dieser Zeitperioden.
Anleger, die noch kein Gold besitzen, sollten im Zweifelsfall besser mit Sparplänen in das gelbe Edelmetall investieren. Die – sich aufbauende oder statische – Gold-Position dient als ultimative Versicherung gegen Währungskrisen, Finanz-Crashs und geopolitische Verwerfungen und sollte nicht für simple Gewinnmitnahmen verkauft werden. Wir empfehlen außerdem, einen kleinen Teil dieses Goldes in handlichen Zehntel-Unzen zuhause oder an einem anderen sicheren Ort versteckt zu lagern.