Der Goldpreis ist derzeit vergleichsweise hoch. In Euro und US-Dollar liegt er nominal und inflationsbereinigt nahe an seinem Allzeithoch. Etwa kostet eine Feinunze derzeit rund 2200 Euro. Das sind nur 3 Prozent weniger als der Höchststand von 2267 Euro vom 1. August 2024.
Historisch war ein hoher inflationsbereinigter Preis kein gutes Zeichen. „Historisch betrachtet ist es so, dass bei einem hohen realen Goldpreis die inflationsbereinigte Rendite über einen Zeitraum von zehn Jahren im Durchschnitt niedrig ist“, erklärt der Finanzökonom Campbell Harvey von der Duke University in North Carolina gegenüber DWN.
Experten halten Gold weiter für sinnvoll
Campbell rät dennoch nicht pauschal von Gold ab. Er dürfe als Wissenschaftler zwar keine Investmentratschläge geben, erklärt er. Aber: „Letztendlich sollten Anleger ein diversifiziertes Portfolio halten. Dieses Portfolio sollte Sachwerte wie Rohstoffe enthalten und Gold ist ein relativ liquider Rohstoff.“ Die Höhe der Goldquote hänge dabei unter anderem von der Risikotoleranz und dem Anlagehorizont ab.
Auch Hartmut Walz von der Hochschule Ludwigshafen hält Gold grundsätzlich für sinnvoll. Der Preis sei zwar volatil, steige nicht in jeder Krise an und habe manchmal auch über lange Zeiträume von 20 Jahren nicht die Inflation ausgleichen können, schreibt er in einem Blogartikel vom März 2024, als der Goldpreis bereits bei über 2000 Euro lag.
Trotzdem rate er risikobewussten Anlegern zu einem Goldanteil im Portfolio, weil der Preis „zwar nicht immer, aber überwiegend ausgleichend auf die Gesamtperformance wirkt“.
Der Finanzprofessor rät allerdings davon ab, bei Gold auf eine bestimmte Preisentwicklung zu spekulieren. „Spekulativer Umgang mit Goldanlagen (ganz wie auch mit anderen) ist auf keinen Fall zu empfehlen – also keine Gewinnrealisation in der Hoffnung auf späteren Rückkauf zu erhofften günstigeren Preisen.“
Harvey Campbell und sein Co-Autor Claude Erb gehen in einer Untersuchung vom Mai 2024 davon aus, dass der Goldpreis langfristig im Gleichschritt mit der Inflation steigt, also dass die inflationsbereinigte Goldrendite bei null liegt.
Dabei stützen sie sich auf das Buch „The Golden Constant“ des US-Professors Roy Jastram aus dem Jahr 1977. Der Stanford-Ökonom hatte den Goldpreis über fünf Jahrhunderte in den USA und Großbritannien untersucht.
Laut Jastram hat die Rendite seit 1560 stark geschwankt. Immer wieder stieg der Preis rascher als die Inflationsrate, um anschließend deutlich einzubrechen. Über sehr lange Zeiträume näherte sich die Goldrendite aber immer wieder der Teuerungsrate an und konnte die Inflation ausgleichen.
Auf hohe Goldrenditen folgten geringe Goldrenditen
Campbell und Erb berichten dementsprechend in ihrer Untersuchung, dass die Goldrendite gering ausfällt, wenn der inflationsbereinigte Goldpreis hoch ist - wenn also der Goldpreis zuvor rascher gestiegen ist als die Inflationsrate.
Demnach lag das Verhältnis aus nominalem Goldpreis zum US-Verbraucherpreisindex im Jahr 1970 bei knapp 4. Bis Anfang der Achtziger stieg es auf 9. In den anschließenden 20 Jahren war die Goldrendite negativ und das Verhältnis sank bis zu Beginn der 2000er-Jahre auf 2.
Bis Anfang der 2010er-Jahre stieg es auf 8. Im Anschluss folgten wieder negative Renditen und das Verhältnis sank bis auf 5. Ab dem Jahr 2018 zog der Preis erneut an und das Verhältnis stieg auf 8 bis 9.
Zuletzt lag es im März 2024 bei 7,3. Bei einem so hohen Verhältnis sei die reale Goldrendite historisch in den folgenden zehn Jahren negativ gewesen, erklären Campbell und Erb in der Untersuchung.
Laut den beiden Ökonomen könnte es diesmal aber anders sein. Mit China versuche ein wichtiger Wirtschaftsakteur, seine Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern. „Um seiner Währung Glaubwürdigkeit zu verleihen, könnte das Land seine Goldbestände erheblich erhöhen“, erklärt Campbell gegenüber DWN. „Obwohl der reale Goldpreis hoch ist, könnten zusätzliche Goldkäufe Chinas den Preis noch weiter in die Höhe treiben.“
Campbell und Erb schätzen in der Untersuchung, dass der Goldpreis auf 3000 Dollar steigen könnte, wenn China seine Goldreserven um 50 Prozent erhöht. Bei einer Erhöhung um 25 Prozent würde der Preis auf 2600 US-Dollar steigen. Steigen die Goldbestände der US-Gold-ETFs und die chinesische Goldreserve um jeweils 25 Prozent, läge der Preis bei 2800 US-Dollar.
Andere halten den Goldpreis wiederum für relativ gering. Etwa schreibt der Vermögensverwalter Incrementum im „In Gold We Trust Report 2024“, der Goldpreis sei in den vergangenen 60 Jahren übermäßig nach unten geschossen.
Incrementum bezieht sich dabei auf eine eigene Auswertung der Daten von Roy Jastram und der Entwicklung des jüngeren Dollarpreises. „Ein ähnliches Überschießen nach oben käme folglich nicht überraschend.“
Wie hat sich der Goldpreis langfristig entwickelt?
Incrementum geht dabei ebenfalls davon aus, dass Gold langfristig im Gleichschritt mit der Inflation steigt. Roy Jastram habe das in seinem Buch „The Golden Constant“ statistisch nachgewiesen.
Laut DWN-Berechnung lag die reale Goldrendite zwischen 2 und 4 Prozent auf Eurobasis - abhängig vom Startzeitpunkt der Berechnung. Startet man im Jahr 1968, als der Goldmarkt zweigeteilt wurde und es seit langer Zeit erstmals wieder einen freien Marktpreis für das Edelmetall gab, liegt die Rendite bei 3,3 Prozent pro Jahr.
Seit Ende des Bretton-Woods-Abkommens im August 1971, also der faktischen Entkopplung der Währungen von Gold, beträgt die Goldrendite 3,9 Prozent. Seit Anfang 1972 liegt sie bei 4,0 Prozent, seit 1973 bei 3,5 Prozent und seit 1975 bei 2,2 Prozent (zum 31. Mai 2024, jeweils inflationsbereinigt).
Über die vergangenen rund 50 Jahre konnte Gold also die Inflation mehr als ausgleichen. Allerdings gab es in den Achtzigern und Neunzigern einen Zeitraum von über 20 Jahren, in denen Gold schlechter lief als die Inflation. Laut Hartmut Walz bietet Gold daher bloß einen Inflationsschutz über sehr lange Zeiträume.
Wie sollten Anleger reagieren?
Hartmut Walz rät Goldanlegern daher zu einer langfristigen Strategie und warnt vor dem Spekulieren auf einen steigenden oder sinkenden Goldpreis.
Anleger sollten also eine feste Goldquote beibehalten, etwa von 10 Prozent am Gesamtvermögen, und den Anteil nicht aufgrund von Vermutungen über die künftige Preisentwicklung verändern. Im Ruhestand sollten sie Gold sukzessive verkaufen, sobald sie neue Mittel benötigen.
Denn selbst die meisten professionellen Fondsmanager von Rohstoff- oder Goldfonds schaffen es laut Studien nicht, nach Abzug der Anlagekosten besser abzuschneiden als ein Rohstoff-Vergleichsindex.
Zudem wechseln die Outperformer unter den Rohstofffonds laut den Studien ständig. Selbst Profis können also nicht die zukünftige Entwicklung des Goldpreises vorhersehen und höhere Renditen erzielen, als ein Buy-and-Hold-Anleger, der mit Gold nicht spekuliert.
Ein weiteres Problem: Wer physisches Gold verkauft und anschließend wieder kauft, trägt hohe Handelskosten. Die Unterschiede zwischen den Kauf- und Verkaufspreisen summieren sich in der Regel auf 2 bis 3 Prozent und können je nach Marktlage auch höher ausfallen. Diese Verluste müssen Anleger erstmal wieder durch Kursgewinne wettmachen.
Außerdem können beim Verkauf Steuern anfallen, etwa bei einer Haltedauer unter einem Jahr. Wer sehr häufig Gold handelt, könnte zudem nicht mehr unter die Steuerfreiheit fallen, weil das Finanzamt gewerblichen Handel annehmen könnte.