Panorama

Vor UN-Klimakonferenz: Studie präsentiert alarmierende Daten

Ein Forscherteam hat 35 planetare Lebenszeichen analysiert. Über zwei Drittel dieser Daten zeigen einen besorgniserregenden Trend - es gibt aber auch Lösungsansätze.
08.10.2024 17:00
Lesezeit: 2 min

Etwa einen Monat vor der nächsten UN-Klimakonferenz (COP 29) in Baku (Aserbaidschan) legt ein Forscherteam alarmierende Daten vor. Von den 35 "planetaren Lebenszeichen", die die Gruppe jährlich untersucht, weisen 25 laut ihrem Report Rekordwerte auf. Die meisten dieser Werte sind ungünstig für das Klima. Aktuellen politischen Maßnahmen zufolge steuert die Welt auf eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 2,7 Grad bis 2100 zu.

Der Report des Teams um William Ripple von der Oregon State University (USA) ist im Fachjournal "BioScience" veröffentlicht worden. Zu den Mitautoren gehören auch Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), sowie der dort tätige Forscher Stefan Rahmstorf.

Dramatische Rekordwerte

Bereits seit fünf Jahrzehnten werde die globale Erwärmung präzise prognostiziert, stellt das Team fest. "Trotz dieser Warnungen bewegen wir uns immer noch in die falsche Richtung; die Emissionen fossiler Brennstoffe haben einen Höchststand erreicht", warnen die Autoren, die zahlreiche Studien berücksichtigt haben.

Einige planetare Lebenszeichen mit Rekordwerten sind laut Report:

Treibhausgase

Die jährlichen energiebezogenen Treibhausgasemissionen stiegen 2023 um 2,1 Prozent und erreichten damit einen Rekordwert: Sie entsprechen nun erstmals der Klimawirkung von über 40 Milliarden Tonnen CO2. Die drei größten Emittenten, China, die USA und Indien, sind gemeinsam für mehr als die Hälfte der globalen Emissionen verantwortlich.

Meere

Die Ozeane haben 2023 nie zuvor so viel Wärmeenergie gespeichert und einen Rekordwert beim Säuregehalt erreicht. Die Hitzewellen in den Jahren 2021 und 2023 führten zu massiven Fischsterben.

Wälder

Der weltweite Verlust durch Waldbrände betrug 2023 11,9 Millionen Hektar und war damit ebenfalls rekordhoch. Der gesamte jährliche Waldverlust im Jahr 2023 war der dritthöchste. Der Rückgang der Entwaldungsrate im brasilianischen Amazonasgebiet wurde ebenfalls festgestellt.

Nutztiere

Die Population von Nutztier-Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen), die Methan emittieren, erreichte 2023 einen Höchststand.

Energie

Während die Nutzung von Wind- und Solarkraft 2023 den höchsten jemals verzeichneten Stand erreichte und um 15 Prozent über dem Vorjahr lag, scheinen diese Energien vor allem die gestiegene Nachfrage zu decken. "Der Verbrauch fossiler Brennstoffe bleibt jedoch etwa 14-mal höher als der Verbrauch von Solar- und Windenergie", erläutert die Studie. Die Subventionen für fossile Brennstoffe haben 2022 einen Rekordwert erreicht.

Einer vom Autorenteam zitierten Umfrage zufolge sind Klimaforscher wenig optimistisch: Von 380 Befragten waren 2024 lediglich sechs Prozent optimistisch, dass die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. 18 Prozent erwarten eine Erhöhung auf 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau, 35 Prozent auf 2,5 Grad und 26 Prozent auf 3 Grad. Die restlichen 16 Prozent sind noch pessimistischer. "Wir befinden uns bereits mitten in einem abrupten Klimaumbruch, der das Leben auf der Erde in einem Ausmaß bedroht, wie es die Menschheit noch nie erlebt hat", warnt Ripple laut einer Mitteilung seiner Universität.

Es gibt Handlungsansätze

"In einer Welt mit begrenzten Ressourcen ist unbegrenztes Wachstum eine gefährliche Illusion", schreiben die Forscher und unterbreiten Lösungsvorschläge: Der rasche Ausstieg aus fossilen Brennstoffen könnte teilweise durch einen angemessen hohen globalen Kohlenstoffpreis gefördert werden, "der die Emissionen der Wohlhabenden begrenzen und nötige Mittel für dringend benötigte Klimaschutz- und Anpassungsprogramme bereitstellen könnte." Auch Methanemissionen sollten monetarisiert werden.

"Wir benötigen einen mutigen, transformativen Wandel: eine drastische Reduzierung des übermäßigen Konsums und der Verschwendung, insbesondere bei den Wohlhabenden", betonen die Wissenschaftler. Notwendig sei auch eine Senkung der Geburtenrate durch die Stärkung der Bildung und der Rechte von Mädchen und Frauen. Zudem plädieren sie für eine Förderung pflanzenbasierter Ernährung und eine ökologische, nicht wachstumsorientierte Wirtschaftsweise, die soziale Gerechtigkeit gewährleistet. Ökosysteme müssten revitalisiert werden. "Die Zukunft der Menschheit hängt von unserer Kreativität, Moral und Ausdauer ab", schließt das Team.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rohstoffdeal Ukraine steht kurz bevor: USA sichern sich Zugriff auf ukrainische Ressourcen
30.04.2025

Ein Durchbruch im Schatten des Krieges: Nach zähen Verhandlungen stehen die USA und die Ukraine offenbar kurz davor, ein weitreichendes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Fall Pirelli: Beginn einer europäischen Gegenoffensive gegen Chinas Wirtschaftsmacht?
30.04.2025

Der Entzug chinesischer Kontrolle bei Pirelli markiert einen Wendepunkt: Europa ringt um Souveränität – zwischen amerikanischem Druck...

DWN
Politik
Politik Wie Trump den grünen Wandel ausbremst – Chronik eines klimapolitischen Rückschritts
30.04.2025

Während Europa sich zunehmend in grüne Bürokratie verstrickt und Milliarden für Klima-Versprechen mobilisiert, marschiert der ehemalige...

DWN
Panorama
Panorama Inflationsrate sinkt auf 2,1 Prozent – Lebensmittelpreise steigen aber weiter
30.04.2025

Die Inflation in Deutschland geht leicht zurück – doch die Entlastung kommt nicht überall an. Während Energie günstiger wird, ziehen...

DWN
Technologie
Technologie Im Moment gewinnen wir gegen die künstliche Intelligenz – noch
30.04.2025

Im Wettrennen zwischen Mensch und Maschine scheint die Entscheidung längst gefallen: Algorithmen rechnen schneller, analysieren...

DWN
Politik
Politik 100 Tage Präsident: Trump gibt sich Bestnoten
30.04.2025

Donald Trump hat seine ersten einhundert Tage der neuen Amtszeit zum Triumphzug erklärt – mit scharfen Angriffen auf Joe Biden, Justiz,...

DWN
Immobilien
Immobilien BGH-Urteil zur Nichtabnahmeentschädigung: Rückforderung jetzt möglich!
30.04.2025

Der BGH hat entschieden: Wer nach geplatztem Immobilienkauf eine Nichtabnahmeentschädigung gezahlt hat, kann Geld zurückfordern – oft...

DWN
Politik
Politik Neue Biomüll-Verordnung ab Mai: Bis zu 2.500 Euro Strafe bei falscher Mülltrennung
30.04.2025

Ökologische Pflicht zur Mülltrennung: Ab dem 1. Mai 2025 tritt die neue Bioabfallverordnung (BioAbfV) in Deutschland in Kraft. Dann...