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Satelliten-Netzwerke: Chinas "Tausend Segel" und die Konkurrenz im All

Lesezeit: 4 min
26.10.2024 09:44  Aktualisiert: 26.10.2024 09:54
China will mit dem Projekt "Tausend Segel" Tausende Satelliten ins All schicken, um regionales Internet bereitzustellen. Doch die steigende Anzahl von Satelliten weltweit wirft Fragen zum Platz im erdnahen Orbit auf. Experten warnen vor Kollisionen und fordern strengere globale Weltraumregulierungen.
Satelliten-Netzwerke: Chinas "Tausend Segel" und die Konkurrenz im All
China plant, sein Satellitennetz in Etappen zu erweitern, sodass bis 2030 rund 15.000 Satelliten die Erde umkreisen. (Foto: dpa)
Foto: Wang Jiangbo

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"Tausend Segel" ("Qianfan") lautet der Name eines neuen chinesischen Weltraumprojekts, das in Zukunft aus Tausenden Satelliten bestehen und regional Internetzugänge ermöglichen soll. Im August brachte China die ersten 18 Satelliten in den Orbit, und bis Ende des Jahres sollen weitere 108 folgen. In dieser niedrigen Umlaufbahn befinden sich bereits die 6.000 Starlink-Satelliten, mit denen SpaceX-Chef Elon Musk weltweit Internetzugänge bereitstellen will. Die Gesamtzahl dieser Satelliten soll einmal über 34.000 betragen.

Auch China plant, sein Satellitennetz Schritt für Schritt auszubauen – bis 2030 sollen etwa 15.000 Satelliten die Erde umkreisen. Doch "Qianfan" ist nicht das einzige chinesische Satellitenprojekt. Die Satellitenkonstellation "GW" ist auf rund 13.000 Satelliten ausgelegt, und das Projekt Honghu-3 sieht den Start von etwa 10.000 Satelliten vor. Ähnliche Projekte stehen auch in anderen Ländern vor dem Start, wie zum Beispiel Kuiper von Amazon.

Gibt es genug Platz im Orbit?

Obwohl der Weltraum riesig ist, stellt sich bei den vielen geplanten Satelliten-Netzwerken die Frage, wie viel Platz im erdnahen Orbit – in Höhen zwischen 200 und 2.000 Kilometern – wirklich vorhanden ist und ob es dort nicht zu Kollisionen kommen kann. Musk erklärte 2021 im Interview mit der "Financial Times", dass dort "Milliarden von Satelliten" Platz fänden. Jede Höhe, so sagte er, habe eine größere Fläche als die Erde selbst. "Einige Tausend Satelliten sind nichts", erklärte er.

Die europäische Raumfahrtagentur Esa sieht das jedoch skeptischer. Sie gibt an, dass sich derzeit etwa 13.230 Satelliten in der Umlaufbahn befinden, von denen etwa 10.200 aktiv sind. Mit dem Anstieg der Zahl von Satelliten-Konstellationen im All wachse jedoch auch das Risiko für Zusammenstöße, die durch Kettenreaktionen massive Schäden verursachen könnten, meint Esa-Chef Josef Aschbacher. Er fordert deshalb ein globales Weltraum-Verkehrsgesetz, um festzulegen, wer in kritischen Situationen ausweichen muss.

Europäer wollen Satelliten zurückholen

Angesichts der zunehmenden Satellitenzahlen will die Esa bis 2030 die Entstehung von Weltraummüll drastisch eindämmen. Jeder Satellit, der dann ins All befördert wird, muss am Ende seiner Lebensdauer wieder aus der Umlaufbahn entfernt werden, so Aschbacher. Im September steuerte die Esa einen ihrer Satelliten kontrolliert in die Erdatmosphäre, wo er verglühte.

Wie gefährlich Weltraummüll sein kann, zeigte der Abschuss eines alten chinesischen Wettersatelliten im Jahr 2007. Schätzungen zufolge entstanden dabei mehr als 40.000 Trümmerteile mit einem Durchmesser von über einem Zentimeter – fast die Hälfte aller Ausweichmanöver von Esa-Satelliten ist auf diese Trümmer zurückzuführen.

Auch die US-Raumfahrtbehörde Nasa, die selbst fast 2.000 Satelliten betreibt, zeigt sich besorgt über die steigende Anzahl von Satelliten und Weltraummüll und arbeitet laut eigenen Angaben an "Säuberungsplänen".

UN-Büro für Weltraumfragen

Der chinesische Raumfahrtexperte Lambert Liu schätzt das Risiko für eine Kollision von Satelliten jedoch als gering ein. Er verweist auf das UN-Büro für Weltraumfragen, bei dem jedes Land seine Satellitenstarts melden muss, um Kollisionen zu verhindern.

"Keiner will, dass es zu einem solchen Vorfall kommt, deshalb überprüfen wir im UN-System, welche Satelliten sich im Orbit befinden, bevor ein Start genehmigt wird", so Liu. Außerdem stehen die Satelliten in ständigem Kontakt mit der Bodenstation. Sollte ein Satellit zu hoch oder zu niedrig fliegen, könne eine Kollision durch Kurskorrekturen vermieden werden.

Forderung nach mehr Vorschriften

Einige Experten sehen das Platzproblem kritischer. In der niedrigen Umlaufbahn sei nicht genügend Raum vorhanden, um so viele Satelliten gefahrlos zu stationieren – es sei notwendig, verbindliche Regelungen zu schaffen, argumentierten Miles Lifson und Richard Linares bereits 2022 in einem Beitrag auf dem Onlineportal "Spacenews".

Bislang gibt es keine festgelegten Flugrouten für Satelliten. Für China ist das Rennen um den Weltraum jedoch auch aus anderen Gründen entscheidend. Im aktuellen Fünfjahresplan der Kommunistischen Partei ist die Weiterentwicklung von Satellitenprojekten verankert. Dahinter steckt nach offiziellen Angaben auch "der Mangel an Frequenzen und orbitalen Ressourcen", die nach dem Prinzip "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" vergeben werden.

Warum Satelliten-Internet aufgebaut wird

Warum wird überhaupt so viel Aufwand betrieben, wenn das Internet auch auf der Erde zugänglich ist? Liu nennt Chinas nationale Sicherheit als Grund. Wer ein eigenes Kommunikationsnetz im Weltraum besitzt, könne verhindern, dass der Zugang durch politische Entscheidungen anderer Länder wie etwa den USA beeinträchtigt wird.

Zudem hätten immer noch etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung keinen Internetzugang, sodass jetzt ein guter Zeitpunkt sei, die dafür notwendige Infrastruktur zu errichten, sagt Liu. Kritisch sehen allerdings einige Beobachter, dass China bald in anderen Regionen wie etwa Afrika Internet über Satelliten anbieten könnte, da die Volksrepublik ihren 1,4 Milliarden Einwohnern den Zugang zu ausländischen Webseiten und Medien stark einschränkt.

Auch Astronomen sind besorgt

Auch Astronomen sind angesichts der wachsenden Satellitenanzahl alarmiert. Werden Satelliten von der Sonne angestrahlt, erscheinen sie auf astronomischen Aufnahmen als störende Lichtstreifen. Seit zwei Jahren betreibt die Internationale Astronomische Union (IAU) daher eine Satellitenüberwachung, die es Astronomen ermöglicht, ihre Beobachtungen entsprechend zu planen.

Vor kurzem berechnete die IAU, dass eine neue Starlink-Satellitengeneration bis zu fünfmal heller am Himmel leuchten könnte als die bisherigen Satelliten. Diese Helligkeit könnte allerdings durch spezielle Beschichtungen oder bestimmte Flugmanöver reduziert werden.

Satelliten mit bloßem Auge sichtbar

In der Langen Nacht der Astronomie haben Hobby-Astronomen am Samstag deutschlandweit die Gelegenheit, mehr über den Weltraum zu erfahren und den Nachthimmel zu beobachten – wobei sich sicherlich auch zahlreiche Satelliten verfolgen lassen. Einige davon leuchten so hell wie die strahlendsten Sterne.

Manche Astronomen hoffen auf Unterstützung durch Künstliche Intelligenz. Wie das Magazin "Science" berichtet, ist KI inzwischen in der Lage, die langen Lichtstreifen auf astronomischen Fotos zu erkennen und herauszurechnen. Doch die Satellitenstarts schreiten schnell voran, erklärte der Astrophysiker Siegfried Eggl von der University of Illinois Urbana-Champaign dem Magazin. Die Wissenschaftler täten "ihr Bestes, um Schritt zu halten".



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