Politik

Neuwahlen jetzt? Der Deutsche Mittelstands-Bund im DWN-Interview

Wann kommen die Neuwahlen? Wenn es nach dem Deutschen Mittelstands-Bund (DMB) geht, möglichst bald. Denn laut DMB brauche der Mittelstand jetzt rasche politische Klarheit und Stabilität sowie eine "flexible Auslegung" der Schuldenbremse in Krisenzeiten, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Ein Interview mit Matthias Bianchi, Leiter Public Affairs beim DMB, zur Bedeutung des Ampel-Aus für den deutschen Mittelstand.
11.11.2024 11:00
Aktualisiert: 01.01.2030 11:44
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Neuwahlen jetzt? Der Deutsche Mittelstands-Bund im DWN-Interview
Ampel-Aus - wie geht es jetzt weiter? Matthias Bianchi, Leiter Public Affairs (DMB) im Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) (Foto: dpa).

DWN: Herr Bianchi, wie geht es Ihrer Meinung nach jetzt in der Regierung weiter? Wie beurteilen Sie die Rolle der FDP und ihre Zukunft?

Matthias Bianchi: Wir erleben gerade eine Phase der Unsicherheit, die den gesamten Standort Deutschland belastet. In diesem Sinne wäre es wichtig, dass nicht parteipolitisch taktiert wird, sondern das Wohl und Interesse Deutschlands im Mittelpunkt steht. Auch die verbleibenden Koalitionäre der Ampel wissen, dass eine Minderheitsregierung kein mittelfristig tragfähiges Bündnis ist. Die FDP wird sich in einem anstehenden Wahlkampf klar positionieren müssen, ihre Bündnisoptionen sind durch den Ampelbruch sicherlich nicht größer geworden. Es wäre sowohl wünschenswert wie gleichzeitig unwahrscheinlich, dass es eine pragmatische Zusammenarbeit der Parteien der Mitte in den kommenden Monaten gibt und keinen Dauerwahlkampf.

DWN: Sollten Neuwahlen direkt im Januar stattfinden, ist März zu spät? Inwiefern spielt dabei auch das Wahlergebnis in den USA eine Rolle?

Matthias Bianchi: Der Mittelstand braucht rasche politische Klarheit und Stabilität, daher begrüßen wir jede Möglichkeit, die Neuwahlen möglichst frühzeitig anzusetzen. Die US-Wahl spielt insofern eine Rolle, als die exportorientierte Wirtschaft in Deutschland sich dann möglicherweise mit neuen handelspolitischen Herausforderungen konfrontiert sieht – und dies relativ zügig nach der Inauguration von Präsident Trump Mitte Januar.

DWN: Was erhoffen Sie sich konkret von einer neuen Regierung – vor allem in Bezug auf den deutschen Mittelstand?

Matthias Bianchi: Von einer neuen Regierung erwarten wir eine stabile wirtschaftspolitische Ausrichtung mit klaren Rahmenbedingungen, die Investitionen fördern und Planungssicherheit schaffen. Der Mittelstand braucht entlastende Maßnahmen bei Energie und Bürokratie, Investitionsanreize und eine nachhaltige Infrastrukturpolitik, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärkt. Vor allem erwarten wir auch eine verlässliche Kommunikationspolitik, die den Dialog mit dem Mittelstand intensiviert und die tatsächlichen Bedürfnisse der Unternehmen in die Entscheidungen einbezieht.

DWN: Hohe Energiekosten belasten die deutsche Wirtschaft. Wie lässt sich dieses Problem aus Sicht des DMB lösen?

Matthias Bianchi: Kurzfristig braucht der Mittelstand Entlastungen durch gezielte Maßnahmen, die die Energiekosten dämpfen, wie beispielsweise steuerliche Erleichterungen und Entlastungen beim Netzentgelt. Wichtiger ist allerdings, dass Planungssicherheit für die Unternehmen, für den Mittelstand, hergestellt wird. Mit welchen Energiepreisen können kleine und mittelständische Unternehmen mittel- bis langfristig planen? In dieser Frage darf keine weitere Verunsicherung geschaffen werden, stattdessen muss ein klarer Plan verfolgt werden. Zudem sind Anreize für Unternehmen, die in Energieeffizienz und Eigenversorgung investieren wollen, weiterhin sinnvoll – das stärkt die Versorgungssicherheit und entlastet den Energiemarkt.

DWN: Sie wünschen sich "dringend notwendige wirtschaftspolitische Weichenstellungen". Welche drei Maßnahmen würden Sie nun schnellstmöglich auf den Weg bringen?

Matthias Bianchi: Wir brauchen Entlastung, Vereinfachung und gezielte Förderung. Erstens eine Entlastung beim Thema Steuern und den Energiekosten. Zweitens brauchen wir massive Vereinfachung, sprich Bürokratieabbau und ein sofortiges Belastungsmoratorium. Drittens benötigt der Mittelstand gezielte Förderungen, etwa in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie Digitalisierung.

DWN: Der Mittelstand muss auch in schwierigen Zeiten investieren und planen können, sagt DMB-Vorstand Tenbieg. Wie sollte mit den knappen Finanzen umgegangen werden?

Matthias Bianchi: Der Mittelstand braucht pragmatische Lösungen, die ihn weder überlasten noch abhängig machen. In Krisenzeiten sind Entlastungen und positive Signale wichtig, gezielte Förderungen und Anreize sind sinnvoll, um Investitionen zu fördern, ohne die Grundsätze einer freien Marktwirtschaft aufzugeben. Die Schuldenbremse sollte in Krisenzeiten flexibel ausgelegt werden, um notwendige Investitionen zu ermöglichen, die sich langfristig positiv auszahlen. Eine maßvolle Subventionierung in Schlüsselbereichen für die Transformation wie Energie und Digitalisierung kann helfen, den Wirtschaftsstandort nachhaltig zu stärken, ohne eine Abhängigkeit zu schaffen.

DWN: Herr Bianchi, vielen Dank für das Interview!

Info zur Person: Matthias Bianchi ist Leiter Public Affairs beim Deutschen Mittelstands-Bund (DMB).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektromobilität stärken: Bundesregierung plant Verlängerung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge
08.10.2025

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Anforderungen an Klimaschutz, die Transformation hin zur...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen wirft Russland hybriden Krieg gegen EU vor
08.10.2025

Plant Russland einen Angriff auf die EU? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht schon jetzt Zeichen für einen Krieg – und...

DWN
Politik
Politik Kranken- und Rentenversicherung wird für Gutverdiener teurer
08.10.2025

Erwerbstätige mit höheren Einkommen müssen sich darauf einstellen, im kommenden Jahr mehr für die Renten- und Krankenversicherung zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrieproduktion sinkt erneut deutlich - Einbruch in der Autobranche
08.10.2025

Die deutschen Unternehmen drosseln ihre Produktion stärker als erwartet. Vor allem eine Branche verbucht ein sattes Minus. Hat das...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Boom vorbei - weniger Fahrgäste im Nahverkehr als vor Corona
08.10.2025

Das Deutschlandticket hat viele in Busse und Bahnen gelockt, doch der Boom ist vorbei. Fahrgastverbände und Verbraucherschützer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Pflichttermin zum Strategiewerkzeug: Jahresgespräche im Wandel
08.10.2025

Was lange als lästige Pflicht galt, entwickelt sich zum strategischen Machtfaktor: Jahresgespräche sollen nicht mehr nur Protokoll...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kämpft mit Umweltabgaben und Wettbewerbsdruck in der Düngemittelindustrie
08.10.2025

Die europäische Düngemittelindustrie steht unter erheblichem Druck. Hohe Produktionskosten, steigende Emissionsabgaben und der wachsende...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis klettert über 3.450 Euro: Zahl neuer Goldkäufer in Deutschland vervierfacht sich
08.10.2025

Der Goldpreis erreicht ein Rekordhoch nach dem anderen, auch in Euro, trotz ruhiger Märkte. Auch immer mehr Anleger in Deutschland...