Finanzen

Commerzbank erwartet 2025 in Deutschland nur ein schwaches Wachstum

Die gefühlte Erholung am Wirtschaftsstandort Deutschland sei vor allem den Zinssenkungen der EZB geschuldet. Das sagt Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Commerzbank ist also ebenfalls nur verhalten optimistisch, was das Wachstum in Deutschland betrifft.
17.11.2024 07:58
Lesezeit: 2 min

Commerzbank Chefvolkswirt Jörg Krämer erwartet im kommenden Jahr nur ein sehr schwaches Wirtschaftswachstum in Deutschland. "Die leichte Erholung ist vor allem eine Folge der großen Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB)", sagte Krämer in Frankfurt. Für das Jahr 2025 prognostiziere die Commerzbank ein Wachstum von 0,2 Prozent - nach einer Schrumpfung von 0,2 Prozent in diesem Jahr. Im Jahr 2026 sollte das Bruttoinlandsprodukt dann deutlicher um 1,0 Prozent zulegen.

Die Commerzbank-Ökonomen sind damit noch pessimistischer als andere Institutionen. So hat der Sachverständigenrat (Wirtschaftsweise) zuletzt ein Wachstum von 0,4 Prozent für das kommende Jahr prognostiziert.

Immerhin "Talsohle beim privaten Verbrauch durchschritten"

"Die seit dem Frühjahr 2024 fallenden Frühindikatoren deuten für Deutschland auf ein schwieriges Winterhalbjahr, in dem das deutsche Bruttoinlandsprodukt bestenfalls stagniert", sagte Krämer. "Die lockerere Geldpolitik spricht jedoch für eine gewisse wirtschaftliche Aufwärtsbewegung ab dem Frühjahr." Krämer erwartet, dass die EZB den entscheidenden Einlagensatz von derzeit 3,25 Prozent bis Mitte 2025 wohl auf 2,0 Prozent reduziert. "Zudem ist die Talsohle beim privaten Verbrauch durchschritten."

Eine durchgreifende Erholung sei in Deutschland aber nicht zu erwarten. "Wegen der seit den Merkel-Jahren erodierenden Standortqualität halten sich viele Unternehmen desillusioniert mit Investitionen in Deutschland zurück", sagte Krämer. Die nächste Bundesregierung brauche ein "gemeinsames Grundverständnis von Wirtschaftspolitik", um die nötigen Reformen anzugehen. Belastet werde die Konjunktur auch durch die nachlassende Nachfrage aus China.

Ein Unsicherheitsfaktor ist laut Krämer auch die Zollpolitik des künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Diese könnte die bereits angeschlagene deutsche Automobilindustrie zusätzlich belasten. Am stärksten würden die Zölle sich jedoch auf die USA auswirken. "Die zuletzt gesunkene Inflation dürfte von Mitte 2025 bis Mitte 2026 um rund einen Prozentpunkt zulegen, wenn Trump zumindest die Hälfte seiner Zollpläne in die Realität umsetzen wird", sagte Krämer.

Die US-Notenbank werde die Leitzinsen zwar zunächst weiter senken. Wegen der gestiegenen Inflationsrisiken dürfe sie ihre Zinssenkungen Mitte 2025 aber beenden. Zinserhöhungen seien jedoch nicht zu erwarten. "Schließlich wird Donald Trump die Fed öffentlich unter Druck setzen, seine Politik durch niedrige Zinsen zu unterstützen", sagte Krämer. "Man sollte nicht annehmen, dass das die US-Notenbank davon gänzlich unbeeindruckt lässt." Die Inflation dürfte daher in den USA langfristig nicht zum Zielwer von 2,0 Prozent zurückgehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst: So soll das Modell ab 2026 greifen
05.12.2025

Ab 1. Januar soll der neue Wehrdienst starten: mit Pflicht-Musterung, frischer Wehrerfassung und ehrgeizigen Truppenzielen. Die Regierung...

DWN
Finanzen
Finanzen Tesla-Aktie im Fokus: Teslas Model 3 Standard startet in Deutschland – Experten hinterfragen Musks Einfluss
05.12.2025

Tesla bringt das Model 3 als neue Standard-Version nach Deutschland und senkt den Einstiegspreis deutlich. Weniger Komfort soll mehr...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Wirtschaft in der Währungsunion überrascht mit stärkerem Quartal
05.12.2025

Die Eurozone-Wirtschaft hat im Sommer mehr Dynamik gezeigt als gedacht. Neue Daten von Eurostat korrigieren das Wachstum nach oben, doch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen CSRD-Berichtspflicht: EU bremst, der Druck auf Unternehmen wächst – was nun zu tun ist
05.12.2025

Die EU zieht die Reißleine: Statt 2025 gilt die CSRD-Berichtspflicht nun zwei Jahre später. Doch während Brüssel bremst, wächst in den...

DWN
Politik
Politik Radikaler Bruch in der EU-Energiepolitik: Europa kappt endgültig die russischen Gasadern
05.12.2025

Die EU hat eine historische Entscheidung getroffen. Spätestens 2027 soll russisches Gas vollständig aus Europa verschwinden. Der...

DWN
Politik
Politik NATO-Kommandostruktur wird an Bedrohungslage angepasst
05.12.2025

Die NATO ordnet ihre Führung im Norden neu: Zuständigkeiten wandern über den Atlantik. Hinter der Anpassung der NATO-Kommandostruktur...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare-Störung: Netzwerk für Cyberabwehr verursacht Probleme bei Unternehmen
05.12.2025

Eine weltweite Cloudflare-Störung hat am Freitag zahlreiche Webseiten und Apps aus dem Tritt gebracht. Fehlermeldungen, leere Seiten und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Niedriglohn in Deutschland: 6,3 Millionen Menschen von Niedriglohnarbeit betroffen
05.12.2025

Millionen Menschen arbeiten im Niedriglohnsektor. Neue Zahlen zeigen, wo Niedriglohnarbeit besonders konzentriert ist – und warum der...