Kaum eine Maßnahme ist so eng mit Donald Trump verbunden wie die Zollerhebungen auf chinesische Produkte. Was einst als protektionistisch und chinafeindlich gebrandmarkt wurde, führte die Biden-Administration unbeirrt weiter. Nun, zum zweiten Antritt Donald Trump’s als Präsident der USA, dürften die Zölle auf chinesische Produkte weiter steigen.
Die offenkundige Angst, dass der chinesische Exportdruck heimische Märkte zerstört, führt zu immer drastischeren Überlegungen im Weißen Haus. Auch in Brüssel regt sich Widerstand gegen die Exportflut chinesischer Billigwaren. Diese sind nämlich nicht nur billig, sondern qualitativ mit vielen westlichen Erzeugnissen vergleichbar.
Zwei Beispiele prägen die Debatte um den Handel mit China und die Notwendigkeit des De-Riskings besonders: einerseits der Tesla-Konkurrent BYD und andererseits der Billigwarenanbieter Temu. Beides chinesische Firmen, die Zoll und Steuer der EU umgehen und somit hiesigen Firmen schaden.
BYD: Tesla-Konkurrent mit Spottpreisen und europäischen Niederlassungen
BYD fabriziert ausschließlich Elektroautos zu moderaten bis niedrigen Preisen. Durch die enge Verzahnung mit namhaften Batterieherstellern wie CATL und großzügige Subventionen des chinesischen Staates schaffte es das Unternehmen, ein riesiges Händlernetzwerk zu errichten und verkauft seine Fahrzeuge mittlerweile in die ganze Welt. Zuletzt konnte BYD den Markt als erfolgreichste Automarke Chinas und Australiens aufmischen.
Nicht nur konnte BYD den deutschen Autogiganten VW in China hinter sich lassen, auch bedroht es die krisengeplagten Wolfsburger und andere westliche Hersteller auf heimischem Boden. Wenig überraschend war die Ankündigung Trump´s, 100-prozentige Zölle auf chinesische E-Autos zu erheben. Derweil einigte sich die EU auf Zölle von zwischen neun und knapp 36 Prozent auf importierte Fahrzeuge.
Während auch europäische Hersteller gegen die Zölle Sturm laufen und etwa Tesla einen lukrativen Zoll von nur neun Prozent für sich aushandeln konnte, versucht BYD, seine Autos im Exportmarkt selbst zu produzieren. Die Errichtung chinesischer E-Auto-Fabriken in Ungarn und Mexiko gehören zu dem Unterfangen. Hier zeigt Washington seine Krallen: Obwohl die Importe aus Mexiko zulasten Chinas zunehmen, könnte Trump auch hier horrende Zölle erheben. So drohte er mit einer Belastung von 25-prozentigen Zöllen auf mexikanische Waren und will Zölle von 200 Prozent auf chinesische E-Autos aus mexikanischer Produktion erheben.
Anders in der EU. Bereits jetzt frohlocken ungarische Medien, Ungarn könnte von den Strafzöllen auf China profitieren, wenn hier die chinesischen E-Autos gebaut würden. BYD will seine Zentrale in das mitteleuropäische Land verlegen und dort die großzügigen Standortvorteile durch die chinafreundliche Regierung unter Viktor Orbán auskosten. Nicht nur das, auch ein Werk in Izmir an der türkischen Westküste ist geplant, wo schon Hersteller wie Renault, Ford und Hyundai elegante Zollvermeidung bei niedrigen Produktionskosten betrieben haben. Nur ist der chinesische Exportdruck ungleich größer und BYD-Fahrzeuge deutlich fortschrittlicher als so manche europäische Produktion. Bisher scheint die EU noch keine Antwort auf die chinesische Produktion innerhalb ihrer eigenen Grenzen gefunden zu haben, während sich die Trump'sche Methode noch unter Beweis stellen muss.
Temu: Vorwürfe wegen Irreführungen und illegaler Produkte
Temu ist eine e-Commerce-Plattform für vergleichsweise günstige Elektronikprodukte, Kleidung und Accessoires. Mit einer professionellen Werbekampagne schaffte es der chinesische Marktplatz, die amerikanischen und europäischen Kunden für sich zu gewinnen. Schnell stieg die Plattform in den USA zum beliebtesten Online-Marktplatz nach amazon.com auf. Von Temu und dem ebenfalls chinesischen Modeanbieter Shein kommen täglich schätzungsweise 400.000 Pakete in Europa an.
Dabei steht insbesondere Temu in der Kritik. Das Unternehmen umgeht regelmäßig die Zollgrenze, indem es Bestellungen aufteilt. So kommt etwa eine Bestellung von Waren im Wert von 200 € in zwei kleineren Paketen zu ihrem Kunden. Vonseiten Temus wird dies mit einer Vereinfachung der Lieferkette begründet, demnach könnte Ware unkompliziert direkt vom Produktionsstandort nach Deutschland gelangen und müsste nicht erst in einer eigenen Lagerhalle gesammelt werden. Doch es scheint offensichtlich, dass Temus niedrige Preise auch auf die rigorose Zollvermeidung zurückzuführen sind.
Hinzu kommt die Einfuhr illegaler und gefährlicher Waren in die EU. So sollen etwa 95 Prozent aller Spielzeuge von Temu mit Sicherheitsmängeln behaftet sein, warnt der Bundesverband der Verbraucherzentralen, welcher die Plattform im Frühjahr dieses Jahres abmahnte. Zudem sorgt das videospielartige Design willkürlich vergebener Rabatte für Kritik: Dieses würde vor allem jugendliche Nutzer in ihren Kaufentscheidungen manipulieren.
Die EU beabsichtigt, die Zollgrenze bis 2028 abzuschaffen und ein die Union übergreifenden Daten-Hub zu entwickeln, sodass alle Einfuhrgebühren transparent gemacht werden. Doch Experten zweifeln daran, dass Temu so gestoppt werden könnte. Wahrscheinlicher sei es, dass die Preise zwar leicht anstiegen, der Vormarsch des Unternehmens aber nicht merklich bedroht würde.
Anders hingegen könnte es in den USA ausgehen: Temu Inhaber PDD Holdings verzeichnete zwar einen Umsatz von 13,5 Milliarden Euro im zweiten Quartal 2024. Das bedeute zwar ein Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, liegt aber deutlich unter den Erwartungen. Neben dem hohen Konkurrenzdruck von anderen Anbietern wie Amazon Haul, die das Konzept Temus kopieren wollen, wächst auch die Angst vor den Strafzöllen durch die Trump-Administration. Denn Donald Trump will Zölle von mindestens 60 Prozent auf alle chinesischen Güter erheben.
Gleichwohl erwarten J.P. Morgan Analysten, dass Temu weiter wachsen wird, sowohl in den USA als auch in Europa. Der Preisdruck dürfte sich für heimische und auch deutsche Anbieter wohl weiter verschärfen, durch die konstant niedrigen Preise Temus werden zudem Aktionen wie der Black Friday an Bedeutung verlieren. Somit dürften sich Forderungen nach einem Temu-Verbot wie die von Raoul Roßmann, Geschäftsführer der gleichnamigen Drogerie-Kette, in Zukunft auch in Deutschland häufen.
Experten wie Kai Hudetz, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), vermuten hingegen, dass die Durchsetzung strengerer Regulierungen den Druck auf Temu soweit erhöhen könnten, dass der Marktplatz seine Preise massiv anziehen muss. Ob der langsame EU-Apparat sich aber schnell und konsequent genug gegen den asiatischen durchzusetzen vermag, bleibt abzuwarten.