China bereitet vielen Ländern Sorge. Vor allem im Handelsbereich gibt es immer wieder Diskussionen, wegen Wettbewerbsverzerrung und ungerechtfertigte Vorteile für die chinesische Seite gegenüber europäischen Mitbewerbern.
Die WTO verlangt von ihren Mitgliedsstaaten und -territorien die Einhaltung grundlegender Handelsregeln, zu denen China gehört. Es gelten für jedes Mitglied gleiche Zölle und Handelsbestimmungen für Güter und Dienstleistungen, was als Prinzip der Meistbegünstigung bekannt ist. Mitglieder dürfen keine Regelungen schaffen, die inländische Güter und Dienstleistungen gegenüber importierten bevorzugen. Dieses Prinzip wird als Gleichbehandlungsgrundsatz bezeichnet. Und bereits bei Punkt eins hakt es, seit chinesische Onlineplattformen die deutschen Märkte mit Billigprodukten überschwemmen.
Von der Fabrik der Welt zum Innovationsführer: Chinas Wandel und seine WTO-Strategie
China hat sich von der einstmals 'Fabrik der Welt' zu einem Forschungs- und Innovationsstandort entwickelt. Doch obwohl China seit 2016 in der WTO als Marktwirtschaft behandelt wird, erfüllt es nicht wirklich den Tatbestand einer offenen und marktbasierten Volkswirtschaft, denn dazu übt der Staat einen übermäßigen Einfluss auf die Wirtschaftsaktivitäten der Unternehmen aus. So befinden sich 99 der 100 größten an der Börse notierten Unternehmen mehrheitlich in staatlichen Besitz. China selbst hingegen, nutzt gezielt die Spielräume der WTO-Regeln aus, um seinen Markt vor ausländischem Wettbewerb zu schützen und gleichzeitig von den Vorteilen des globalen Handels zu profitieren. Bis August 2021 wurde China laut dem „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) 47-mal vor der Streitschlichtung der WTO „verklagt“. Doch eigentlich möchte China, das offizielle Entwicklungsland, mit der WTO nicht in Konflikte geraten, weil es von den Ausnahmen der WTO-Regeln weiterhin sehr gut profitiert.
Denn es bleibt trotz seiner Rolle als wirtschaftliche Großmacht bis heute auf der OECD Liste als Empfänger öffentlicher Entwicklungshilfe (ODA). Dort angegeben sind die mittleren Jahreseinkommen der Bevölkerung mit einer Spanne zwischen 3.500 und 14.500 Dollar. Deutschland gehört zu denjenigen Ländern, die noch ODA-Mittel an China gewähren, z. B. durch Entwicklungsdarlehen. Insgesamt flossen 2022 auf diesem Weg 413,8 Millionen Euro an öffentliche Entwicklungshilfe von Deutschland dorthin. Andererseits dürfte es Chinas neu gewonnenem Selbstbewusstsein alles andere als recht sein, in dieser Kategorie, was gleichzeitig ein Zeichen der wirtschaftlichen Unterlegenheit bedeutet, eingestuft zu werden. China selbst veröffentlichte 2021 in offiziellen Statistiken Zahlen, die darlegen, dass es keine absolute Armut mehr im eigenen Land gibt. Auch hat sich China zu einem wichtigen Investitionspartner für Länder in Afrika und Asien entwickelt, was in einem gewissen Widerspruch steht. Das ist nicht selten der Fall, auch die Türkei und Thailand und andere Länder sind Geber und Empfänger von Entwicklungshilfe (ODA) zugleich.
Europäische Unternehmen kämpfen mit Marktzugangshürden in China
Bisher scheinen die wirtschaftlichen Privilegien zu überwiegen, denn Peking weist die Forderung den Entwicklungsstatus aufzugeben weiterhin zurück. Neben China bezeichnen sich zwei Drittel der Mitglieder selbst als Entwicklungsland und erhalten dadurch besondere und differenzierte Behandlung, auch wenn es zwischen den Ländern wie China und beispielsweise Argentinien, die im gleichen Zuge berechtigt sind, große Unterschiede gibt. Auch Indien, welches sich wie China durch eine große und schnell wachsende Wirtschaft auszeichnet, gehört noch zu den Empfängerländern. Stimmig ist es bei China bereits seit einiger Zeit nicht mehr, in einem Land, welches mit Staatsgeldern in dreistelligen Milliardenbeträgen die Schlüsselindustrien subventioniert und zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt gehört. Die Stimmen der EU-Mitgliedsstaaten werden stärker und wünschen sich eine Reform der WTO. Die Ungerechtigkeiten haben in gleicher Maßen, wie das Land sich zu einer Weltmacht entwickelt hat, zugenommen. Denn während chinesische Unternehmen ungehinderten Zugang zum EU-Binnenmarkt haben, stehen europäische Unternehmen in China weiterhin vor erheblichen Marktzugangshindernissen.
Doch wie nutzt China die WTO-Privilegien für sich aus? Ganz einfach, indem die EU im Rahmen der Entwicklungspolitik einigen Waren dieser als bedürftig eingestuften Länder einen bevorzugten Zugang zum EU-Markt gewährt. Es gewährt Entwicklungsländern (EL) Zollermäßigungen, sogenannte "Zollpräferenzen", bis hin zu vollständiger Zollfreiheit. Diese gelten bei der Einfuhr zahlreicher industrieller Fertig- und Halbfertigprodukte sowie landwirtschaftlicher Verarbeitungsprodukte mit Ursprung im jeweiligen Entwicklungsland. Beispielsweise führte in einem aktuellen Verfahren der Europäischen Union (2024/357) der Rat einen Antidumpingzoll gegen chinesische Anbieter von sogenannten offenmaschigen Geweben aus Glasfasern (OMF) ein. Die Unternehmen, für die ein Antidumpingzoll gilt, müssen den Zollbehörden der Mitgliedstaaten eine gültige Handelsrechnung vorlegen. Wird keine solche Handelsrechnung vorgelegt, findet der für „alle übrigen Einfuhren mit Ursprung in der Volksrepublik China“ geltende Zollsatz Anwendung.
Reform der Zölle und neue Regelungen sollen den chinesischen Handel bremsen
Aktuell beschäftigt aber noch ein ganz anderes Vorgehen die deutschen Behörden so sehr, dass sie nun auch bei Waren mit geringem Wert aus Drittstaaten Zölle planen. Nur eine Zollreform könnte den allzu ambitionierten Geschäftstreiben chinesischer Onlinehändler wie Shein und Temu Einhalt gebieten. Schätzungen der EU zufolge werden derzeit 65 Prozent der Waren für Zollzwecke absichtlich unterbewertet, was zu erheblichen Steuerausfällen führt. Darüber hinaus können chinesische Internetversandanbieter ihre Produkte bisher portofrei nach Europa versenden. Grund dafür ist der 'Weltpostvertrag'. Dieser stellt sicher, dass Länder, die einen niedrigeren wirtschaftlichen Entwicklungsstand aufweisen, Briefe und Päckchen zu Inlandstarife verschicken können.
Dazu kommt Ware ins Land, die nicht den derzeitigen EU-Sicherheitsstandards entsprechen. Probleme, die rasch angegangen werden müssen. Daher möchte der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) künftig große E-Commerce Plattformen stärker in die Verantwortung nehmen. Geplant sind Informationen über Waren, die aus einem Drittland in die EU versendet werden, zukünftig bereits innerhalb eines Tages nach Abschluss des Kaufs an die Zollbehörden zu übermitteln. Um bestehende Kontrollverfahren effizienter zu machen, ist außerdem geplant ein mehrstufiges System von vertrauenswürdigen sogenannten „Trust-and-Check“ Händlern aufzubauen. Diese besonders geprüften und für vertrauenswürdig befundenen Unternehmen, werden bei der Einfuhr nicht mehr vollumfänglich kontrolliert. Wer diesen Status erhalten will muss transparent sein und künftig den Zollbehörden Zugang zu ihren elektronischen Systemen gewähren.
Die neu geplanten Regeln sehen auch eine neue Hauptplattform, ein EU-DataHub, für die Übermittlung von Informationen an die Zollbehörden vor. Diese Plattform würde die mehr als 111 separaten zollbezogenen bisherigen Systeme ersetzen, die derzeit in Europa zum Einsatz kommen. Geplant ist die Reformierung von der Kommission für 2028, doch es wird gefordert den EU-DataHub bereits vorher als freiwilliges Pilotprojekt in Betrieb zu nehmen. Auch eine Plattform für Hinweisgeber soll eingerichtet werden, damit Verbraucher und Unternehmen Waren, die nicht den EU-Normen entsprechen, melden können.