Unternehmensporträt

E-Scooter: „Die letzte Meile der Mobilität braucht Liebe“ – Egret-Gründer über urbane Elektromobilität und Innovation

Von der Boygroup auf die Bühne der Elektromobilität: Florian Walberg kämpfte in Brüssel für die Legalisierung von E-Scootern, baute in China Produktionsstandards auf und entwickelt in der Hamburger Speicherstadt die besten Elektororoller Deutschlands. Im DWN-Interview spricht er über chinesische Wettbewerber, seine Vision für urbane Mobilität und warum er noch lange nicht fertig ist.
24.01.2025 16:30
Lesezeit: 12 min
E-Scooter: „Die letzte Meile der Mobilität braucht Liebe“ – Egret-Gründer über urbane Elektromobilität und Innovation
Egret-Gründer Florian Walberg im Interview: Über die Entwicklung von Premium-Elektrorollern aus Hamburg (Foto: my-egret.com/ Gründerbilder).

DWN: Herr Walberg, vor wenigen Minuten saßen Sie noch im Flieger zurück aus China, um dort einen Lieferanten zu besuchen. Wie wichtig sind solche Reisen für Sie?

Florian Walberg: Sehr wichtig. Das gehört einfach zum guten Ton und ist Teil des Alltags. Ich mache das regelmäßig, weil es wichtig ist, die Qualität vor Ort zu prüfen und den persönlichen Kontakt zu halten. Gerade in China ist dieser Austausch entscheidend. Die Arbeitsweise dort ist beeindruckend – sechs Tage die Woche bis spät in die Nacht, und trotzdem gibt es diese unglaubliche technische Präzision. Aber leben könnte ich dort nicht. Für mich fehlt die Lebensqualität, die ich hier in Europa habe.

Wenn man langfristig erfolgreich arbeiten will, reicht es nicht, alles aus der Ferne zu managen. Vor Ort merkt man Dinge, die man sonst nicht sieht, und kann Prozesse direkt anpassen. Diese Besuche sind immer auch ein Feintuning unserer Produkte, und das macht am Ende den Unterschied. Es geht nicht nur um Technik, sondern auch um Vertrauen und Partnerschaft – ohne das funktioniert das nicht.

DWN: Sie hatten eine spannende Karriere, bevor Sie Egret gegründet haben: Sie waren Mitglied einer Boygroup, arbeiteten anschließend als Tourmanager. Hatten Sie je den Lebensplan, Unternehmer zu werden?

Walberg: Nee, überhaupt gar nicht. Ich bin kein Mensch, der mit einem Lebensplan arbeitet. Für mich fühlt sich das wie ein Albtraum an – alles wäre schon festgelegt, man müsste nur noch eine Liste abhaken. Das Leben nach Plan? Nee, das ist nicht mein Ding. Ich habe mir angewöhnt, jeden Schritt, den ich gehe, mit voller Energie zu machen, so ernsthaft wie möglich, aber nicht im Sinne von: Das ist jetzt für immer.

Nach meiner Musikzeit bin ich ins Tourmanagement gegangen. Ich habe die Begleitband auf der Europa-Tournee von Britney Spears betreut. Wir waren in riesigen Hallen, 40.000, 50.000 Leute – gigantisch groß. Und ich war verantwortlich für alles, was die Begleitband betraf: Technik, Wehwehchen, einfach alles. Es war ein ständiges Rennen – hier hin, da hin. Damals hat mir meine Freundin einen kleinen Elektroroller geschenkt, 2002 war das. Ich hatte ihn im Tourbus dabei und bin damit durch die Hallen geballert. Das war sauber, leise und hat keinen Krach gemacht. Ich war in Sekunden von vorne nach hinten und wieder zurück. Es war genial. Die Leute waren begeistert, jeder wollte den ausprobieren. Ich war der Rockstar unter dem Technikteam.

DWN: Und wie sind Sie von einem geschenkten Roller zu Ihrer eigenen Firma gekommen?

Walberg: Irgendwann ging der Roller kaputt. Und ich dachte: Okay, das Teil repariere ich jetzt. Die Technik war simpel, und ich habe mich einfach daran versucht. Ich habe dann die Importeure des Rollers kontaktiert, die damals gerade mal 30 Roller aus China nach Deutschland importiert hatten. Sie hatten keine Service-Struktur und sagten: Komm doch in unsere Werkstatt nach Hamburg und reparier das selbst, die Ersatzteile bekommst du umsonst. Ich fand das spannend, habe den Roller repariert und gleich alles andere, was da so rumstand. Irgendwann fragten sie: ‘Willst du nicht nach China fliegen und bei der Produktion helfen? Du machst doch Tourmanagement, organisierst komplizierte Abläufe, du kannst das doch sicher.’

Ich bin also nach China geflogen und stand eine Woche später in der Assembly Line, habe den Leuten erklärt, was an den Rollern nicht funktioniert und wie sie es besser machen können. Ich dachte: Krass, vor zwei Jahren habe ich noch auf der Bühne gestanden und Bierdosen abbekommen, wenn die Choreo nicht stimmte. Und jetzt bin ich in einer Fabrik in China und erkläre, wie Elektroroller gebaut werden. Das war der Anfang. Bis 2010 habe ich als Selbstständiger alles gemacht – von Produktentwicklung über Zertifizierung bis hin zu Vertriebsschulungen. Aber irgendwann wollte ich meine eigenen Fahrzeuge bauen. Ich wollte es auf meine Art machen. So habe ich 2011 Egret gegründet.

DWN: 2020 haben Sie in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt gesagt, dass die Corona-Krise hart für Sie war, da Ihre Lieferketten in China zusammengebrochen waren und Sie sich ‘Gesundschrumpfen’ mussten.

Florian Walberg: Diese Zeit von Covid steckt noch tief in unseren Knochen und wird uns auch noch lange begleiten. Das war eine harte Kerbe in der gesamten Branche, und ehrlich gesagt, ist sie noch lange nicht ausgestanden. Angefangen bei den staatlichen Corona-Mitteln, die immer noch nicht komplett ausgezahlt wurden – wir warten immer noch auf siebenstellige Beträge. Die Behörden sind komplett überlastet, und das ist frustrierend, wenn man bedenkt, wie lange das her ist.

Das „Gesundschrumpfen“ war für uns ein laufendes strategisches Nachbessern, aber keine komplette Neuausrichtung, die man klar planen kann. Es war ein ständiger iterativer Prozess, in dem wir der rasanten Veränderung im Markt hinterherkommen mussten. Der E-Scooter-Markt hat sich während Covid so stark verändert, dass viele Ansätze – von Entwicklung bis Vertrieb – komplett neu gedacht werden mussten. Wir haben im Laufe dieser Zeit gemerkt, dass sich die Anforderungen des Markts schneller verändern als die Strategien der meisten Hersteller. Das war wahnsinnig anstrengend. Rückwirkend betrachtet wäre es vielleicht besser gewesen, die Firma für zwei Jahre dicht zu machen und dann neu anzufangen. Aber wir sind weitergelaufen. Wir haben unsere Strukturen anpasst, neue Prozesse entwickelt und uns gleichzeitig mit Lieferantenausfällen, Fachhändlern, die pleite gingen, und Spätfolgen wie fehlenden Chips herumschlagen.

Rückblickend haben wir sehr viel gelernt. Unsere Wachsamkeit für Veränderungen im Markt ist deutlich gestiegen. Dennoch bleibt eine Demut gegenüber dem, was wir erreicht haben – und eine Dankbarkeit, dass es uns überhaupt noch gibt. Denn ich habe viele Firmen gesehen, die klüger waren als wir und es trotzdem nicht geschafft haben. Das zeigt, wie fragil das alles ist.

DWN: Mittlerweile sind Sie mit Egret Marktführer im Premiumsegment. Wie gelingt es Ihnen, sich gegen die großen asiatischen Hersteller zu behaupten?

Walberg: Das ist ein täglicher Kampf, ehrlich gesagt. Wir sind in einem Markt, der von Giganten dominiert wird, die politisch und finanziell extrem gut ausgestattet sind. Unternehmen wie Xiaomi oder Ninebot haben Budgets und Ressourcen, von denen wir nur träumen können. Aber das ist genau die Herausforderung, die mich antreibt. Ich sehe uns als David in einer Welt voller Goliaths. Unsere Stärke liegt darin, dass wir schneller und innovativer sind. Wir haben nicht die Größe, aber wir sind schnell und flexibel. Das ist unser Vorteil.

Was uns unterscheidet, ist die Nähe zu unseren Kunden. Wir entwickeln unsere Produkte immer mit dem Nutzer im Kopf. Ich bin selbst jeden Tag auf dem Roller unterwegs. Dabei kommen die Fragen automatisch: Warum haben Roller kein Schloss? Warum gibt es keine ordentlichen Schnellwechselsysteme für Akkus? Solche Dinge treiben uns an, daraus entstehen unsere Innovationen. Während die Großen ihre Entscheidungen aus Tabellen ziehen, stecken wir in den echten Alltagssituationen ganz nah am Markt. Das macht am Ende den Unterschied.

DWN: Wann kam der Fokus auf Premium-Roller, war das eine strategische Entscheidung?

Walberg: Absolut. Der Fokus auf Premium war eine ganz bewusste Entscheidung. Der Markt war damals – und ist es immer noch – voll mit günstigen, teilweise qualitativ minderwertigen Produkten. Ich habe aber gemerkt, dass es eine Zielgruppe gibt, die bereit ist, mehr Geld für ein durchdachtes, langlebiges Produkt auszugeben. Für uns war klar: Wenn wir in diesem Markt bestehen wollen, müssen wir uns differenzieren. Und das geht nur über Qualität.

Wir haben uns gefragt: Was wollen die Kunden wirklich? Nicht nur einen Roller, sondern etwas, das ihren Alltag verbessert, das sie stolz macht und das sie gerne nutzen. Der Premium-Ansatz erlaubt uns, genau diese Details umzusetzen, die andere oft weglassen. Natürlich ist das Risiko höher, weil du mehr investieren musst. Aber am Ende zahlt sich Qualität aus – sowohl für uns als auch für unsere Kunden.

DWN: Dennoch sind Sie Mai 2024 mit der „Egret powered by Yadea“-Reihe ins Mittelpreissegment eingestiegen.

Walberg. Ja, weil sich der Markt massiv verändert hat. Vor Corona war das wie eine Pyramide: Oben das spitze Premiumsegment, unten die günstigen Produkte in der Breite. Während der Pandemie hat sich das aber verschoben, jetzt formt sich der Markt eher wie eine Raute. Das Mittelpreissegment ist explodiert. Die Leute wollen Qualität, aber sie haben nicht mehr so viel Geld, haben aber das Verständnis, dass für 249 Euro nichts Anständiges zu erwarten ist. Gleichzeitig hat sich die Technologie verbessert – du kannst heute viel leichter gute Produkte herstellen, die nicht Premiumpreise kosten. Früher war das unmöglich. Da hast du für wenig Geld nur Schrott bekommen.

Für uns war deshalb klar: Wir brauchen eine Produktreihe, die sich in diesem Segment bewegt, ohne unsere Qualität zu gefährden. Einfach nur fertige Roller aus China einkaufen und unser Logo draufkleben? Das kam nicht in Frage. Die Zeit, eine komplett neue Produktserie zu entwickeln, hatten wir aber auch nicht. Deshalb war es entscheidend, einen starken Partner zu finden, der bereit ist, sich auf unsere Anforderungen einzulassen. Wir haben mit Yadea jemanden gefunden, der uns nicht nur erlaubt hat, Produkte zuzukaufen, sondern uns aktiv in die Entwicklung einbezogen hat. Vom Design über die Spezifikationen bis zum Feintuning konnten wir alles mitgestalten. Es war uns extrem wichtig, dass diese Linie zu unserer DNA passt. Die Herausforderung war riesig, aber auch die Chance. Und am Ende hat es sich gelohnt: Wir konnten unsere Produktpalette um die „Ey! Familie“ erweitern, ohne Kompromisse bei der Qualität einzugehen, und parallel unser sogenanntes „Original“-Lineup mit Zeit in Hamburg weiterentwickeln. Und das ist für uns der entscheidende Punkt, denn die letzte Meile der Mobilität braucht Liebe.

DWN: Wie hat sich die strategische Ausrichtung von Egret über die Jahre verändert?

Walberg: Rückblickend würde ich sagen, dass unsere ursprüngliche Idee eine ganz andere war. Anfangs ging es einfach darum, eine coole Lösung für ein Problem zu finden, das ich selbst hatte. Mit der Zeit wurde mir klar, dass wir eine größere Mission verfolgen können – nämlich hochwertige Mobilitätslösungen zu schaffen, die den Alltag von Menschen wirklich verbessern. Unsere strategische Ausrichtung hat sich vor allem in der Art verändert, wie wir Innovationen denken. Früher war es oft ein „Trial-and-Error“-Ansatz, heute ist es ein durchdachter Prozess, der stark auf Kundenfeedback basiert. Aber es bleibt ein ständiges Feintuning.

Was sich nicht geändert hat: Wir sind der einzige europäische Hersteller in einem Markt, der sonst komplett von asiatischen Playern dominiert wird. Und das macht uns stolz. Aber es ist auch eine ständige Herausforderung, diese Position zu halten, weil wir mit viel größeren, besser ausgestatteten Konkurrenten konkurrieren​.

DWN: Was ist momentan Ihre größte Herausforderung und wie gehen Sie damit um?

Walberg: Ein Unternehmen im Hardwarebereich zu führen, ist, ehrlich gesagt, wie ein ständiger Albtraum – besonders wenn es ums Liquiditätsmanagement geht. Wir operieren in einer Wachstumsbranche, wo wir ständig gegen asiatische Giganten wie Xiaomi oder Ninebot antreten, die finanziell bis an die Zähne bewaffnet sind. Das ist eine andere Welt. Diese Unternehmen agieren in einem System, das komplett auf wirtschaftlichen Sieg ausgerichtet ist. Und hier stehen wir mit unseren demokratischen Strukturen, die zwar schön und richtig sind, aber unternehmerisch oft alles andere als optimal.

Das Liquiditätsmanagement ist dabei eine der größten Herausforderungen. Im Hardwarebereich muss man immer in Vorleistung gehen: Wir produzieren die Roller, lange bevor wir sie verkaufen können. Das bedeutet, dass wir ständig große Summen Kapital binden, während die Einnahmen oft erst Monate später kommen. Genau hier brauchen wir Disziplin und kreative Lösungen, um flexibel zu bleiben. Eine weitere Herausforderung ist, dass wir in einem Markt operieren, den viele nur aus der Distanz sehen. Wir hingegen leben und arbeiten direkt mit unseren Produkten, wir kennen den Endkunden. Das ist unsere Stärke, aber auch ein riesiger Aufwand. Doch genau das macht uns aus und hält uns im Spiel.

DWN: Sie haben maßgeblich die Entwicklung der gesetzlichen Grundlage für E-Scooter vorangetrieben. Wie hat es sich angefühlt, nach drei Jahren in Brüssel die Straßenzulassung für E-Roller durchzuboxen?

Walberg: Die Arbeit in Brüssel war ein entscheidender Schritt für uns und die gesamte Branche. 2015 hatte ich die Arbeitsgruppe TC354 WG4 ins Leben gerufen, weil es damals keine einheitlichen Standards für Elektroleichtfahrzeuge gab. Wir haben über drei Jahre hinweg eng mit Experten aus verschiedenen europäischen Ländern zusammengearbeitet, um technische Spezifikationen für diese neue Fahrzeugklasse zu entwickeln. Unser Ziel war, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die E-Scootern die Zulassung im Straßenverkehr ermöglicht. Diese intensive Zusammenarbeit hat schließlich dazu geführt, dass E-Scooter europaweit legal auf die Straßen gebracht werden konnten. Es war ein langer, aber unglaublich wichtiger Prozess für uns.

DWN: Seit über 20 Jahren prägen Sie nun die E-Scooter-Branche – von Brüssel bis China. Keine Spur von Müdigkeit?

Walberg: Ach, zum einen macht es mir wahnsinnig Spaß. Ich bin niemand, der sich festbeißt. Es sind jetzt die E-Scooter, aber ich interessiere mich für tausend andere Sachen. Ich könnte morgen auch Fahrräder oder Motorräder machen, ich könnte Klamotten machen. Ich habe so viele andere Wünsche und Ideen. Aber momentan sind es die Scooter, weil da noch so wahnsinnig viel zu tun ist, bis es wirklich „geil“ ist. Es gibt einfach so viele Baustellen, so viele Ideen, die ich noch umsetzen möchte.

Gleichzeitig ist es auch diese Herausforderung, sich in einem Markt zu behaupten, der von riesigen Playern dominiert wird. Das fordert mich total heraus. Wir sind eine kleine Firma mit begrenzten Mitteln, da muss ich mich auf eine Sache konzentrieren. Aber genau das macht es spannend – mit begrenzten Ressourcen kreativ zu sein und trotzdem die Standards zu setzen. Das ist meine Motivation, und ich bin noch lange nicht müde.

DWN: Waren Sie als Kind schon so positiv und wachsam?

Walberg: Ich glaube, ich bin in vielen Dingen durch meinen Vater geprägt worden – allerdings eher durch die Umstände, unter denen ich aufgewachsen bin. Mein Vater war ein extrem cholerischer Mensch, und das hat meine Kindheit in vielerlei Hinsicht bestimmt. Ich musste ständig auf der Hut sein, jederzeit darauf gefasst, dass er mich anschreit, bis ich in Tränen ausbreche. Das hat mich mental stark gefordert, aber gleichzeitig extrem aufmerksam und empathisch gemacht. Ich habe gelernt, meine Umgebung sehr genau wahrzunehmen, Stimmungen zu spüren und potenzielle Konflikte zu erkennen, bevor sie eskalieren. Das war für mich Überlebensstrategie. Aber ich habe auch das Positive daraus gezogen: Ich habe mir bewusst eine optimistische Haltung angeeignet und versuche, in allem das Gute zu sehen. Das ist heute eine meiner größten Stärken, die mich auch in schwierigen Zeiten weitermachen lässt​.

DWN: Gibt es einen Fehler, aus dem Sie extrem viel gelernt haben? Wir reden ja immer über eine Fehlerkultur.

Walberg: Also, mein Tag ist voller Fehler. Von morgens bis abends. Aber ich habe keine DNA dafür, meine Fehler mitzuschreiben oder sie als „Fehler“ zu speichern. Für mich sind das Momente der Erkenntnis. Es hört sich vielleicht super schlau an, aber ich kann nicht einmal genau sagen: Das war ein schlimmer Fehler, und das war ein harmloser. Mein Alltag besteht daraus, Sachen auszuprobieren, die nicht klappen, und dann weiterzumachen. Und ich bin unglaublich dankbar für jedes Mal, wo ich merke: Okay, das kann ich besser machen.

Natürlich gibt es Bereiche, in denen ich mehr Lernfelder habe als in anderen. Aber ich halte mich nicht mit dem Grübeln über Fehler auf. Das ist nicht meine Stärke, ich speichere das nicht als „Fehler“ ab. Ich gehe weiter und drehe es um in etwas Positives. Punkt​.

DWN: Gibt es etwas, wofür Sie dankbar sind, auch in schwierigen Zeiten?

Walberg: Zum einen muss ich sagen, dass meine Familie mich nicht verlassen hat. Ehrlich gesagt – danke dafür. Ich gebe mir viel Mühe, bin jeden Abend da, koche, bringe die Kinder morgens in die Schule. Aber ich bin schon ein unruhiger Genosse, wache alle drei, vier Stunden auf, checke Mails, und das ist nicht einfach zu managen, wenn du ein geregeltes Familienleben hast. Dafür bin ich demütigst dankbar.

Beruflich ziehe ich extrem viel Energie aus meinem Team. Ich weiß, dass ich sie jederzeit rufen kann, auch wenn ich mal komplett durch bin. Wir können miteinander reden, ehrlich sein, und ich kann auch mal sagen: ‚Leute, ich brauche gerade euren Input oder einfach ein offenes Ohr.‘ Das gibt mir die Kraft, weiterzumachen. Diese kleinen Momente – ein guter Austausch mit meinem Team, die Unterstützung meiner Frau und Kinder – die laden meine Akkus wieder auf und helfen mir, auch in stressigen Zeiten durchzuhalten.

DWN: Letzte Frage: Ihre drei Tipps für Gründende, die in einem Premium-Segment erfolgreich sein wollen!

Walberg: Erstens: Erwarte nicht, dass dir irgendjemand sagt, wie es geht. Niemand versteht dein Produkt so gut wie du. Das war eine Lektion, die ich erst lernen musste. Zweitens: Definiere deine eigene Art von „Premium“. Meistens findet sich hier ein Zusammenspiel aus Hardware, Software, Service und Kommunikation wieder. Jeder Bereich braucht ernsthafte Aufmerksamkeit. Kunden in diesem Bereich verzeihen dir keine Fehler. Daher: Qualität über alles und in allem. Wenn du im Premium-Segment bist, darfst du keine Kompromisse machen, weder bei den Materialien noch bei der Entwicklung. Drittens: Sei ehrlich und authentisch. Premiumkunden spüren sofort, wenn etwas nicht stimmt. Deine Marke und dein Produkt müssen echt sein – von Anfang bis Ende.

DWN: Herr Walberg, vielen Dank für das Gespräch.

Info zur Person: Florian Walberg, Jahrgang 1974, ist Gründer und Geschäftsführer der Walberg Urban Electrics GmbH, dem Unternehmen hinter der Marke Egret. Bereits Anfang der 2000er Jahre erkannte der gebürtige Hamburger das Potenzial von Elektrorollern und setzte sich maßgeblich für deren Legalisierung im europäischen Straßenverkehr ein. 2015 initiierte er in Brüssel die Arbeitsgruppe TC354 WG4, die drei Jahre lang an der Standardisierung und Typisierung von Elektroleichtfahrzeugen arbeitete. Diese Bemühungen führten schließlich zur europaweiten Zulassung von Elektrorollern. Die Walberg Urban Electrics GmbH beschäftigt in der Hamburger Speicherstadt rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Entwicklung, Produktion, Qualitätsmanagement, Vertrieb, Marketing, Service und Logistik und ist bislang der einzige deutsche Hersteller von Elektrorollern.

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