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Notsituation: Abschöpfung der Strom-Übergewinne war rechtens

In der Energiekrise, die durch den Ukrainekrieg ausgelöst wurde, waren Stromkosten für Verbraucher sehr hoch, während einige Erzeuger von Strom-Übergewinnen profitierten. Diese durften in der außergewöhnlichen Lage abgeschöpft werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
29.11.2024 11:55
Aktualisiert: 29.11.2024 11:55
Lesezeit: 2 min

Hohe Stromkosten für Verbraucher und erhebliche Gewinne für manche Erzeuger – in der durch den Ukrainekrieg verursachten Energiekrise entschied der Bund, Überschusserlöse von Ökostromerzeugern abzuschöpfen. Das war laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dieser besonderen Ausnahmesituation zulässig. Das höchste deutsche Gericht wies die Verfassungsbeschwerden von 22 Betreibern von Windkraft-, Photovoltaik- und Biomassenanlagen gegen die Regelung im Rahmen der Strompreisbremse zurück.

Strom als unverzichtbares Gut

Die mittlerweile ausgelaufene Strompreisbremse hatte zum Ziel, die Verbraucher inmitten der Energiekrise mit hohen Stromkosten zu entlasten. Überschüsse der Betreiber von Ökostromanlagen wurden von Dezember 2022 bis Juni 2023 teilweise abgeschöpft. Diese Maßnahme war im Hinblick auf die außergewöhnliche Krisensituation rechtens, entschieden die Richter des Bundesverfassungsgerichts. Strom sei ein unverzichtbares Produkt. Durch die Umverteilung der erzielten Strom-Übergewinne wurde ein fairer Ausgleich zwischen den begünstigten Stromerzeugern und den übermäßig belasteten Stromverbrauchern geschaffen.

Verbraucher erlebten angesichts einer Verzehnfachung des Strompreises im August 2022 im Vergleich zum Jahr 2021 einen massiven "Kostenschock". Die Lage wurde als außergewöhnliche Notsituation eingestuft, da es Ungewissheit darüber gab, ob eine bezahlbare Energieversorgung für Unternehmen und private Haushalte überhaupt aufrechterhalten werden könne, so das Gericht.

Ökostromerzeuger profitierten von den hohen Gaspreisen

Einige Ökostromanbieter erzielten Erlöse, die weit über den üblichen Gewinnen lagen. Dies ist als Überschusserlöse im Gesetz festgelegt. Hintergrund waren die extrem hohen Gaspreise, die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöst wurden. Da Gaskraftwerke aufgrund ihrer hohen Kosten oft die Strompreise bestimmen, profitierten auch andere Erzeugerarten von den hohen Preisen, während ihre eigenen Kosten weitgehend gleich blieben.

Die betroffenen Ökostromerzeuger lehnten die Abschöpfung ab. Sie betrachteten sie als verfassungswidrig. Die Bewältigung der Energiekrise sei Aufgabe des Staates, und müsse daher durch Steuermittel finanziert werden. Wären die Verfassungsrichter dieser Ansicht gefolgt und hätte das Gesetz rückgängig gemacht werden müssen, wären die abgeschöpften Strom-Übergewinne von insgesamt rund 750 Millionen Euro an die Betreiber zurückgezahlt worden. Aus Sicht der Verfassungsrichter griff die Maßnahme zwar erheblich in die Berufsfreiheit der betroffenen Stromerzeuger ein. Dieser Eingriff wurde jedoch durch die kurze Dauer der Maßnahme und die Tatsache, dass auf einen Großteil der außergewöhnlichen Gewinne nach dem Ukrainekrieg nicht zugegriffen wurde, abgemildert. Der Eingriff war somit gerechtfertigt und verfassungskonform.

Die Abschöpfung sei keine Steuer oder Abgabe gewesen, erklärte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts. Die abgeschöpften Beträge flossen nicht in die Staatskasse, sondern wurden über Netzbetreiber an die Verbraucher weitergegeben. Es handelte sich vielmehr um eine "Umverteilung unter Privaten".

Strom-Übergewinne: Enttäuschte Kläger, zufriedener Minister

Das Bundeswirtschaftsministerium begrüßte das Urteil. Es schaffe Klarheit für alle Beteiligten und verdeutliche, dass Unternehmen in einer außergewöhnlichen Situation verfassungsgemäß zu Entlastungsmaßnahmen herangezogen werden können. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnete die Entscheidung als gute Nachricht für alle Haushalte in Deutschland, die von der Strompreisbremse profitierten. Insgesamt seien rund 12 Milliarden Euro ausgezahlt worden. Die Kläger zeigten sich nach dem Urteil enttäuscht. "Wir hätten uns ein anderes Urteil gewünscht", sagte Marc Wallraff von der Lichtblick Solarpark Calbe GmbH & Co.KG. Es sei den Klägern nicht ums Geld gegangen, sondern um klare Regelungen.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer forderte nach dem Urteil, Eingriffe in den Strompreis künftig zu vermeiden. "Ein Preissignal ohne politische Eingriffe ist entscheidend, damit der Strommarkt stabil funktioniert", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. "Betreiber von Kraftwerken und erneuerbaren Energien brauchen zudem die Sicherheit, dass ihre Investitionen nicht durch nachträgliche politische Eingriffe entwertet werden."

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