Zwar sind es noch einige Wochen, bis Joe Biden den Staffelstab im Weißen Haus übergeben wird, doch bereits jetzt sorgen gewohnt wuchtige Posts seines Amtsnachfolgers in den sozialen Medien für Bewegung an den Märkten. So versprach Donald Trump unlängst, zusätzliche Zölle in Höhe von 10 Prozent auf Waren aus China und 25 Prozent auf alle Produkte aus Mexiko und Kanada zu erheben.
Anders als zu Trumps erster Amtszeit, in der die eskalierenden Zollrunden gegen China in einem Handelsabkommen mündete, haben die jetzigen nichts mit Wirtschaft zu tun, vielmehr werden die Maßnahmen, die am Tage des Amtsantritts am 20. Januar in einer Durchführungsverordnung festgelegt werden sollen, als notwendig dargestellt, um gegen Migranten und über die Grenzen fließende illegale Drogen vorzugehen. Damit sind Zölle nun nicht mehr nur ein Handelsthema, sondern betreffen auch die Bereiche Sicherheit und Gesundheit, was darauf hindeutet, dass die Handelspartner der USA weit über den einfachen Kauf amerikanischer Ressourcen oder die Beschränkung chinesischer Unternehmen in internationalen Lieferketten hinausschauen müssen.
Die Märkte reagierten schnell auf die Ankündigung dieser Pläne. Der Dollar erholte sich, während der mexikanische Peso sowie der chinesische Offshore-Yuan nachgaben und die kanadische Währung auf ein Vierjahrestief fiel. Auch europäische und asiatische Aktien fielen aufgrund der Befürchtung, dass Trumps Politik den US-Exporteuren schaden wird. Grundsätzlich stellen sich die Händler auf der ganzen Welt nun auf noch mehr Volatilität ein.
US-Aktien mit gutem Jahr – Warren Buffett sendet Warnsignal
Laut Goldman Sachs drohen den US-Verbrauchern "erhebliche Konsequenzen" aus den von Donald Trump vorgeschlagenen Zöllen, vor allem auf Grund voraussichtlich stark steigender Treibstoffkosten für Verbraucher und Unternehmen. An den Aktienmärkten ist diese Sorge bislang jedoch noch nicht angekommen, hier setzt sich die gute Stimmung der vorangegangenen Monate fort. Überwogen zum Jahresbeginn noch die Befürchtungen eines turbulenten Börsenjahres, angesichts einer US-Wirtschaft, die auf eine harte Landung zuzusteuern drohte, wurde der Markt tatsächlich durch eine widerstandsfähige Wirtschaft, steigende Unternehmensgewinne und eine Handvoll Tech-Titanen beflügelt. Sowohl der S&P 500 als auch der Nasdaq 100 sind um mehr als 20 Prozent gestiegen, der Jahresgewinn des S&P 500 dürfte einer der besten in der Geschichte werden. Mit diesen Zuwächsen lassen US-Aktien laut MSCI-Indizes den Rest der Welt so weit hinter sich, wie seit 1997 nicht mehr. Für 2025 zeigen sich die ersten Prognosen der großen Wallstreet-Häuser nach wie vor positiv und sehen im Schnitt weitere 11 Prozent Kursgewinn sowie eine Fortsetzung der laufenden Outperformance voraus.
Investorenlegende Warren Buffet, Chairman und CEO von Berkshire Hathaway, scheint die Lage jedoch anders zu bewerten, was sich daraus schließen lässt, dass sich dessen Bestände an liquiden Mitteln und bargeldnahen Instrumenten im September fast verdoppelt und nun einen Rekordwert von 325 Mrd. Dollar erreicht haben. Zum Vergleich: am Ende des letzten Jahres lag Berkshires Cash-Bestand noch bei 167 Mrd. Dollar. Vermutlich geht diese Positionierung auf eine Marktsituation zurück, vor der Buffett schon vor mehr als zwei Jahrzehnten gewarnt hat: "Wenn das prozentuale Verhältnis (zwischen Marktkapitalisierung und BIP) in den Bereich von 70 Prozent oder 80 Prozent fällt, wird der Kauf von Aktien wahrscheinlich sehr gut für Sie funktionieren", so der Investor im Jahr 2001. Und weiter: "Wenn sich das Verhältnis 200 Prozent nähert - wie es 1999 und teilweise 2000 der Fall war -, spielen Sie mit dem Feuer." Demnach brennt es bereits, denn aktuell nähert sich die Marktkapitalisierung 63 Billionen Dollar, was mehr als doppelt so viel ist, wie die Größe der US-Wirtschaft (und viermal so viel, wie alle europäischen Börsen zusammen).
Zinsschere wird sich ausweiten
Eine Reihe von Beobachtern der Federal Reserve haben ihre Zinsprognosen aufgrund des Wahlsiegs von Donald Trump und der Tatsache, dass seine republikanische Partei die volle Kontrolle über den Kongress gewonnen hat, geändert. Die Ökonomen der Bank of America beispielsweise äußerten sich bereits eindeutig und prognostizierten, dass das politische Ergebnis "vermutlich weitreichende Veränderungen mit sich bringen" und dass "die Inflation wahrscheinlich über 2,5 Prozent verharren wird." Die Fed werde die Zinssenkungen stoppen, wenn die Obergrenze des Zielbereichs bei 4 Prozent liege, im Moment liegt sie bei 4,75 Prozent, hieß es. "Die politischen Entscheidungsträger werden zu diesem Zeitpunkt auf Zollerhöhungen reagieren, indem sie das Zinsniveau beibehalten". Fed-Chef Jerome Powell selbst betonte, dass er und seine Kollegen ihre eigenen Ansichten nicht ändern würden. "Wir raten nicht, wir spekulieren nicht und wir nehmen nicht an", damit unterstrich der Notenbankchef seinen datenbasierten Zinspolitikstil. Für die letzte US-Notenbanksitzung in diesem Jahr am 18.12. wird ein 25-Basispunkteschritt erwartet, für das kommende Jahr haben bereits mehrere Beamte signalisiert, dass sie bereit sind, die Zinssätze in einem "bewussteren", sprich langsameren, Tempo senken zu wollen.
Anders stellt sich die Lage in Europa dar. Vor dem Hintergrund einer sich abschwächenden Wirtschaft, die durch mögliche Handelsbeschränkungen zusätzlich bedroht ist, und Unternehmensumfragen, die auf einen Rückgang der Wirtschaftstätigkeit im privaten Sektor im November hindeuten, fragen sich die Anleger sogar, ob die EZB die Zinssenkungen auf ihrer Sitzung am 12. Dezember nicht sogar beschleunigen könnte und ziehen einen 50-Basispunkteschritt in Betracht. Zwar stieg die Inflation in der Eurozone im November auf 2,3 Prozent, dies ging jedoch hauptsächlich auf den Dienstleistungssektor zurück und war zudem auch so erwartet worden. Im Großen und Ganzen bleibt das Bild einer allgemeinen Disinflation und eines schwachen Wachstums bestehen, was es dem EZB-Rat ermöglichen sollte, das Zinsniveau im kommenden Jahr weiter zu reduzieren. Derzeit liegt der maßgebende Leitzins bei 3,25 Prozent, Ziel sind 2 Prozent.
Gold stiehlt Aktien die Show
In diesem Jahr ist Gold einer der Rohstoffe mit der stärksten Performance, was auf die regen Käufe der Zentralbanken, die steigende Nachfrage nach sicheren Häfen und den begonnenen Zinssenkungszyklus der Fed zurückzuführen ist. Der Aufwärtstrend wird durch die weit verbreitete Erwartung weiterer Rekorde im Jahr 2025 noch verstärkt. Aktuell liegt der Zuwachs bei knapp 28 Prozent, nachdem Gold in Folge des klaren Ergebnisses der US-Präsidentschaftswahl von seinem wenige Tage zuvor markierten Allzeithoch bei 2.790 US-Dollar zunächst kräftig korrigierte.
Für Aufsehen sorgt nun eine Studie der Deutschen Bank. Diese brachte für viele Erstaunliches zu Tage, nämlich die Erkenntnis, dass Gold die Performance der Aktienmärkte seit nunmehr einem Vierteljahrhundert übertrifft. Seit der Jahrtausendwende warf das unverzinste Edelmetall im Schnitt 8,5 Prozent pro Jahr ab, zum Vergleich: die reale Rendite von US-Aktien lag im gleichen Zeitraum bei 4,9 Prozent. Investmentbanken und ETF-Anbieter sehen den Trend auch 2025 weiterlaufen und prognostizieren Kurse bis zu 3.360 Dollar (Wisdom Tree), auch angesichts "trumploser" Faktoren, wie geopolitischer Dramen und sich fortsetzender Zentralbankkäufe.
Osteuropa kauft massiv zu
Angesichts des mit zunehmender Härte geführten Krieges in der Ukraine und des sich beschleunigend westwärst verschiebenden Frontverlaufs sind es insbesondere die osteuropäischen Staaten, die ihre Goldbestände auf der Suche nach Stabilität aufstocken. So hat die Tschechische Nationalbank ihren Goldschatz seit 2022 bereits verfünffacht, für die kommenden drei Jahre strebt Tschechien eine weitere Verdoppelung auf dann 100 Tonnen an. Damit verfügt die Zentralbank in Prag über Währungsreserven in Höhe von 150 Milliarden Dollar - fast die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts - und ist damit eine der größten der Welt. Die ungarische Zentralbank hat ihre Goldvorräte in diesem Jahr um mehr als ein Zehntel auf 110 Tonnen vergrößert. Im zweiten Quartal dieses Jahres war Polen der weltweit größte Goldkäufer, im September erhöhte das Land seine Edelmetallbestände auf rund 420 Tonnen, was etwa der Hälfte der Bestände Indiens oder Japans entspricht.
Ziel der polnischen Zentralbank ist nach eigenem Bekunden, den Anteil des Goldes an den gesamten Reserven auf 20 Prozent zu erhöhen. Serbien ließ seine Bestände bereits 2021 aus London zurückführen und verfügt mittlerweile über 48 Tonnen des Edelmetalls. Präsident Aleksandar Vucic gab kürzlich zu Protokoll mit "jedem Geldüberschuss, der in den Staatskassen verbleibt, Goldbarren zu kaufen, um in harten Zeiten sicher zu sein". Gold gewinnt in Zeiten globaler Turbulenzen an Wert und Bedeutung. Allein dadurch, dass die osteuropäischen Staaten einen bedeutenden geopolitischen Konflikt unmittelbar buchstäblich vor den Haustüren haben ist Osteuropa in diesem Jahr zu einem der größten Käufer des Metalls geworden und dürfte auch weiterhin maßgeblich zur laufenden Goldrally beitragen.