"Aktuell ist dort ein Krisenmanagement erforderlich", erklärte Putin bei der im Fernsehen übertragenen Ernennung. Hintergrund der Personalentscheidung ist die ukrainische Gegenoffensive, die im Sommer Teile des russischen Grenzgebiets zeitweise unter Kontrolle brachte. Chinstein übernimmt das Amt von Alexej Smirnow, der erst im Mai von Putin zum Gouverneur ernannt worden war. Chinstein, der in den 1990er Jahren journalistisch tätig war, sitzt seit 2003 für die Kremlpartei Geeintes Russland im Parlament. Dort fiel er durch die Denunziation von Homosexuellen und Regierungskritikern auf, was mehrfach zu Ermittlungen führte.
Wahlergebnisse ohne Bedeutung für den Kreml
Die Absetzung Smirnows kam unerwartet, da er erst vor zwei Monaten bei den Regionalwahlen mit Unterstützung des Kremls eine deutliche Mehrheit erzielt hatte. Laut dem Politologen Abbas Galljamow, einem Kritiker des Kremls, verdeutlicht dies, dass die Wahlergebnisse manipuliert und daher wertlos seien. Die Entlassung sei ein Beleg für diese Praxis, kommentierte er.
Chinstein gilt als eng vernetzt mit den russischen Sicherheitsorganen. Putin hob bei der Ernennung hervor, dass der 50-Jährige zwei Jahre lang Berater des Chefs der Nationalgarde war. Russische Truppen versuchen seit Monaten, ukrainische Streitkräfte aus der Region Kursk zurückzudrängen. Berichten zufolge sind dort auch Soldaten aus Nordkorea im Einsatz, die von Kim Jong Un, einem Verbündeten Putins, entsandt wurden.
Lawrow: Alle Mittel sind auf dem Tisch
Außenminister Sergej Lawrow machte erneut Schlagzeilen mit markanten Drohungen gegen den Westen. In einem Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson, das auf der Plattform X veröffentlicht wurde, erklärte er auf Englisch: "Die USA und ihre Verbündeten müssen begreifen, dass wir bereit sind, jedes Mittel einzusetzen, um ihre Pläne für eine strategische Niederlage Russlands zu verhindern." Der Ukraine-Krieg sei für Russland ein Kampf um legitime Sicherheitsinteressen, während der Westen seine globale Hegemonie bewahren wolle.
Die militärischen Auseinandersetzungen entlang der Frontlinie dauern mit unveränderter Härte an. Der Generalstab in Kiew meldete in seinem Abendbericht 170 Gefechte. Russische Truppen setzten dabei 599 Drohnen ein. Unabhängige Bestätigungen der Angaben sind jedoch schwierig. Die Kämpfe konzentrieren sich weiterhin auf den Süden der Ukraine, insbesondere rund um Kurachowe und Pokrowsk. Auch die Region zwischen Donezk und Saporischschja um Welyka Nowosilka bleibt stark umkämpft. In der Region Kursk hingegen hat sich die Lage nach intensiven Angriffen der vergangenen Wochen etwas beruhigt. Der ukrainische Generalstab meldete dort deutlich weniger Gefechte.
Kreml sucht Alternativen für Gasexporte
Putin versucht, die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs abzumildern. Ein neues Dekret erlaubt ausländischen Käufern von russischem Gas, Zahlungen an eine beliebige "bevollmächtigte Bank" zu leisten. Dies könnte helfen, Sanktionen der USA gegen die Gazprombank zu umgehen, die zuletzt Gaslieferungen in EU-Länder erschwerten.
Im April 2022 hatte Putin festgelegt, dass westliche Kunden russisches Gas nur gegen Zahlung auf ein Rubelkonto bei der Gazprombank erhalten. Dies sollte die russische Währung stärken. Dennoch ist der Anteil russischen Gases in der EU seitdem stark gesunken. Länder wie Ungarn und die Slowakei importieren es jedoch weiterhin.
Ukraine-Krieg: Selenskyj fordert wirksame Sicherheitsgarantien
Während die Ukraine-Kämpfe andauern, blickt das Land mit Sorge auf mögliche politische Veränderungen in den USA. Ein Wahlsieg von Donald Trump könnte zu einem Waffenstillstand führen, der Russland begünstigt und der Ukraine entscheidende Sicherheitsgarantien verweigert.
Zum 30. Jahrestag des Budapester Memorandums erinnerte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an das Scheitern des Abkommens von 1994. Die Ukraine hatte damals auf Atomwaffen verzichtet und dafür Sicherheitsgarantien erhalten, die jedoch angesichts des russischen Angriffs nutzlos seien. "Nur echte Allianzen und ein realistisches Sicherheitsfundament können Frieden gewährleisten", so Selenskyj. Ein Nato-Beitritt sei entscheidend, um künftige russische Aggressionen zu verhindern.
Russland fordert als Bedingung für Friedensgespräche sowohl Gebietsabtretungen als auch den Verzicht der Ukraine auf eine eigene Armee und einen Nato-Beitritt. Dies würde das Land langfristig wehrlos gegenüber weiteren russischen Angriffen machen.