Politik

Ukraine-Krieg: Russischer Außenminister Lawrow eskaliert Rhetorik

Russland werde mit allen Mitteln eine Niederlage im Ukraine-Krieg verhindern, betonte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Passend dazu hat Russlands Präsident Wladimir Putin überraschend Alexander Chinstein, einen Abgeordneten der Staatsduma, zum neuen Gouverneur der an die Ukraine grenzenden Region Kursk ernannt. Droht eine Eskalation?
06.12.2024 09:18
Lesezeit: 2 min
Ukraine-Krieg: Russischer Außenminister Lawrow eskaliert Rhetorik
Der russische Außenminister Sergej Lawrow betont, Russland werde alles tun, um eine Niederlage im Ukraine-Krieg zu verhindern (Foto: dpa). Foto: Uncredited

"Aktuell ist dort ein Krisenmanagement erforderlich", erklärte Putin bei der im Fernsehen übertragenen Ernennung. Hintergrund der Personalentscheidung ist die ukrainische Gegenoffensive, die im Sommer Teile des russischen Grenzgebiets zeitweise unter Kontrolle brachte. Chinstein übernimmt das Amt von Alexej Smirnow, der erst im Mai von Putin zum Gouverneur ernannt worden war. Chinstein, der in den 1990er Jahren journalistisch tätig war, sitzt seit 2003 für die Kremlpartei Geeintes Russland im Parlament. Dort fiel er durch die Denunziation von Homosexuellen und Regierungskritikern auf, was mehrfach zu Ermittlungen führte.

Wahlergebnisse ohne Bedeutung für den Kreml

Die Absetzung Smirnows kam unerwartet, da er erst vor zwei Monaten bei den Regionalwahlen mit Unterstützung des Kremls eine deutliche Mehrheit erzielt hatte. Laut dem Politologen Abbas Galljamow, einem Kritiker des Kremls, verdeutlicht dies, dass die Wahlergebnisse manipuliert und daher wertlos seien. Die Entlassung sei ein Beleg für diese Praxis, kommentierte er.

Chinstein gilt als eng vernetzt mit den russischen Sicherheitsorganen. Putin hob bei der Ernennung hervor, dass der 50-Jährige zwei Jahre lang Berater des Chefs der Nationalgarde war. Russische Truppen versuchen seit Monaten, ukrainische Streitkräfte aus der Region Kursk zurückzudrängen. Berichten zufolge sind dort auch Soldaten aus Nordkorea im Einsatz, die von Kim Jong Un, einem Verbündeten Putins, entsandt wurden.

Lawrow: Alle Mittel sind auf dem Tisch

Außenminister Sergej Lawrow machte erneut Schlagzeilen mit markanten Drohungen gegen den Westen. In einem Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson, das auf der Plattform X veröffentlicht wurde, erklärte er auf Englisch: "Die USA und ihre Verbündeten müssen begreifen, dass wir bereit sind, jedes Mittel einzusetzen, um ihre Pläne für eine strategische Niederlage Russlands zu verhindern." Der Ukraine-Krieg sei für Russland ein Kampf um legitime Sicherheitsinteressen, während der Westen seine globale Hegemonie bewahren wolle.

Die militärischen Auseinandersetzungen entlang der Frontlinie dauern mit unveränderter Härte an. Der Generalstab in Kiew meldete in seinem Abendbericht 170 Gefechte. Russische Truppen setzten dabei 599 Drohnen ein. Unabhängige Bestätigungen der Angaben sind jedoch schwierig. Die Kämpfe konzentrieren sich weiterhin auf den Süden der Ukraine, insbesondere rund um Kurachowe und Pokrowsk. Auch die Region zwischen Donezk und Saporischschja um Welyka Nowosilka bleibt stark umkämpft. In der Region Kursk hingegen hat sich die Lage nach intensiven Angriffen der vergangenen Wochen etwas beruhigt. Der ukrainische Generalstab meldete dort deutlich weniger Gefechte.

Kreml sucht Alternativen für Gasexporte

Putin versucht, die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs abzumildern. Ein neues Dekret erlaubt ausländischen Käufern von russischem Gas, Zahlungen an eine beliebige "bevollmächtigte Bank" zu leisten. Dies könnte helfen, Sanktionen der USA gegen die Gazprombank zu umgehen, die zuletzt Gaslieferungen in EU-Länder erschwerten.

Im April 2022 hatte Putin festgelegt, dass westliche Kunden russisches Gas nur gegen Zahlung auf ein Rubelkonto bei der Gazprombank erhalten. Dies sollte die russische Währung stärken. Dennoch ist der Anteil russischen Gases in der EU seitdem stark gesunken. Länder wie Ungarn und die Slowakei importieren es jedoch weiterhin.

Ukraine-Krieg: Selenskyj fordert wirksame Sicherheitsgarantien

Während die Ukraine-Kämpfe andauern, blickt das Land mit Sorge auf mögliche politische Veränderungen in den USA. Ein Wahlsieg von Donald Trump könnte zu einem Waffenstillstand führen, der Russland begünstigt und der Ukraine entscheidende Sicherheitsgarantien verweigert.

Zum 30. Jahrestag des Budapester Memorandums erinnerte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an das Scheitern des Abkommens von 1994. Die Ukraine hatte damals auf Atomwaffen verzichtet und dafür Sicherheitsgarantien erhalten, die jedoch angesichts des russischen Angriffs nutzlos seien. "Nur echte Allianzen und ein realistisches Sicherheitsfundament können Frieden gewährleisten", so Selenskyj. Ein Nato-Beitritt sei entscheidend, um künftige russische Aggressionen zu verhindern.

Russland fordert als Bedingung für Friedensgespräche sowohl Gebietsabtretungen als auch den Verzicht der Ukraine auf eine eigene Armee und einen Nato-Beitritt. Dies würde das Land langfristig wehrlos gegenüber weiteren russischen Angriffen machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien Ukraine-Wiederaufbau: Diese Unternehmen warten auf ein Ende des Krieges
28.12.2025

Die Märkte reagieren überraschend empfindlich auf jede Erwartung eines Waffenstillstands und verschieben Kapital von Rüstungswerten hin...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wie die wirtschaftliche Neuordnung gelingt
28.12.2025

Deutschland steht vor einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Neuordnung, in der Investitionen und geopolitische Risiken zugleich bewältigt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teamführung 2026: Was Führungskräfte jetzt wirklich brauchen
28.12.2025

Viele Führungskräfte starten 2026 mit neuen Vorsätzen – doch der Alltag frisst schnell jede Veränderung. Welche Self- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Über den Wolken: Sky City 1000 – eine Zukunftsvision gegen Wohnraummangel
28.12.2025

Die japanische Hauptstadt Tokio wächst – schneller als die Stadt es verkraftet. Allein 2024 kamen zehntausende Menschen hinzu, im...

DWN
Technologie
Technologie Batteriespeicher: Warum RWE den Takt für Europas Netze vorgibt
28.12.2025

Ein deutscher Energiekonzern baut in Wales den größten Batteriespeicher Großbritanniens und verschiebt damit die Kräfteverhältnisse in...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...