Politik

„Atomkraft? Nein Danke“: Habeck-Ministerium manipulierte wohl AKW-Studie für Atomausstieg

Manipulation im Wirtschaftsministerium? Wie interne Unterlagen jetzt aufdecken, soll das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck gezielt Einfluss auf Analysen zur Versorgungssicherheit genommen haben, um den schnellen Atomausstieg durchzusetzen – trotz möglicher Stromengpässe. „Habeck? Nein Danke!“ – wo bleiben die Konsequenzen?
26.12.2024 15:43
Lesezeit: 2 min

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag beschäftigt sich mit den Umständen des deutschen Atomausstiegs und will klären, ob der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke 2022 ergebnisoffen geprüft wurde. Haben Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke Einwände ihre Ministerien ignoriert und eine ideologische Entscheidung getroffen? Jetzt kommen immer mehr Details ans Licht und der Verdacht, der politischen Einflussnahme durch die Bundesnetzagentur.

Bundesnetzagentur: Politische Manipulation statt neutraler Analyse?

Der Vorwurf: Hat sich die zur Neutralität verpflichtete Bundesnetzagentur instrumentalisierten lassen, um politisch gewünschte Ergebnisse zu erzielen? Der Cicero berichtet über interne E-Mails der Behörde, die bei einer öffentlichen Zeugenanhörung ausführlich zitiert wurden:

Im Sommer 2022 versicherten die Politiker den Bürgern, dass es „kein Stromproblem“ gäbe und geben würde. Hinter den Kulissen sah die Einschätzung anders aus, Habecks Ministerium bereitete sich auf diverse Szenarien vor. Die vier Übertragungsnetzbetreiber, die für den Betrieb des deutschen Stromnetzes unter Aufsicht der Bundesnetzagentur verantwortlich sind, berechneten im Sommer 2022 in ihrer „zweiten Sonderanalyse“, ob Stromerzeugung und Netzkapazitäten im Winter ausreichen würden. Und die erste Analyse war weitgehend positiv – zu positiv. Weil sich die Lage verschärfte, war klar, dass es eine zweite Berechnung mit pessimistischeren Maßstäben brauchte. Mitte Juli beauftragte Habecks Ministerium die Netzbetreiber offiziell damit.

Graichen und Habeck persönlich involviert

Habecks damaliger Energie-Staatssekretär Patrick Graichen lud die Chefs der Netzbetreiber mehrmals zu vertraulichen Video- oder Telefonkonferenzen ein, in denen er mit ihnen über die Details diskutierte. Vertreter der Bundesnetzagentur berichteten in internen E-Mails darüber. Sie beschreiben klare, politische Einflussnahme. So schrieb ein Mitarbeiter der Behörde am 21. Juli 2022 über eine Telefonkonferenz mit den Übertragungsnetzbetreibern und Habecks Staatssekretär Patrick Graichen: „Herr Graichen eröffnete den Termin mit der Aussage, dass die Diskussion politisch aufgeladen sei, die anstehenden Analysen nicht unschuldig seien und es insbesondere um die Frage gehen solle, ob die KKW [Kernkraftwerke] Streckbetrieb machen sollten oder nicht.“ Das berichtet der Cicero.

„Die Studie dient politischen Zwecken“

Politisch aufgeladen war die Diskussion aber nicht automatisch – das grüne Wirtschaftsministerium trug seinen entscheidenden Teil dazu bei. Nicht nur Graichen, auch Bundeswirtschaftsminister Habeck persönlich mischte sich in den Prozess ein. So schrieb ein Abteilungsleiter im Sommer 2022 laut Cicero an eine Kollegin:

„Was die Prämissen anbelangt: Bitte nicht an den Vorgaben von Habeck versuchen, etwas zu ändern. Die Studie dient politischen Zwecken, die Vorgaben spiegeln das wider. Bitte darauf konzentrieren, dass die Vorgaben fachgerecht in nutzbare Eingangsparameter übersetzt werden. Bitte BMWK in der Diskussion darüber unterstützen, falls die ÜNB (Übertragungsnetzbetreiber) meckern sollten.“

Ideologie vor Versorgungssicherheit

Völlig offen macht die Behörde klar, dass das Ergebnis schon vorab feststeht – und aus der Energiesicherheit macht man einen politischen Kuhhandel: „Als Ergebnis wäre allenfalls ein Streckbetrieb für Isar akzeptabel. Und auch das nur, wenn Bayern und andere politisch dafür etwas bezahlen“, schreibt ein Abteilungsleiter in den vorliegenden Mails.

Die Übertragungsnetzbetreiber ließen sich auf diese „Anweisungen“ nicht ein: Sie warnten schon früh vor möglichen Stromausfällen und empfahlen den Weiterbetrieb der verbliebenen Kernkraftwerke. Am Ende sprachen sie sich für einen Streckbetrieb der drei damals noch aktiven Kernkraftwerke aus, um die Gefahr von Stromausfällen zu mindern. Diese Entscheidung musste Olaf Scholz am Ende gegen den Widerstand der Grünen durchsetzen.

Während man der Öffentlichkeit versicherte, es gäbe „kein Stromproblem“, zeichneten interne Bewertungen ein völlig anderes Bild.

Der AKW-Ausstieg hat zu einer massiven Schwächung des Wirtschaftsstandortes geführt. Die überteuerten Energiepreise und die unsichere Versorgungslage führen langfristig zur Abwanderung und Abbau der deutschen Wirtschaft.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...